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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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VII. Der Ursitz des Menschengeschlechts.
deutlich genug fordert, nachzuweisen. Sowohl der verbindenden
Canäle zwischen Euphrat und Tigris von Sippara an abwärts, als
auch der bedeutenderen Nebenflüsse bis hinab zum Ulai (Euläus)
sind mehr, als daß im Falle ihrer Zusammenfassung mit den beiden
Hauptströmen selbst lediglich eine Vierzahl resultirte. -- Gegen die
Armenien-Hypothese in der Relandschen Fassung spricht, daß die
Flüsse Phasis und Araxes-Cyrus, wenn sie mit dem Pison und
Gihon gemeint sein sollten, weder nahe genug beim Quellorte von
Euphrat und Tigris entspringen, noch in Hinsicht auf Größe und
sonstige Bedeutung denselben irgendwie nahe kommen. Ferner fällt
gegen diese Hypothese der meist nicht genügend beachtete Umstand ins
Gewicht, daß die nordarmenische Umgebung von Erzerum kaum noch
als östlich (mikkedem, Gen. 2, 8) vom Standpunkte des biblischen
Berichterstatters gelegen betrachtet werden kann; Syrien, Mesopo-
tamien, selbst Assur-Babel (vgl. Jerem. 1, 23; 6, 22; 16, 15;
Sach. 2, 10) gelten sonst den hebräischen Schriftstellern als Länder
nicht des Ostens, sondern des Nordens. Daß von der Ararat-
gegend auch die zweite Ausbreitung des Menschengeschlechts, nach der
Noachischen Fluth, stattfand, involvirt keinen Grund für die Annahme
eines Ausgegangenseins auch schon der vorsintfluthlichen Menschheit
von jener Gegend aus. Und ein ferner von vielen Vertheidigern
der Armenien-Hypothese geltend gemachter Umstand, daß nemlich
unsre Hausthiere und Getreidesorten in jenen Gegenden südlich vom
Kaukasus ursprünglich zu Hause seien, schließt eine thatsächliche Un-
richtigkeit in sich; nicht die obere Euphratgegend, sondern die oberen
und mittleren Umgebungen des Jndus dürften als Heimathland unsrer
meisten Hausthiere und besonders unsrer Cerealien zu betrachten sein.

Angesichts dieser Schwierigkeiten erscheint es begreiflich, daß
Versuche zur Verlegung des Ursitzes der Menschheit in irgendwelche
vom Schauplatze der beiden bisher betrachteten geographischen Deu-
tungsversuche mehr oder minder entfernte Regionen neuerdings ver-
schiedentlich gemacht worden sind. Die biblische Grundlage wird
bei diesen Versuchen, denen Erwägungen von bald mehr naturphilo-

VII. Der Urſitz des Menſchengeſchlechts.
deutlich genug fordert, nachzuweiſen. Sowohl der verbindenden
Canäle zwiſchen Euphrat und Tigris von Sippara an abwärts, als
auch der bedeutenderen Nebenflüſſe bis hinab zum Ulai (Euläus)
ſind mehr, als daß im Falle ihrer Zuſammenfaſſung mit den beiden
Hauptſtrömen ſelbſt lediglich eine Vierzahl reſultirte. — Gegen die
Armenien-Hypotheſe in der Relandſchen Faſſung ſpricht, daß die
Flüſſe Phaſis und Araxes-Cyrus, wenn ſie mit dem Piſon und
Gihon gemeint ſein ſollten, weder nahe genug beim Quellorte von
Euphrat und Tigris entſpringen, noch in Hinſicht auf Größe und
ſonſtige Bedeutung denſelben irgendwie nahe kommen. Ferner fällt
gegen dieſe Hypotheſe der meiſt nicht genügend beachtete Umſtand ins
Gewicht, daß die nordarmeniſche Umgebung von Erzerum kaum noch
als öſtlich (mikkédem, Gen. 2, 8) vom Standpunkte des bibliſchen
Berichterſtatters gelegen betrachtet werden kann; Syrien, Meſopo-
tamien, ſelbſt Aſſur-Babel (vgl. Jerem. 1, 23; 6, 22; 16, 15;
Sach. 2, 10) gelten ſonſt den hebräiſchen Schriftſtellern als Länder
nicht des Oſtens, ſondern des Nordens. Daß von der Ararat-
gegend auch die zweite Ausbreitung des Menſchengeſchlechts, nach der
Noachiſchen Fluth, ſtattfand, involvirt keinen Grund für die Annahme
eines Ausgegangenſeins auch ſchon der vorſintfluthlichen Menſchheit
von jener Gegend aus. Und ein ferner von vielen Vertheidigern
der Armenien-Hypotheſe geltend gemachter Umſtand, daß nemlich
unſre Hausthiere und Getreideſorten in jenen Gegenden ſüdlich vom
Kaukaſus urſprünglich zu Hauſe ſeien, ſchließt eine thatſächliche Un-
richtigkeit in ſich; nicht die obere Euphratgegend, ſondern die oberen
und mittleren Umgebungen des Jndus dürften als Heimathland unſrer
meiſten Hausthiere und beſonders unſrer Cerealien zu betrachten ſein.

Angeſichts dieſer Schwierigkeiten erſcheint es begreiflich, daß
Verſuche zur Verlegung des Urſitzes der Menſchheit in irgendwelche
vom Schauplatze der beiden bisher betrachteten geographiſchen Deu-
tungsverſuche mehr oder minder entfernte Regionen neuerdings ver-
ſchiedentlich gemacht worden ſind. Die bibliſche Grundlage wird
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[224/0234] VII. Der Urſitz des Menſchengeſchlechts. deutlich genug fordert, nachzuweiſen. Sowohl der verbindenden Canäle zwiſchen Euphrat und Tigris von Sippara an abwärts, als auch der bedeutenderen Nebenflüſſe bis hinab zum Ulai (Euläus) ſind mehr, als daß im Falle ihrer Zuſammenfaſſung mit den beiden Hauptſtrömen ſelbſt lediglich eine Vierzahl reſultirte. — Gegen die Armenien-Hypotheſe in der Relandſchen Faſſung ſpricht, daß die Flüſſe Phaſis und Araxes-Cyrus, wenn ſie mit dem Piſon und Gihon gemeint ſein ſollten, weder nahe genug beim Quellorte von Euphrat und Tigris entſpringen, noch in Hinſicht auf Größe und ſonſtige Bedeutung denſelben irgendwie nahe kommen. Ferner fällt gegen dieſe Hypotheſe der meiſt nicht genügend beachtete Umſtand ins Gewicht, daß die nordarmeniſche Umgebung von Erzerum kaum noch als öſtlich (mikkédem, Gen. 2, 8) vom Standpunkte des bibliſchen Berichterſtatters gelegen betrachtet werden kann; Syrien, Meſopo- tamien, ſelbſt Aſſur-Babel (vgl. Jerem. 1, 23; 6, 22; 16, 15; Sach. 2, 10) gelten ſonſt den hebräiſchen Schriftſtellern als Länder nicht des Oſtens, ſondern des Nordens. Daß von der Ararat- gegend auch die zweite Ausbreitung des Menſchengeſchlechts, nach der Noachiſchen Fluth, ſtattfand, involvirt keinen Grund für die Annahme eines Ausgegangenſeins auch ſchon der vorſintfluthlichen Menſchheit von jener Gegend aus. Und ein ferner von vielen Vertheidigern der Armenien-Hypotheſe geltend gemachter Umſtand, daß nemlich unſre Hausthiere und Getreideſorten in jenen Gegenden ſüdlich vom Kaukaſus urſprünglich zu Hauſe ſeien, ſchließt eine thatſächliche Un- richtigkeit in ſich; nicht die obere Euphratgegend, ſondern die oberen und mittleren Umgebungen des Jndus dürften als Heimathland unſrer meiſten Hausthiere und beſonders unſrer Cerealien zu betrachten ſein. Angeſichts dieſer Schwierigkeiten erſcheint es begreiflich, daß Verſuche zur Verlegung des Urſitzes der Menſchheit in irgendwelche vom Schauplatze der beiden bisher betrachteten geographiſchen Deu- tungsverſuche mehr oder minder entfernte Regionen neuerdings ver- ſchiedentlich gemacht worden ſind. Die bibliſche Grundlage wird bei dieſen Verſuchen, denen Erwägungen von bald mehr naturphilo-

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/234>, abgerufen am 24.11.2024.