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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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IV. Die Opposition des modernen Naturalismus.
stände der Menschheit in ihrer frühesten Kindheitsepoche. Sie finden
es ganz in der Ordnung, daß Charles Darwin, auch ein Ange-
höriger ihrer Richtung, schon als ein junger Mann, als seine be-
rühmte Reise um die Welt ihm u. a. den Anblick des hilflosen
Elends und wilden Trotzes der Bewohner des Feuerlandes vor-
führte, unwillkürlich gemäß jener Betrachtungsweise in den Ruf
ausbrach: "So waren auch unsre Vorfahren!" Die Entstehung der
Religion suchen sie entweder gemäß der Fetischismus-Hypothese zu
begreifen, oder einfacher noch nach dem Recepte des alten Lukrez.
Furcht habe überall den Wahn vom Dasein der Götter oder auch
der Einen Gottheit erzeugt, meint Buckle; mit unglaublicher Flach-
heit sucht er überall da, wo Erdbeben und Orkane die Einbildungs-
kraft der Menschen aufregen, Herde des religiösen Lebens nachzu-
weisen, in den vulkanischen Districten Amerikas, Südasiens, Afrikas,
Südeuropas; genau da herrsche von jeher eine glühende Religiosität,
wo elementare Naturereignisse der bezeichneten Art dem Menschen
Furcht und Zittern einjagen und ihn ins Gebet treiben; in ge-
mäßigteren Gegenden und unter dem Eindruck eines gleichmäßigeren,
ruhigeren Naturverlaufs habe sich das religiöse Leben nie in solchem
Maaße entwickeln gekonnt, u. s. f.1)

Erzbischof Whately von Dublin (+ 1863) überhaupt ein feiner
und glücklicher Apologet, der früher (in seinen "Historischen Zweifeln
in Bezug auf Napoleon Bonoparte", 1819) auch schon den Hu-
meschen Scopticismus mit treffender Wirkung persifflirt hatte, trat
diesen Urwildheitsphantasien der Positivisten energisch gegenüber.
Jn einer 1854 vor einem christlichen Jünglingsvereine gehaltenen
Vorlesung "Ueber den Ursprung der Civilisation"2) behauptete er
mit Nachdruck den übernatürlichen, d. h. auf göttlicher Veranstaltung,

1) Th. H. Buckle, Geschichte der Civilisation in England, 1857, 2 Bde.
Desselben Kritik von J Stuart Mills Schrift über die Freiheit, 1859 (vgl.
Rocholl, S. 250 f.).
2) Aufgenommen auch in seine Miscellaneous Lectures and Reviews,
1861, p.
26.

IV. Die Oppoſition des modernen Naturalismus.
ſtände der Menſchheit in ihrer früheſten Kindheitsepoche. Sie finden
es ganz in der Ordnung, daß Charles Darwin, auch ein Ange-
höriger ihrer Richtung, ſchon als ein junger Mann, als ſeine be-
rühmte Reiſe um die Welt ihm u. a. den Anblick des hilfloſen
Elends und wilden Trotzes der Bewohner des Feuerlandes vor-
führte, unwillkürlich gemäß jener Betrachtungsweiſe in den Ruf
ausbrach: „So waren auch unſre Vorfahren!‟ Die Entſtehung der
Religion ſuchen ſie entweder gemäß der Fetiſchismus-Hypotheſe zu
begreifen, oder einfacher noch nach dem Recepte des alten Lukrez.
Furcht habe überall den Wahn vom Daſein der Götter oder auch
der Einen Gottheit erzeugt, meint Buckle; mit unglaublicher Flach-
heit ſucht er überall da, wo Erdbeben und Orkane die Einbildungs-
kraft der Menſchen aufregen, Herde des religiöſen Lebens nachzu-
weiſen, in den vulkaniſchen Diſtricten Amerikas, Südaſiens, Afrikas,
Südeuropas; genau da herrſche von jeher eine glühende Religioſität,
wo elementare Naturereigniſſe der bezeichneten Art dem Menſchen
Furcht und Zittern einjagen und ihn ins Gebet treiben; in ge-
mäßigteren Gegenden und unter dem Eindruck eines gleichmäßigeren,
ruhigeren Naturverlaufs habe ſich das religiöſe Leben nie in ſolchem
Maaße entwickeln gekonnt, u. ſ. f.1)

Erzbiſchof Whately von Dublin († 1863) überhaupt ein feiner
und glücklicher Apologet, der früher (in ſeinen „Hiſtoriſchen Zweifeln
in Bezug auf Napoleon Bonoparte‟, 1819) auch ſchon den Hu-
meſchen Scopticismus mit treffender Wirkung perſifflirt hatte, trat
dieſen Urwildheitsphantaſien der Poſitiviſten energiſch gegenüber.
Jn einer 1854 vor einem chriſtlichen Jünglingsvereine gehaltenen
Vorleſung „Ueber den Urſprung der Civiliſation‟2) behauptete er
mit Nachdruck den übernatürlichen, d. h. auf göttlicher Veranſtaltung,

1) Th. H. Buckle, Geſchichte der Civiliſation in England, 1857, 2 Bde.
Deſſelben Kritik von J Stuart Mills Schrift über die Freiheit, 1859 (vgl.
Rocholl, S. 250 f.).
2) Aufgenommen auch in ſeine Miscellaneous Lectures and Reviews,
1861, p.
26.
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[133/0143] IV. Die Oppoſition des modernen Naturalismus. ſtände der Menſchheit in ihrer früheſten Kindheitsepoche. Sie finden es ganz in der Ordnung, daß Charles Darwin, auch ein Ange- höriger ihrer Richtung, ſchon als ein junger Mann, als ſeine be- rühmte Reiſe um die Welt ihm u. a. den Anblick des hilfloſen Elends und wilden Trotzes der Bewohner des Feuerlandes vor- führte, unwillkürlich gemäß jener Betrachtungsweiſe in den Ruf ausbrach: „So waren auch unſre Vorfahren!‟ Die Entſtehung der Religion ſuchen ſie entweder gemäß der Fetiſchismus-Hypotheſe zu begreifen, oder einfacher noch nach dem Recepte des alten Lukrez. Furcht habe überall den Wahn vom Daſein der Götter oder auch der Einen Gottheit erzeugt, meint Buckle; mit unglaublicher Flach- heit ſucht er überall da, wo Erdbeben und Orkane die Einbildungs- kraft der Menſchen aufregen, Herde des religiöſen Lebens nachzu- weiſen, in den vulkaniſchen Diſtricten Amerikas, Südaſiens, Afrikas, Südeuropas; genau da herrſche von jeher eine glühende Religioſität, wo elementare Naturereigniſſe der bezeichneten Art dem Menſchen Furcht und Zittern einjagen und ihn ins Gebet treiben; in ge- mäßigteren Gegenden und unter dem Eindruck eines gleichmäßigeren, ruhigeren Naturverlaufs habe ſich das religiöſe Leben nie in ſolchem Maaße entwickeln gekonnt, u. ſ. f. 1) Erzbiſchof Whately von Dublin († 1863) überhaupt ein feiner und glücklicher Apologet, der früher (in ſeinen „Hiſtoriſchen Zweifeln in Bezug auf Napoleon Bonoparte‟, 1819) auch ſchon den Hu- meſchen Scopticismus mit treffender Wirkung perſifflirt hatte, trat dieſen Urwildheitsphantaſien der Poſitiviſten energiſch gegenüber. Jn einer 1854 vor einem chriſtlichen Jünglingsvereine gehaltenen Vorleſung „Ueber den Urſprung der Civiliſation‟ 2) behauptete er mit Nachdruck den übernatürlichen, d. h. auf göttlicher Veranſtaltung, 1) Th. H. Buckle, Geſchichte der Civiliſation in England, 1857, 2 Bde. Deſſelben Kritik von J Stuart Mills Schrift über die Freiheit, 1859 (vgl. Rocholl, S. 250 f.). 2) Aufgenommen auch in ſeine Miscellaneous Lectures and Reviews, 1861, p. 26.

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/143>, abgerufen am 22.11.2024.