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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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III. Die Traditionen des Heidenthums.
waltigen Geschlechts, dem nur des Ares blutiges Handwerk am
stahlharten Herzen lag und das sich nicht mehr ernährte von den
Früchten der Erde, sondern voll unersättlicher Gier war. Eherne
Waffen, eherne Häuser und ehernes Geräth hatten diese Menschen,
noch nichts von Eisen. Durch ihrer Hände Blutthat gebändigt,
stiegen sie ruhmlos hinab in des Hades finstere Behausung. Daß
bei diesem ihrem Untergange das Gericht einer großen Fluth wirksam
gedacht ist, erhellt nicht bestimmt aus Hesiods Schilderung, wohl
aber aus den Parallelberichten andrer mythologischer Quellen, welche
das eherne Zeitalter durch die Deukalionische Fluth beendigt werden
lassen.1) -- Das nun folgende "Zeitalter der Heroen" unterbricht
auf eigenthümliche Weise die absteigende Stufenleiter der immer
geringer und härter werdenden Metalle. Als kriegerisch wird auch
dieses Geschlecht dargestellt; die Kämpfe um das siebenthorige Theben
und um Troja waren sein Werk. Aber es war doch gerechter und
edler, als die Menschen der vorhergehenden Zeit, ein halbgöttliches
Heldengeschlecht auf der Erde, das zum Theil zwar dem Tode
anheimfiel, zum Theil aber noch ein seliges Dasein unter des
Kronos mildem Scepter auf den fernen Jnseln der Seligen im
Okeanos fortführte. -- Erst das fünfte Zeitalter ist das gegen-
wärtige, dem anzugehören keiner sich rühmen noch sich wünschen soll:

"Denn ein Geschlecht von Eisen lebt jetzt; nicht ruht es bei Tage,
Auch nicht bei Nacht, sich selbst zu verderben mit Mühsal und Jammer.


Nicht ist der Vater ähnlich dem Kind, noch das Kind seinem Vater:
Freund ist nicht dem Wirthe der Gast, noch zweier Gefährten
Einer dem Anderen so, wie sichs ziemt und wie es zuvor war."

Mit so düsteren Farben wird das Elend dieser letzten Zeit gemalt,
daß der Verdacht einiger Kritiker, denen eine in die Schilderung ver-
flochtene Hindeutung auf einiges dem Schlimmen doch immer noch beige-
mengte Gute, als späteres Einschiebsel gilt,2) fast gerechtfertigt erscheint.

1) Vgl. Hesiod, l. c. 152--155 mit Apollodor, Biblioth. I, 7, 2;
auch Ovid, Metam. I, 151 ff.
2) So Lehrs (Quaestt. epicae) u. Göttling; vgl. d. Letzt. zu Opp. et
dies, v.
179.
7*

III. Die Traditionen des Heidenthums.
waltigen Geſchlechts, dem nur des Ares blutiges Handwerk am
ſtahlharten Herzen lag und das ſich nicht mehr ernährte von den
Früchten der Erde, ſondern voll unerſättlicher Gier war. Eherne
Waffen, eherne Häuſer und ehernes Geräth hatten dieſe Menſchen,
noch nichts von Eiſen. Durch ihrer Hände Blutthat gebändigt,
ſtiegen ſie ruhmlos hinab in des Hades finſtere Behauſung. Daß
bei dieſem ihrem Untergange das Gericht einer großen Fluth wirkſam
gedacht iſt, erhellt nicht beſtimmt aus Heſiods Schilderung, wohl
aber aus den Parallelberichten andrer mythologiſcher Quellen, welche
das eherne Zeitalter durch die Deukalioniſche Fluth beendigt werden
laſſen.1) — Das nun folgende „Zeitalter der Heroen‟ unterbricht
auf eigenthümliche Weiſe die abſteigende Stufenleiter der immer
geringer und härter werdenden Metalle. Als kriegeriſch wird auch
dieſes Geſchlecht dargeſtellt; die Kämpfe um das ſiebenthorige Theben
und um Troja waren ſein Werk. Aber es war doch gerechter und
edler, als die Menſchen der vorhergehenden Zeit, ein halbgöttliches
Heldengeſchlecht auf der Erde, das zum Theil zwar dem Tode
anheimfiel, zum Theil aber noch ein ſeliges Daſein unter des
Kronos mildem Scepter auf den fernen Jnſeln der Seligen im
Okeanos fortführte. — Erſt das fünfte Zeitalter iſt das gegen-
wärtige, dem anzugehören keiner ſich rühmen noch ſich wünſchen ſoll:

„Denn ein Geſchlecht von Eiſen lebt jetzt; nicht ruht es bei Tage,
Auch nicht bei Nacht, ſich ſelbſt zu verderben mit Mühſal und Jammer.


Nicht iſt der Vater ähnlich dem Kind, noch das Kind ſeinem Vater:
Freund iſt nicht dem Wirthe der Gaſt, noch zweier Gefährten
Einer dem Anderen ſo, wie ſichs ziemt und wie es zuvor war.‟

Mit ſo düſteren Farben wird das Elend dieſer letzten Zeit gemalt,
daß der Verdacht einiger Kritiker, denen eine in die Schilderung ver-
flochtene Hindeutung auf einiges dem Schlimmen doch immer noch beige-
mengte Gute, als ſpäteres Einſchiebſel gilt,2) faſt gerechtfertigt erſcheint.

1) Vgl. Heſiod, l. c. 152—155 mit Apollodor, Biblioth. I, 7, 2;
auch Ovid, Metam. I, 151 ff.
2) So Lehrs (Quaestt. epicae) u. Göttling; vgl. d. Letzt. zu Opp. et
dies, v.
179.
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[99/0109] III. Die Traditionen des Heidenthums. waltigen Geſchlechts, dem nur des Ares blutiges Handwerk am ſtahlharten Herzen lag und das ſich nicht mehr ernährte von den Früchten der Erde, ſondern voll unerſättlicher Gier war. Eherne Waffen, eherne Häuſer und ehernes Geräth hatten dieſe Menſchen, noch nichts von Eiſen. Durch ihrer Hände Blutthat gebändigt, ſtiegen ſie ruhmlos hinab in des Hades finſtere Behauſung. Daß bei dieſem ihrem Untergange das Gericht einer großen Fluth wirkſam gedacht iſt, erhellt nicht beſtimmt aus Heſiods Schilderung, wohl aber aus den Parallelberichten andrer mythologiſcher Quellen, welche das eherne Zeitalter durch die Deukalioniſche Fluth beendigt werden laſſen. 1) — Das nun folgende „Zeitalter der Heroen‟ unterbricht auf eigenthümliche Weiſe die abſteigende Stufenleiter der immer geringer und härter werdenden Metalle. Als kriegeriſch wird auch dieſes Geſchlecht dargeſtellt; die Kämpfe um das ſiebenthorige Theben und um Troja waren ſein Werk. Aber es war doch gerechter und edler, als die Menſchen der vorhergehenden Zeit, ein halbgöttliches Heldengeſchlecht auf der Erde, das zum Theil zwar dem Tode anheimfiel, zum Theil aber noch ein ſeliges Daſein unter des Kronos mildem Scepter auf den fernen Jnſeln der Seligen im Okeanos fortführte. — Erſt das fünfte Zeitalter iſt das gegen- wärtige, dem anzugehören keiner ſich rühmen noch ſich wünſchen ſoll: „Denn ein Geſchlecht von Eiſen lebt jetzt; nicht ruht es bei Tage, Auch nicht bei Nacht, ſich ſelbſt zu verderben mit Mühſal und Jammer. Nicht iſt der Vater ähnlich dem Kind, noch das Kind ſeinem Vater: Freund iſt nicht dem Wirthe der Gaſt, noch zweier Gefährten Einer dem Anderen ſo, wie ſichs ziemt und wie es zuvor war.‟ Mit ſo düſteren Farben wird das Elend dieſer letzten Zeit gemalt, daß der Verdacht einiger Kritiker, denen eine in die Schilderung ver- flochtene Hindeutung auf einiges dem Schlimmen doch immer noch beige- mengte Gute, als ſpäteres Einſchiebſel gilt, 2) faſt gerechtfertigt erſcheint. 1) Vgl. Heſiod, l. c. 152—155 mit Apollodor, Biblioth. I, 7, 2; auch Ovid, Metam. I, 151 ff. 2) So Lehrs (Quaestt. epicae) u. Göttling; vgl. d. Letzt. zu Opp. et dies, v. 179. 7*

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/109>, abgerufen am 22.11.2024.