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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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IX. Das Alter des Menschengeschlechts.
Füßen. Sie liefern doch höchstens nur relativ zuverlässigere Er-
gebnisse als jene schwindelhaften Versuche französischer Gelehrter zu
Anfang unsres Jahrhunderts, die aus dem Thierkreiszeichen von
Dendera ein mindestens 17 000jähriges Alter der ägyptischen Geschichte
herauslesen zu können meinten, oder als die sonstigen neueren Ver-
suche zur astronomischen Bewahrheitung jener mehr als 10 000jäh-
rigen Dauer dieser Geschichte, von welcher die Priester der Perserzeit
dem Herodot vorfabelten.

3. Weder die urkundlich bezeugte Geschichte noch die Astronomie
reichen den Chronometer dar, mittelst dessen ein höheres als 6000jäh-
riges Alter der Menschheit wissenschaftlich festgestellt werden soll.
Vielleicht thut dieß aber die geologisch-paläontologische For-
schung? An tiefem Eindringen in den dunklen Erdenschooß hat es
diese ja gewiß nicht fehlen lassen und die Thatsache, mittelst deren
sie das Alter sowohl der vormenschlichen Schöpfungsepochen als der
Menschheitsgeschichte zu fixiren sucht, zählen nach Hunderten, ja Tau-
senden? Aber freilich wie steht es um die Sicherheit dieser Evidenzen?
Gibt es in der That schon eine geologische Chronologie von einigem
wissenschaftlichen Werthe und innerhalb ihrer eine Altersberechnung
des Menschengeschlechts, auf die man sich einigermaaßen verlassen
könnte?

Wir sahen schon oben, wie höchst zweifelhafter Art die angeb-
lichen Zeugnisse des s. g. Steinzeitalters für ein nach Myriaden
von Jahren zählendes Menschheitsalters genannt werden müssen,
und in welchen mythischen Nebel insbesondere der belgisch-französische
Tertiärmensch sich verliert. Daß vielleicht noch einmal unwidersprechliche
Belege für ein Vorkommen menschlicher Fossilreste und Artefacte in
älteren als blos quaternären Schichten gewonnen werden, soll keines-
wegs für unmoglich erklärt werden. Es fragt sich nur, ob damit
in der That etwas Triftiges gegenüber den biblischen sechs Jahr-
tausenden festgestellt wäre. Die Tertiärzeit muß als ein lang wäh-
render geologischer Zeitraum betrachtet werden; die Unterperioden
des Eocän, Miocän etc. welche sie in sich schließt, mögen in ihrer

IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts.
Füßen. Sie liefern doch höchſtens nur relativ zuverläſſigere Er-
gebniſſe als jene ſchwindelhaften Verſuche franzöſiſcher Gelehrter zu
Anfang unſres Jahrhunderts, die aus dem Thierkreiszeichen von
Dendera ein mindeſtens 17 000jähriges Alter der ägyptiſchen Geſchichte
herausleſen zu können meinten, oder als die ſonſtigen neueren Ver-
ſuche zur aſtronomiſchen Bewahrheitung jener mehr als 10 000jäh-
rigen Dauer dieſer Geſchichte, von welcher die Prieſter der Perſerzeit
dem Herodot vorfabelten.

3. Weder die urkundlich bezeugte Geſchichte noch die Aſtronomie
reichen den Chronometer dar, mittelſt deſſen ein höheres als 6000jäh-
riges Alter der Menſchheit wiſſenſchaftlich feſtgeſtellt werden ſoll.
Vielleicht thut dieß aber die geologiſch-paläontologiſche For-
ſchung? An tiefem Eindringen in den dunklen Erdenſchooß hat es
dieſe ja gewiß nicht fehlen laſſen und die Thatſache, mittelſt deren
ſie das Alter ſowohl der vormenſchlichen Schöpfungsepochen als der
Menſchheitsgeſchichte zu fixiren ſucht, zählen nach Hunderten, ja Tau-
ſenden? Aber freilich wie ſteht es um die Sicherheit dieſer Evidenzen?
Gibt es in der That ſchon eine geologiſche Chronologie von einigem
wiſſenſchaftlichen Werthe und innerhalb ihrer eine Altersberechnung
des Menſchengeſchlechts, auf die man ſich einigermaaßen verlaſſen
könnte?

Wir ſahen ſchon oben, wie höchſt zweifelhafter Art die angeb-
lichen Zeugniſſe des ſ. g. Steinzeitalters für ein nach Myriaden
von Jahren zählendes Menſchheitsalters genannt werden müſſen,
und in welchen mythiſchen Nebel insbeſondere der belgiſch-franzöſiſche
Tertiärmenſch ſich verliert. Daß vielleicht noch einmal unwiderſprechliche
Belege für ein Vorkommen menſchlicher Foſſilreſte und Artefacte in
älteren als blos quaternären Schichten gewonnen werden, ſoll keines-
wegs für unmoglich erklärt werden. Es fragt ſich nur, ob damit
in der That etwas Triftiges gegenüber den bibliſchen ſechs Jahr-
tauſenden feſtgeſtellt wäre. Die Tertiärzeit muß als ein lang wäh-
render geologiſcher Zeitraum betrachtet werden; die Unterperioden
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[304/0314] IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts. Füßen. Sie liefern doch höchſtens nur relativ zuverläſſigere Er- gebniſſe als jene ſchwindelhaften Verſuche franzöſiſcher Gelehrter zu Anfang unſres Jahrhunderts, die aus dem Thierkreiszeichen von Dendera ein mindeſtens 17 000jähriges Alter der ägyptiſchen Geſchichte herausleſen zu können meinten, oder als die ſonſtigen neueren Ver- ſuche zur aſtronomiſchen Bewahrheitung jener mehr als 10 000jäh- rigen Dauer dieſer Geſchichte, von welcher die Prieſter der Perſerzeit dem Herodot vorfabelten. 3. Weder die urkundlich bezeugte Geſchichte noch die Aſtronomie reichen den Chronometer dar, mittelſt deſſen ein höheres als 6000jäh- riges Alter der Menſchheit wiſſenſchaftlich feſtgeſtellt werden ſoll. Vielleicht thut dieß aber die geologiſch-paläontologiſche For- ſchung? An tiefem Eindringen in den dunklen Erdenſchooß hat es dieſe ja gewiß nicht fehlen laſſen und die Thatſache, mittelſt deren ſie das Alter ſowohl der vormenſchlichen Schöpfungsepochen als der Menſchheitsgeſchichte zu fixiren ſucht, zählen nach Hunderten, ja Tau- ſenden? Aber freilich wie ſteht es um die Sicherheit dieſer Evidenzen? Gibt es in der That ſchon eine geologiſche Chronologie von einigem wiſſenſchaftlichen Werthe und innerhalb ihrer eine Altersberechnung des Menſchengeſchlechts, auf die man ſich einigermaaßen verlaſſen könnte? Wir ſahen ſchon oben, wie höchſt zweifelhafter Art die angeb- lichen Zeugniſſe des ſ. g. Steinzeitalters für ein nach Myriaden von Jahren zählendes Menſchheitsalters genannt werden müſſen, und in welchen mythiſchen Nebel insbeſondere der belgiſch-franzöſiſche Tertiärmenſch ſich verliert. Daß vielleicht noch einmal unwiderſprechliche Belege für ein Vorkommen menſchlicher Foſſilreſte und Artefacte in älteren als blos quaternären Schichten gewonnen werden, ſoll keines- wegs für unmoglich erklärt werden. Es fragt ſich nur, ob damit in der That etwas Triftiges gegenüber den bibliſchen ſechs Jahr- tauſenden feſtgeſtellt wäre. Die Tertiärzeit muß als ein lang wäh- render geologiſcher Zeitraum betrachtet werden; die Unterperioden des Eocän, Miocän ꝛc. welche ſie in ſich ſchließt, mögen in ihrer

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/314>, abgerufen am 25.11.2024.