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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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I. Der Urstand nach kirchlicher Ueberlieferung.
sprünglich geglaubten Einen Göttlichen, stellt sich wesentlich als eine
derartige Verfolgung der Spuren und Reste der paradiesischen Ur-
religion in die immer dunkler werdende heidnische Nacht hinein dar.
Besonders der Erstere beschreibt auf lehrreiche Weise die verschiedenen
Wege, auf welchen die von Gott abgefallene Menschheit, durch Ver-
götterung erstlich der Himmelslichter, weiterhin der irdischen Natur-
gaben wie Getreide und Wein, der Strafen fürs Böse (Furien,
Eumeniden), menschlicher Leidenschaften, menschlicher Persönlichkeiten,
wie insbesondere Herrscher und Wohlthäter, nach und nach zur
Vielgötterei herabgesunken seien. Von Arnobius wird besonders
anschaulich die mit der zunehmenden Zahl von Apotheosirungen
sterblicher und sündiger Menschen nothwendig wachsende sittliche Cor-
ruption der heidnischen Urvölker dargelegt.1) -- Auf andere Weise
thun Einige der oben genannten Genesisdichter das Jneinander-
spielen nachwirkender Paradieseskräfte und trauriger Folgen des
Sündenelends dar. Dracontius läßt mit dem Verluste der ursprüng-
lichen Unschuld und des Gottesgartens zwar die selige Gottes-
gemeinschaft der Protoplasten ein frühes Ende erreichen, zugleich aber
ein Anderes, wozu sie erschaffen worden: ihre Herrschaft über die
Kräfte der irdischen Natur und über die Schätze der Erde, jetzt erst
recht beginnen. Was nur die Erde mit ihren mannichfachen hohen
und niederen Gewächsen an Blüthen und Früchten hervorbringt;
was nur die Wasser der Flüsse, Seen und Meere unter dem Ein-
fluß der Winde in Bewegung setzen und entweder herantreiben oder
wegspülen: es alles ist dem Menschen zur Verfügung gestellt, damit
er, der aus dem Staube Geborene, mehr und mehr das Bild
Gottes und Christi in seinem naturbeherrschenden Wirken darstelle.
Und mehr noch als dieß gibt Gott dem aus seiner Nähe in diese
Welt Verstoßenen mit: er stellt ihm in den Erscheinungen des
irdischen Naturlaufs vielfältige tröstende Bilder seiner einstigen
Wiedererweckung vom Tode, dem er um der Sünde willen verfallen,

1) Clemens, Protrept. p. 15 Sylb. -- Arnobius, Adv. gentes
VII, p. 299 sq.

I. Der Urſtand nach kirchlicher Ueberlieferung.
ſprünglich geglaubten Einen Göttlichen, ſtellt ſich weſentlich als eine
derartige Verfolgung der Spuren und Reſte der paradieſiſchen Ur-
religion in die immer dunkler werdende heidniſche Nacht hinein dar.
Beſonders der Erſtere beſchreibt auf lehrreiche Weiſe die verſchiedenen
Wege, auf welchen die von Gott abgefallene Menſchheit, durch Ver-
götterung erſtlich der Himmelslichter, weiterhin der irdiſchen Natur-
gaben wie Getreide und Wein, der Strafen fürs Böſe (Furien,
Eumeniden), menſchlicher Leidenſchaften, menſchlicher Perſönlichkeiten,
wie insbeſondere Herrſcher und Wohlthäter, nach und nach zur
Vielgötterei herabgeſunken ſeien. Von Arnobius wird beſonders
anſchaulich die mit der zunehmenden Zahl von Apotheoſirungen
ſterblicher und ſündiger Menſchen nothwendig wachſende ſittliche Cor-
ruption der heidniſchen Urvölker dargelegt.1) — Auf andere Weiſe
thun Einige der oben genannten Geneſisdichter das Jneinander-
ſpielen nachwirkender Paradieſeskräfte und trauriger Folgen des
Sündenelends dar. Dracontius läßt mit dem Verluſte der urſprüng-
lichen Unſchuld und des Gottesgartens zwar die ſelige Gottes-
gemeinſchaft der Protoplaſten ein frühes Ende erreichen, zugleich aber
ein Anderes, wozu ſie erſchaffen worden: ihre Herrſchaft über die
Kräfte der irdiſchen Natur und über die Schätze der Erde, jetzt erſt
recht beginnen. Was nur die Erde mit ihren mannichfachen hohen
und niederen Gewächſen an Blüthen und Früchten hervorbringt;
was nur die Waſſer der Flüſſe, Seen und Meere unter dem Ein-
fluß der Winde in Bewegung ſetzen und entweder herantreiben oder
wegſpülen: es alles iſt dem Menſchen zur Verfügung geſtellt, damit
er, der aus dem Staube Geborene, mehr und mehr das Bild
Gottes und Chriſti in ſeinem naturbeherrſchenden Wirken darſtelle.
Und mehr noch als dieß gibt Gott dem aus ſeiner Nähe in dieſe
Welt Verſtoßenen mit: er ſtellt ihm in den Erſcheinungen des
irdiſchen Naturlaufs vielfältige tröſtende Bilder ſeiner einſtigen
Wiedererweckung vom Tode, dem er um der Sünde willen verfallen,

1) Clemens, Protrept. p. 15 Sylb.Arnobius, Adv. gentes
VII, p. 299 sq.
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[45/0055] I. Der Urſtand nach kirchlicher Ueberlieferung. ſprünglich geglaubten Einen Göttlichen, ſtellt ſich weſentlich als eine derartige Verfolgung der Spuren und Reſte der paradieſiſchen Ur- religion in die immer dunkler werdende heidniſche Nacht hinein dar. Beſonders der Erſtere beſchreibt auf lehrreiche Weiſe die verſchiedenen Wege, auf welchen die von Gott abgefallene Menſchheit, durch Ver- götterung erſtlich der Himmelslichter, weiterhin der irdiſchen Natur- gaben wie Getreide und Wein, der Strafen fürs Böſe (Furien, Eumeniden), menſchlicher Leidenſchaften, menſchlicher Perſönlichkeiten, wie insbeſondere Herrſcher und Wohlthäter, nach und nach zur Vielgötterei herabgeſunken ſeien. Von Arnobius wird beſonders anſchaulich die mit der zunehmenden Zahl von Apotheoſirungen ſterblicher und ſündiger Menſchen nothwendig wachſende ſittliche Cor- ruption der heidniſchen Urvölker dargelegt. 1) — Auf andere Weiſe thun Einige der oben genannten Geneſisdichter das Jneinander- ſpielen nachwirkender Paradieſeskräfte und trauriger Folgen des Sündenelends dar. Dracontius läßt mit dem Verluſte der urſprüng- lichen Unſchuld und des Gottesgartens zwar die ſelige Gottes- gemeinſchaft der Protoplaſten ein frühes Ende erreichen, zugleich aber ein Anderes, wozu ſie erſchaffen worden: ihre Herrſchaft über die Kräfte der irdiſchen Natur und über die Schätze der Erde, jetzt erſt recht beginnen. Was nur die Erde mit ihren mannichfachen hohen und niederen Gewächſen an Blüthen und Früchten hervorbringt; was nur die Waſſer der Flüſſe, Seen und Meere unter dem Ein- fluß der Winde in Bewegung ſetzen und entweder herantreiben oder wegſpülen: es alles iſt dem Menſchen zur Verfügung geſtellt, damit er, der aus dem Staube Geborene, mehr und mehr das Bild Gottes und Chriſti in ſeinem naturbeherrſchenden Wirken darſtelle. Und mehr noch als dieß gibt Gott dem aus ſeiner Nähe in dieſe Welt Verſtoßenen mit: er ſtellt ihm in den Erſcheinungen des irdiſchen Naturlaufs vielfältige tröſtende Bilder ſeiner einſtigen Wiedererweckung vom Tode, dem er um der Sünde willen verfallen, 1) Clemens, Protrept. p. 15 Sylb. — Arnobius, Adv. gentes VII, p. 299 sq.

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/55>, abgerufen am 22.11.2024.