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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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III. Die Traditionen des Heidenthums.

Auch in der durch Hesiods Theogonie in ältester Fassung über-
lieferten Sage von den Titanen sind bedeutsame Anklänge an die
alttestamentliche Ueberlieferung über die Zeit vor der Sintfluth,
und zwar speciell an die kainitische Patriarchenreihe mit ihren Cultur-
bestrebungen und Erfindungen enthalten. Zu diesen riesenhaften
Söhnen der Erde und Empörern gegen den Himmel gehören außer
Kronos, dem Könige des goldnen Zeitalters und außer Japetos,
dessen Name dem des dritten Noahsohnes entspricht, der Feuerfinder
Prometheus, der Sündfluth-Ableiter und zweite Menschheitsstamm-
vater Deukalion, der als Erfinder der Astronomie und Verfertiger
der ersten Himmelskugel geltende Atlas. Nahe stehen dieser Gruppe
mythischer Figuren die blitzeschmiedenden Kyklopen, des Schmiede-
gottes Hephaistos Gehilfen, sowie das uralte (nach Ovid durch die
Sintfluth vertilgte) Zauberpriestergeschlecht der Telchinen, durch
welches die Sage der Rhodier die Erz- und Eisenbereitung sammt
allerlei magischen Künsten erfunden werden läßt.1) -- Ungewöhnlich
lange Lebensalter werden für diese mythischen Urgeschlechter selbst-
verständlich vorausgesetzt, hie und da auch ausdrücklich erwähnt.
Von dem Volke der Arkadier, das sich mit besonderem Stolze seines
Autochthonenthums oder seiner vormondlichen Abkunft (als [fremdsprachliches Material - 1 Wort fehlt]-)
[fremdsprachliches Material - 1 Wort fehlt]) rühmte, wissen Censorinus und Sergius der Vergilcom-
mentator zu erzählen, daß bei seinen frühesten Königen ein mehr
als 300jähriges Lebensalter einst das Gewöhnliche gewesen sei.
Andere, schon früherer Zeit angehörige griechische Gewährsmänner
für ein Makrobierthum der Urzeit waren Akusilaus, Hellanikus,
Ephorus, Hekatäus und Nikolaus von Damaskus.2)



1) Hesiod, Theog. 133 ss. -- Diodor, V, 56. -- Ovid, Metam.
VII, 367 ss.
2) Diese größtentheils schon von Grotius, De veritate religionis
Christianae I,
33 (neben Manetho und den Phönikiern Mochus etc.) als heid-
nische Zeugen für die Thatsächlichkeit außerordentlich langer Lebensdauer in der
Urzeit aufgeführt. Vgl. Censorinus De die nat. 17, 3; Servius zu
Aen. VIII, 315 ss.
III. Die Traditionen des Heidenthums.

Auch in der durch Heſiods Theogonie in älteſter Faſſung über-
lieferten Sage von den Titanen ſind bedeutſame Anklänge an die
altteſtamentliche Ueberlieferung über die Zeit vor der Sintfluth,
und zwar ſpeciell an die kainitiſche Patriarchenreihe mit ihren Cultur-
beſtrebungen und Erfindungen enthalten. Zu dieſen rieſenhaften
Söhnen der Erde und Empörern gegen den Himmel gehören außer
Kronos, dem Könige des goldnen Zeitalters und außer Japetos,
deſſen Name dem des dritten Noahſohnes entſpricht, der Feuerfinder
Prometheus, der Sündfluth-Ableiter und zweite Menſchheitsſtamm-
vater Deukalion, der als Erfinder der Aſtronomie und Verfertiger
der erſten Himmelskugel geltende Atlas. Nahe ſtehen dieſer Gruppe
mythiſcher Figuren die blitzeſchmiedenden Kyklopen, des Schmiede-
gottes Hephaiſtos Gehilfen, ſowie das uralte (nach Ovid durch die
Sintfluth vertilgte) Zauberprieſtergeſchlecht der Telchinen, durch
welches die Sage der Rhodier die Erz- und Eiſenbereitung ſammt
allerlei magiſchen Künſten erfunden werden läßt.1) — Ungewöhnlich
lange Lebensalter werden für dieſe mythiſchen Urgeſchlechter ſelbſt-
verſtändlich vorausgeſetzt, hie und da auch ausdrücklich erwähnt.
Von dem Volke der Arkadier, das ſich mit beſonderem Stolze ſeines
Autochthonenthums oder ſeiner vormondlichen Abkunft (als [fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt]-)
[fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt]) rühmte, wiſſen Cenſorinus und Sergius der Vergilcom-
mentator zu erzählen, daß bei ſeinen früheſten Königen ein mehr
als 300jähriges Lebensalter einſt das Gewöhnliche geweſen ſei.
Andere, ſchon früherer Zeit angehörige griechiſche Gewährsmänner
für ein Makrobierthum der Urzeit waren Akuſilaus, Hellanikus,
Ephorus, Hekatäus und Nikolaus von Damaskus.2)



1) Heſiod, Theog. 133 ss.Diodor, V, 56. — Ovid, Metam.
VII, 367 ss.
2) Dieſe größtentheils ſchon von Grotius, De veritate religionis
Christianae I,
33 (neben Manetho und den Phönikiern Mochus ꝛc.) als heid-
niſche Zeugen für die Thatſächlichkeit außerordentlich langer Lebensdauer in der
Urzeit aufgeführt. Vgl. Cenſorinus De die nat. 17, 3; Servius zu
Aen. VIII, 315 ss.
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[100/0110] III. Die Traditionen des Heidenthums. Auch in der durch Heſiods Theogonie in älteſter Faſſung über- lieferten Sage von den Titanen ſind bedeutſame Anklänge an die altteſtamentliche Ueberlieferung über die Zeit vor der Sintfluth, und zwar ſpeciell an die kainitiſche Patriarchenreihe mit ihren Cultur- beſtrebungen und Erfindungen enthalten. Zu dieſen rieſenhaften Söhnen der Erde und Empörern gegen den Himmel gehören außer Kronos, dem Könige des goldnen Zeitalters und außer Japetos, deſſen Name dem des dritten Noahſohnes entſpricht, der Feuerfinder Prometheus, der Sündfluth-Ableiter und zweite Menſchheitsſtamm- vater Deukalion, der als Erfinder der Aſtronomie und Verfertiger der erſten Himmelskugel geltende Atlas. Nahe ſtehen dieſer Gruppe mythiſcher Figuren die blitzeſchmiedenden Kyklopen, des Schmiede- gottes Hephaiſtos Gehilfen, ſowie das uralte (nach Ovid durch die Sintfluth vertilgte) Zauberprieſtergeſchlecht der Telchinen, durch welches die Sage der Rhodier die Erz- und Eiſenbereitung ſammt allerlei magiſchen Künſten erfunden werden läßt. 1) — Ungewöhnlich lange Lebensalter werden für dieſe mythiſchen Urgeſchlechter ſelbſt- verſtändlich vorausgeſetzt, hie und da auch ausdrücklich erwähnt. Von dem Volke der Arkadier, das ſich mit beſonderem Stolze ſeines Autochthonenthums oder ſeiner vormondlichen Abkunft (als _-) _) rühmte, wiſſen Cenſorinus und Sergius der Vergilcom- mentator zu erzählen, daß bei ſeinen früheſten Königen ein mehr als 300jähriges Lebensalter einſt das Gewöhnliche geweſen ſei. Andere, ſchon früherer Zeit angehörige griechiſche Gewährsmänner für ein Makrobierthum der Urzeit waren Akuſilaus, Hellanikus, Ephorus, Hekatäus und Nikolaus von Damaskus. 2) 1) Heſiod, Theog. 133 ss. — Diodor, V, 56. — Ovid, Metam. VII, 367 ss. 2) Dieſe größtentheils ſchon von Grotius, De veritate religionis Christianae I, 33 (neben Manetho und den Phönikiern Mochus ꝛc.) als heid- niſche Zeugen für die Thatſächlichkeit außerordentlich langer Lebensdauer in der Urzeit aufgeführt. Vgl. Cenſorinus De die nat. 17, 3; Servius zu Aen. VIII, 315 ss.

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/110>, abgerufen am 22.11.2024.