Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.I. Der Urstand nach kirchlicher Ueberlieferung. weisen. Vorsichtiger schon, mehr nur das Ethische und symbolischBedeutsame betonend, redet Joh. Arnd im Eingang seines "Wahren Christenthums" von der Herrlichkeit der Menschennatur vor dem Falle. "Zu dem Ende hat Gott den Menschen rein, lauter, un- befleckt erschaffen, mit allen Leibes- und Seelenkräften, daß man Gottes Bild in ihm sehen sollte; nicht zwar als einen todten Schatten im Spiegel, sondern als ein wahrhaftiges lebendiges Abbild und Gleichniß des unsichtbaren Gottes und seiner überaus schönen, innerlichen, verborgenen Gestalt, d. i. ein Bild seiner göttlichen Weisheit im Verstand des Menschen; ein Bild seiner Gütigkeit, Langmuth, Sanftmuth, Geduld im Gemüth des Menschen; ein Bild seiner Liebe und Barmherzigkeit in den Affecten des Herzens des Menschen; ein Bild seiner Gerechtigkeit, Heiligkeit, Lauterkeit und Reinigkeit im Willen des Menschen; ein Bild der Freundlichkeit, Holdseligkeit, Lieblichkeit und Wahrheit in allen Geberden und Worten des Menschen; ein Bild der Allmacht in der gegebenen Herrschaft über den ganzen Erdboden und über alle Thiere; ein Bild der Ewigkeit in der Unsterblichkeit des Menschen." Zusammengefaßt wird der Jnbegriff aller dieser Vorzüge an einer späteren Stelle in der Weise, daß der ganze Mensch, wie er am sechsten Schöpfungs- tage aus Gottes Händen hervorgieng, als ein Bild und Gleichniß des Dreieinigen geschildert wird. "Alle Creaturen sind nur Gottes Spur und Fußstapfen, der Mensch aber ist Gottes Bild, welcher den Schöpfer sollte vor Augen stellen." Er ist so "in die höchste Ehre und Würdigkeit gesetzt und zum höchsten Adel erhoben; ..... Gott der Allerschönste wohnt in des Menschen Seele am allerliebsten und hat dieselbe zu seinem Tempel geheiliget, daß sie sein solle eine Wohnung des Vaters, eine Brautkammer des Sohnes, des aller- höchsten Bräutigams, und ein Heiligthum des heiligen Geistes" etc. etc. Minder ausschließlich aufs Jnnerliche gerichtet, auch die äußeren Vorzüge mehr hervorhebend, schildert Scriver im "Seelenschatze", wie die gottesbildliche Seele des ersten Menschen "eine Kaiserin und rechte Fürstentochter war, mit göttlicher Weisheit, Klarheit, Reinig- I. Der Urſtand nach kirchlicher Ueberlieferung. weiſen. Vorſichtiger ſchon, mehr nur das Ethiſche und ſymboliſchBedeutſame betonend, redet Joh. Arnd im Eingang ſeines „Wahren Chriſtenthums‟ von der Herrlichkeit der Menſchennatur vor dem Falle. „Zu dem Ende hat Gott den Menſchen rein, lauter, un- befleckt erſchaffen, mit allen Leibes- und Seelenkräften, daß man Gottes Bild in ihm ſehen ſollte; nicht zwar als einen todten Schatten im Spiegel, ſondern als ein wahrhaftiges lebendiges Abbild und Gleichniß des unſichtbaren Gottes und ſeiner überaus ſchönen, innerlichen, verborgenen Geſtalt, d. i. ein Bild ſeiner göttlichen Weisheit im Verſtand des Menſchen; ein Bild ſeiner Gütigkeit, Langmuth, Sanftmuth, Geduld im Gemüth des Menſchen; ein Bild ſeiner Liebe und Barmherzigkeit in den Affecten des Herzens des Menſchen; ein Bild ſeiner Gerechtigkeit, Heiligkeit, Lauterkeit und Reinigkeit im Willen des Menſchen; ein Bild der Freundlichkeit, Holdſeligkeit, Lieblichkeit und Wahrheit in allen Geberden und Worten des Menſchen; ein Bild der Allmacht in der gegebenen Herrſchaft über den ganzen Erdboden und über alle Thiere; ein Bild der Ewigkeit in der Unſterblichkeit des Menſchen.‟ Zuſammengefaßt wird der Jnbegriff aller dieſer Vorzüge an einer ſpäteren Stelle in der Weiſe, daß der ganze Menſch, wie er am ſechſten Schöpfungs- tage aus Gottes Händen hervorgieng, als ein Bild und Gleichniß des Dreieinigen geſchildert wird. „Alle Creaturen ſind nur Gottes Spur und Fußſtapfen, der Menſch aber iſt Gottes Bild, welcher den Schöpfer ſollte vor Augen ſtellen.‟ Er iſt ſo „in die höchſte Ehre und Würdigkeit geſetzt und zum höchſten Adel erhoben; ..... Gott der Allerſchönſte wohnt in des Menſchen Seele am allerliebſten und hat dieſelbe zu ſeinem Tempel geheiliget, daß ſie ſein ſolle eine Wohnung des Vaters, eine Brautkammer des Sohnes, des aller- höchſten Bräutigams, und ein Heiligthum des heiligen Geiſtes‟ ꝛc. ꝛc. Minder ausſchließlich aufs Jnnerliche gerichtet, auch die äußeren Vorzüge mehr hervorhebend, ſchildert Scriver im „Seelenſchatze‟, wie die gottesbildliche Seele des erſten Menſchen „eine Kaiſerin und rechte Fürſtentochter war, mit göttlicher Weisheit, Klarheit, Reinig- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0033" n="23"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">I.</hi> Der Urſtand nach kirchlicher Ueberlieferung.</fw><lb/> weiſen. Vorſichtiger ſchon, mehr nur das Ethiſche und ſymboliſch<lb/> Bedeutſame betonend, redet Joh. Arnd im Eingang ſeines „Wahren<lb/> Chriſtenthums‟ von der Herrlichkeit der Menſchennatur vor dem<lb/> Falle. „Zu dem Ende hat Gott den Menſchen rein, lauter, un-<lb/> befleckt erſchaffen, mit allen Leibes- und Seelenkräften, daß man<lb/> Gottes Bild in ihm ſehen ſollte; nicht zwar als einen todten<lb/> Schatten im Spiegel, ſondern als ein wahrhaftiges lebendiges Abbild<lb/> und Gleichniß des unſichtbaren Gottes und ſeiner überaus ſchönen,<lb/> innerlichen, verborgenen Geſtalt, d. i. ein Bild ſeiner göttlichen<lb/> Weisheit im Verſtand des Menſchen; ein Bild ſeiner Gütigkeit,<lb/> Langmuth, Sanftmuth, Geduld im Gemüth des Menſchen; ein Bild<lb/> ſeiner Liebe und Barmherzigkeit in den Affecten des Herzens des<lb/> Menſchen; ein Bild ſeiner Gerechtigkeit, Heiligkeit, Lauterkeit und<lb/> Reinigkeit im Willen des Menſchen; ein Bild der Freundlichkeit,<lb/> Holdſeligkeit, Lieblichkeit und Wahrheit in allen Geberden und Worten<lb/> des Menſchen; ein Bild der Allmacht in der gegebenen Herrſchaft<lb/> über den ganzen Erdboden und über alle Thiere; ein Bild der<lb/> Ewigkeit in der Unſterblichkeit des Menſchen.‟ Zuſammengefaßt<lb/> wird der Jnbegriff aller dieſer Vorzüge an einer ſpäteren Stelle in<lb/> der Weiſe, daß der ganze Menſch, wie er am ſechſten Schöpfungs-<lb/> tage aus Gottes Händen hervorgieng, als ein Bild und Gleichniß<lb/> des Dreieinigen geſchildert wird. „Alle Creaturen ſind nur Gottes<lb/> Spur und Fußſtapfen, der Menſch aber iſt Gottes Bild, welcher<lb/> den Schöpfer ſollte vor Augen ſtellen.‟ Er iſt ſo „in die höchſte<lb/> Ehre und Würdigkeit geſetzt und zum höchſten Adel erhoben; .....<lb/> Gott der Allerſchönſte wohnt in des Menſchen Seele am allerliebſten<lb/> und hat dieſelbe zu ſeinem Tempel geheiliget, daß ſie ſein ſolle eine<lb/> Wohnung des Vaters, eine Brautkammer des Sohnes, des aller-<lb/> höchſten Bräutigams, und ein Heiligthum des heiligen Geiſtes‟ ꝛc. ꝛc.<lb/> Minder ausſchließlich aufs Jnnerliche gerichtet, auch die äußeren<lb/> Vorzüge mehr hervorhebend, ſchildert Scriver im „Seelenſchatze‟,<lb/> wie die gottesbildliche Seele des erſten Menſchen „eine Kaiſerin und<lb/> rechte Fürſtentochter war, mit göttlicher Weisheit, Klarheit, Reinig-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [23/0033]
I. Der Urſtand nach kirchlicher Ueberlieferung.
weiſen. Vorſichtiger ſchon, mehr nur das Ethiſche und ſymboliſch
Bedeutſame betonend, redet Joh. Arnd im Eingang ſeines „Wahren
Chriſtenthums‟ von der Herrlichkeit der Menſchennatur vor dem
Falle. „Zu dem Ende hat Gott den Menſchen rein, lauter, un-
befleckt erſchaffen, mit allen Leibes- und Seelenkräften, daß man
Gottes Bild in ihm ſehen ſollte; nicht zwar als einen todten
Schatten im Spiegel, ſondern als ein wahrhaftiges lebendiges Abbild
und Gleichniß des unſichtbaren Gottes und ſeiner überaus ſchönen,
innerlichen, verborgenen Geſtalt, d. i. ein Bild ſeiner göttlichen
Weisheit im Verſtand des Menſchen; ein Bild ſeiner Gütigkeit,
Langmuth, Sanftmuth, Geduld im Gemüth des Menſchen; ein Bild
ſeiner Liebe und Barmherzigkeit in den Affecten des Herzens des
Menſchen; ein Bild ſeiner Gerechtigkeit, Heiligkeit, Lauterkeit und
Reinigkeit im Willen des Menſchen; ein Bild der Freundlichkeit,
Holdſeligkeit, Lieblichkeit und Wahrheit in allen Geberden und Worten
des Menſchen; ein Bild der Allmacht in der gegebenen Herrſchaft
über den ganzen Erdboden und über alle Thiere; ein Bild der
Ewigkeit in der Unſterblichkeit des Menſchen.‟ Zuſammengefaßt
wird der Jnbegriff aller dieſer Vorzüge an einer ſpäteren Stelle in
der Weiſe, daß der ganze Menſch, wie er am ſechſten Schöpfungs-
tage aus Gottes Händen hervorgieng, als ein Bild und Gleichniß
des Dreieinigen geſchildert wird. „Alle Creaturen ſind nur Gottes
Spur und Fußſtapfen, der Menſch aber iſt Gottes Bild, welcher
den Schöpfer ſollte vor Augen ſtellen.‟ Er iſt ſo „in die höchſte
Ehre und Würdigkeit geſetzt und zum höchſten Adel erhoben; .....
Gott der Allerſchönſte wohnt in des Menſchen Seele am allerliebſten
und hat dieſelbe zu ſeinem Tempel geheiliget, daß ſie ſein ſolle eine
Wohnung des Vaters, eine Brautkammer des Sohnes, des aller-
höchſten Bräutigams, und ein Heiligthum des heiligen Geiſtes‟ ꝛc. ꝛc.
Minder ausſchließlich aufs Jnnerliche gerichtet, auch die äußeren
Vorzüge mehr hervorhebend, ſchildert Scriver im „Seelenſchatze‟,
wie die gottesbildliche Seele des erſten Menſchen „eine Kaiſerin und
rechte Fürſtentochter war, mit göttlicher Weisheit, Klarheit, Reinig-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |