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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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VIII. Die Langlebigkeit der Patriarchen.
erscheinen auch so die Beispiele von bis in solche Höhe hinaufreichenden
Altern dünn genug gesäet. Und zur Spärlichkeit der Fälle hinzu
gesellt sich ihre schwierige Constatirbarkeit, das Precäre, fast jedesmal
den Verdacht stattgehabter Jrrthümer oder Täuschungen Nahelegende
der sie betreffenden Nachrichten. Auch die eben angeführten Wald-
steinschen Ziffern dürften jedenfalls sehr reducirbar sein. Ja jener
Nordamerikaner Dr. Lambert, welcher vor einigen Jahren (wohl
aus Anlaß der Thomsschen kritischen Forschungen) auf Erbringung
eines vollgiltigen juristischen Beweises für ein zurückgelegtes 105.
Lebensjahr den Preis von 500 Dollars, auf einen entsprechenden
Beweis für ein überschrittenes 110. Lebensjahr aber den doppelt
so hohen Preis ausgesetzt hat, dürfte wahrscheinlich lange warten
müssen, bis er die eine oder die andre verwettete Summe los wird.



2. So der Gegensatz zwischen Sonst und Jetzt. Einem nur
sehr selten noch hoch über seculäre Länge emporsteigenden Alters-
maximum der heutigen Menschheit entsprach während ihrer ersten
anderthalb tausend Jahre eine ununterbrochene Reihe von Lebens-
altern zwischen 700 und 1000 Jahren. Wenigstens die sethitische
Patriarchenfamilie zeigt dieses Durchschnittsalter von etwa 912
Jahren. Urahnherrn und Urenkel leben hier Jahrtausende hindurch
nebeneinander, in wunderbar verschlungenem Geben und Nehmen,
Zeugen und Gezeugtwerden fast ein annäherndes creatürliches Abbild
jenes ewigen immergöttlichen Lebensspendungsactes zwischen Vater
und Sohn darbietend! Wie hat man sich abgemüht, das für uns
kaum mehr Vorstellbare faßlicher und begreiflicher zu machen; wie
haben von alters her exegetischer und mehr noch unexegetischer
Scharfsinn mit Reductions- und Ausgleichungsversuchen der ver-
schiedensten Art sich abgemartert, um entweder die Gesammtsumme,
die Länge der ganzen 1656jährigen Periode von Adam bis zur
Fluth, so oder so zu modificiren, oder um die einzelnen Lebens-
dauern auf ein knapperes, unsren Erfahrungen näher kommendes

VIII. Die Langlebigkeit der Patriarchen.
erſcheinen auch ſo die Beiſpiele von bis in ſolche Höhe hinaufreichenden
Altern dünn genug geſäet. Und zur Spärlichkeit der Fälle hinzu
geſellt ſich ihre ſchwierige Conſtatirbarkeit, das Precäre, faſt jedesmal
den Verdacht ſtattgehabter Jrrthümer oder Täuſchungen Nahelegende
der ſie betreffenden Nachrichten. Auch die eben angeführten Wald-
ſteinſchen Ziffern dürften jedenfalls ſehr reducirbar ſein. Ja jener
Nordamerikaner Dr. Lambert, welcher vor einigen Jahren (wohl
aus Anlaß der Thomsſchen kritiſchen Forſchungen) auf Erbringung
eines vollgiltigen juriſtiſchen Beweiſes für ein zurückgelegtes 105.
Lebensjahr den Preis von 500 Dollars, auf einen entſprechenden
Beweis für ein überſchrittenes 110. Lebensjahr aber den doppelt
ſo hohen Preis ausgeſetzt hat, dürfte wahrſcheinlich lange warten
müſſen, bis er die eine oder die andre verwettete Summe los wird.



2. So der Gegenſatz zwiſchen Sonſt und Jetzt. Einem nur
ſehr ſelten noch hoch über ſeculäre Länge emporſteigenden Alters-
maximum der heutigen Menſchheit entſprach während ihrer erſten
anderthalb tauſend Jahre eine ununterbrochene Reihe von Lebens-
altern zwiſchen 700 und 1000 Jahren. Wenigſtens die ſethitiſche
Patriarchenfamilie zeigt dieſes Durchſchnittsalter von etwa 912
Jahren. Urahnherrn und Urenkel leben hier Jahrtauſende hindurch
nebeneinander, in wunderbar verſchlungenem Geben und Nehmen,
Zeugen und Gezeugtwerden faſt ein annäherndes creatürliches Abbild
jenes ewigen immergöttlichen Lebensſpendungsactes zwiſchen Vater
und Sohn darbietend! Wie hat man ſich abgemüht, das für uns
kaum mehr Vorſtellbare faßlicher und begreiflicher zu machen; wie
haben von alters her exegetiſcher und mehr noch unexegetiſcher
Scharfſinn mit Reductions- und Ausgleichungsverſuchen der ver-
ſchiedenſten Art ſich abgemartert, um entweder die Geſammtſumme,
die Länge der ganzen 1656jährigen Periode von Adam bis zur
Fluth, ſo oder ſo zu modificiren, oder um die einzelnen Lebens-
dauern auf ein knapperes, unſren Erfahrungen näher kommendes

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[258/0268] VIII. Die Langlebigkeit der Patriarchen. erſcheinen auch ſo die Beiſpiele von bis in ſolche Höhe hinaufreichenden Altern dünn genug geſäet. Und zur Spärlichkeit der Fälle hinzu geſellt ſich ihre ſchwierige Conſtatirbarkeit, das Precäre, faſt jedesmal den Verdacht ſtattgehabter Jrrthümer oder Täuſchungen Nahelegende der ſie betreffenden Nachrichten. Auch die eben angeführten Wald- ſteinſchen Ziffern dürften jedenfalls ſehr reducirbar ſein. Ja jener Nordamerikaner Dr. Lambert, welcher vor einigen Jahren (wohl aus Anlaß der Thomsſchen kritiſchen Forſchungen) auf Erbringung eines vollgiltigen juriſtiſchen Beweiſes für ein zurückgelegtes 105. Lebensjahr den Preis von 500 Dollars, auf einen entſprechenden Beweis für ein überſchrittenes 110. Lebensjahr aber den doppelt ſo hohen Preis ausgeſetzt hat, dürfte wahrſcheinlich lange warten müſſen, bis er die eine oder die andre verwettete Summe los wird. 2. So der Gegenſatz zwiſchen Sonſt und Jetzt. Einem nur ſehr ſelten noch hoch über ſeculäre Länge emporſteigenden Alters- maximum der heutigen Menſchheit entſprach während ihrer erſten anderthalb tauſend Jahre eine ununterbrochene Reihe von Lebens- altern zwiſchen 700 und 1000 Jahren. Wenigſtens die ſethitiſche Patriarchenfamilie zeigt dieſes Durchſchnittsalter von etwa 912 Jahren. Urahnherrn und Urenkel leben hier Jahrtauſende hindurch nebeneinander, in wunderbar verſchlungenem Geben und Nehmen, Zeugen und Gezeugtwerden faſt ein annäherndes creatürliches Abbild jenes ewigen immergöttlichen Lebensſpendungsactes zwiſchen Vater und Sohn darbietend! Wie hat man ſich abgemüht, das für uns kaum mehr Vorſtellbare faßlicher und begreiflicher zu machen; wie haben von alters her exegetiſcher und mehr noch unexegetiſcher Scharfſinn mit Reductions- und Ausgleichungsverſuchen der ver- ſchiedenſten Art ſich abgemartert, um entweder die Geſammtſumme, die Länge der ganzen 1656jährigen Periode von Adam bis zur Fluth, ſo oder ſo zu modificiren, oder um die einzelnen Lebens- dauern auf ein knapperes, unſren Erfahrungen näher kommendes

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/268>, abgerufen am 25.11.2024.