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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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II. Die Schriftlehre vom Urstande.
nicht aufs Genießen, sondern aufs Opfern, nicht aufs Herrschen,
sondern aufs Dienen. Ebendarum hat Gott, der allwaltende und
allliebende Lebensspender, "gemacht, daß von Einem Blute aller
Menschen Geschlechter auf dem ganzen Erdboden wohnen sollen"
(Apg. 17, 26). Der hehre "Liebhaber des Lebens, der da Aller
schonet, und deß unvergänglicher Geist in Allen ist" (Weish. 11,
27; 12, 1), hat die auserwählten Lieblinge unter seinen zahllosen
Lebewesen als ein einheitliches, Einer Wurzel entsproßtes und bluts-
verwandtschaftlich verbundenes Geschlecht in's Dasein treten lassen,
auf daß sie nach Seinem ewigen Vorbilde heilige Liebe und herz-
liches Erbarmen zu üben lerneten und aus einer heiligen Familie
heranwüchsen zu einem heiligen Reiche in der Liebe und Wahrheit.

IV. Weder in der freien geistigen Persönlichkeit
allein, noch in der Naturbeherrschung allein, sondern
in Beidem zumal liegt das Wesen der Gottbildlichkeit
und die Erfüllung ihrer Aufgabe.
-- Die Bestimmung zur
Herrschaft über die niederen Naturgenossen verflechten beide schöpfungs-
geschichtliche Urkunden aufs Engste mit ihren Aussagen über die
gottbildliche Erschaffung des Menschen. Beim Elohisten bildet das
"Herrschen über die Fische im Meere und über die Vögel unter dem
Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über
alles Gewürm, das auf der Erde kriechet" geradezu die Zweckangabe
zur Aeußerung des göttlichen Entschlusses, Menschen nach Gottes
Bilde zu schaffen. Und beim Jehovisten folgt sofort auf die Er-
schaffung des gottbegeisteten Menschen dessen Versetzung ins Paradies
zum Zweck der "Bauung und Bewahrung" dieses Gottesgartens,
verbunden mit einer Anleitung zu gottgemäßem Schalten und Walten
mit beiden, den Gewächsen und den thierischen Bewohnern dieses
Gartens. Ja diese Einführung in seine naturbeherrschende Stellung
erscheint hier mitten hinein genommen in die Geschichte von seiner
Erschaffung; Gebote, die sich auf das Verhältniß zu den niederen
Naturgenossen beziehen, empfängt Adam schon bevor ihm das Weib
als Gehilfin und Theilhaberin an seiner Herrscherstellung gegeben

II. Die Schriftlehre vom Urſtande.
nicht aufs Genießen, ſondern aufs Opfern, nicht aufs Herrſchen,
ſondern aufs Dienen. Ebendarum hat Gott, der allwaltende und
allliebende Lebensſpender, „gemacht, daß von Einem Blute aller
Menſchen Geſchlechter auf dem ganzen Erdboden wohnen ſollen‟
(Apg. 17, 26). Der hehre „Liebhaber des Lebens, der da Aller
ſchonet, und deß unvergänglicher Geiſt in Allen iſt‟ (Weish. 11,
27; 12, 1), hat die auserwählten Lieblinge unter ſeinen zahlloſen
Lebeweſen als ein einheitliches, Einer Wurzel entſproßtes und bluts-
verwandtſchaftlich verbundenes Geſchlecht in’s Daſein treten laſſen,
auf daß ſie nach Seinem ewigen Vorbilde heilige Liebe und herz-
liches Erbarmen zu üben lerneten und aus einer heiligen Familie
heranwüchſen zu einem heiligen Reiche in der Liebe und Wahrheit.

IV. Weder in der freien geiſtigen Perſönlichkeit
allein, noch in der Naturbeherrſchung allein, ſondern
in Beidem zumal liegt das Weſen der Gottbildlichkeit
und die Erfüllung ihrer Aufgabe.
— Die Beſtimmung zur
Herrſchaft über die niederen Naturgenoſſen verflechten beide ſchöpfungs-
geſchichtliche Urkunden aufs Engſte mit ihren Ausſagen über die
gottbildliche Erſchaffung des Menſchen. Beim Elohiſten bildet das
„Herrſchen über die Fiſche im Meere und über die Vögel unter dem
Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über
alles Gewürm, das auf der Erde kriechet‟ geradezu die Zweckangabe
zur Aeußerung des göttlichen Entſchluſſes, Menſchen nach Gottes
Bilde zu ſchaffen. Und beim Jehoviſten folgt ſofort auf die Er-
ſchaffung des gottbegeiſteten Menſchen deſſen Verſetzung ins Paradies
zum Zweck der „Bauung und Bewahrung‟ dieſes Gottesgartens,
verbunden mit einer Anleitung zu gottgemäßem Schalten und Walten
mit beiden, den Gewächſen und den thieriſchen Bewohnern dieſes
Gartens. Ja dieſe Einführung in ſeine naturbeherrſchende Stellung
erſcheint hier mitten hinein genommen in die Geſchichte von ſeiner
Erſchaffung; Gebote, die ſich auf das Verhältniß zu den niederen
Naturgenoſſen beziehen, empfängt Adam ſchon bevor ihm das Weib
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[66/0076] II. Die Schriftlehre vom Urſtande. nicht aufs Genießen, ſondern aufs Opfern, nicht aufs Herrſchen, ſondern aufs Dienen. Ebendarum hat Gott, der allwaltende und allliebende Lebensſpender, „gemacht, daß von Einem Blute aller Menſchen Geſchlechter auf dem ganzen Erdboden wohnen ſollen‟ (Apg. 17, 26). Der hehre „Liebhaber des Lebens, der da Aller ſchonet, und deß unvergänglicher Geiſt in Allen iſt‟ (Weish. 11, 27; 12, 1), hat die auserwählten Lieblinge unter ſeinen zahlloſen Lebeweſen als ein einheitliches, Einer Wurzel entſproßtes und bluts- verwandtſchaftlich verbundenes Geſchlecht in’s Daſein treten laſſen, auf daß ſie nach Seinem ewigen Vorbilde heilige Liebe und herz- liches Erbarmen zu üben lerneten und aus einer heiligen Familie heranwüchſen zu einem heiligen Reiche in der Liebe und Wahrheit. IV. Weder in der freien geiſtigen Perſönlichkeit allein, noch in der Naturbeherrſchung allein, ſondern in Beidem zumal liegt das Weſen der Gottbildlichkeit und die Erfüllung ihrer Aufgabe. — Die Beſtimmung zur Herrſchaft über die niederen Naturgenoſſen verflechten beide ſchöpfungs- geſchichtliche Urkunden aufs Engſte mit ihren Ausſagen über die gottbildliche Erſchaffung des Menſchen. Beim Elohiſten bildet das „Herrſchen über die Fiſche im Meere und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf der Erde kriechet‟ geradezu die Zweckangabe zur Aeußerung des göttlichen Entſchluſſes, Menſchen nach Gottes Bilde zu ſchaffen. Und beim Jehoviſten folgt ſofort auf die Er- ſchaffung des gottbegeiſteten Menſchen deſſen Verſetzung ins Paradies zum Zweck der „Bauung und Bewahrung‟ dieſes Gottesgartens, verbunden mit einer Anleitung zu gottgemäßem Schalten und Walten mit beiden, den Gewächſen und den thieriſchen Bewohnern dieſes Gartens. Ja dieſe Einführung in ſeine naturbeherrſchende Stellung erſcheint hier mitten hinein genommen in die Geſchichte von ſeiner Erſchaffung; Gebote, die ſich auf das Verhältniß zu den niederen Naturgenoſſen beziehen, empfängt Adam ſchon bevor ihm das Weib als Gehilfin und Theilhaberin an ſeiner Herrſcherſtellung gegeben

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/76>, abgerufen am 25.11.2024.