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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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III. Die Traditionen des Heidenthums.
weiten Erdenrund legten die als Verwalter Alfadurs sie regierenden
Richter oder Erzväter jene Schmiede an, darauf "das Metall,
welches Gold heißt", geschmiedet wurde. "Alles Hausgeräthe und
Pferdegeschirr war da von Gold. Diese Zeit heißt das Goldalter,
welches wurde verderbt durch die Ankunft von Weibern, die da
kamen aus Jotunheim" etc. Hohe Lebensalter, sowie obendrein eine
Zehnzahl vorsintfluthlicher Patriarchen spielen gleichfalls eine Rolle
in dem nordischen und germanischen Sagenkreise. Halfdan, der erste
Mensch und König nach der Edda, soll 300 Jahre alt geworden
sein; ihm folgen neun Könige als Stammväter eben so vieler alter
Heldengeschlechter, wie der Hildinger, der Niflunger, der Audlinger etc.
Von Sigar, dem zehnten derselben an, einer Art von nordischer
Parallele zu Noah, spaltet sich die nordische Menschheit in drei
Aeste, die Geschlechter der Skioldunger, Wolsunger und Skelfinger.
Ganz ähnlich die angelsächsische Sage; sie läßt dem Sintfluth-
patriarchen Finn-Godwulf oder Burri (dem nordischen Börr, Vater
Odin's, Wile's und We's) neun Urmenschen vorhergehen; mit
Finn-Godwulf als dem Zehnten beginnt die Dreitheilung der
Menschen in Nachkommen Fridhuwulfs (= Odin's), Frithalafs und
Fridhuwalds. Jn die an die Tödtung des Riesen Ymir durch
Odin angeknüpfte Fluthsage dieser nordischen Stämme wird übrigens
auch wieder eine eigenthümliche neue Menschenschöpfungssage ein-
geflochten; Odin bildet nach der Fluth das Menschengeschlecht neu
aus Esche und Erle etc.1)

Jn Griechenlands urzeitlichem Mythenschatze fehlt, wie sich
erwarten läßt, kein wesentliches dieser Elemente, weder die Erinner-
ung an ein verlorenes goldnes Zeitalter, noch die absteigende Welt-
alterfolge, noch die Nachrichten über hohe Lebensalter in der Urzeit.
Wir haben die Erwähnung der hellenischen Sagen hierüber bis
zum Schlusse unsrer Aufzählung verspart, weil gerade sie, ins-

1) S. das Nähere mit den nöthigen Belegen zufammengestellt bei Lüken,
S. 110 f. 159 f.
Zöckler, Urstand. 7

III. Die Traditionen des Heidenthums.
weiten Erdenrund legten die als Verwalter Alfadurs ſie regierenden
Richter oder Erzväter jene Schmiede an, darauf „das Metall,
welches Gold heißt‟, geſchmiedet wurde. „Alles Hausgeräthe und
Pferdegeſchirr war da von Gold. Dieſe Zeit heißt das Goldalter,
welches wurde verderbt durch die Ankunft von Weibern, die da
kamen aus Jotunheim‟ ꝛc. Hohe Lebensalter, ſowie obendrein eine
Zehnzahl vorſintfluthlicher Patriarchen ſpielen gleichfalls eine Rolle
in dem nordiſchen und germaniſchen Sagenkreiſe. Halfdan, der erſte
Menſch und König nach der Edda, ſoll 300 Jahre alt geworden
ſein; ihm folgen neun Könige als Stammväter eben ſo vieler alter
Heldengeſchlechter, wie der Hildinger, der Niflunger, der Audlinger ꝛc.
Von Sigar, dem zehnten derſelben an, einer Art von nordiſcher
Parallele zu Noah, ſpaltet ſich die nordiſche Menſchheit in drei
Aeſte, die Geſchlechter der Skioldunger, Wolſunger und Skelfinger.
Ganz ähnlich die angelſächſiſche Sage; ſie läßt dem Sintfluth-
patriarchen Finn-Godwulf oder Burri (dem nordiſchen Börr, Vater
Odin’s, Wile’s und We’s) neun Urmenſchen vorhergehen; mit
Finn-Godwulf als dem Zehnten beginnt die Dreitheilung der
Menſchen in Nachkommen Fridhuwulfs (= Odin’s), Frithalafs und
Fridhuwalds. Jn die an die Tödtung des Rieſen Ymir durch
Odin angeknüpfte Fluthſage dieſer nordiſchen Stämme wird übrigens
auch wieder eine eigenthümliche neue Menſchenſchöpfungsſage ein-
geflochten; Odin bildet nach der Fluth das Menſchengeſchlecht neu
aus Eſche und Erle ꝛc.1)

Jn Griechenlands urzeitlichem Mythenſchatze fehlt, wie ſich
erwarten läßt, kein weſentliches dieſer Elemente, weder die Erinner-
ung an ein verlorenes goldnes Zeitalter, noch die abſteigende Welt-
alterfolge, noch die Nachrichten über hohe Lebensalter in der Urzeit.
Wir haben die Erwähnung der helleniſchen Sagen hierüber bis
zum Schluſſe unſrer Aufzählung verſpart, weil gerade ſie, ins-

1) S. das Nähere mit den nöthigen Belegen zufammengeſtellt bei Lüken,
S. 110 f. 159 f.
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[97/0107] III. Die Traditionen des Heidenthums. weiten Erdenrund legten die als Verwalter Alfadurs ſie regierenden Richter oder Erzväter jene Schmiede an, darauf „das Metall, welches Gold heißt‟, geſchmiedet wurde. „Alles Hausgeräthe und Pferdegeſchirr war da von Gold. Dieſe Zeit heißt das Goldalter, welches wurde verderbt durch die Ankunft von Weibern, die da kamen aus Jotunheim‟ ꝛc. Hohe Lebensalter, ſowie obendrein eine Zehnzahl vorſintfluthlicher Patriarchen ſpielen gleichfalls eine Rolle in dem nordiſchen und germaniſchen Sagenkreiſe. Halfdan, der erſte Menſch und König nach der Edda, ſoll 300 Jahre alt geworden ſein; ihm folgen neun Könige als Stammväter eben ſo vieler alter Heldengeſchlechter, wie der Hildinger, der Niflunger, der Audlinger ꝛc. Von Sigar, dem zehnten derſelben an, einer Art von nordiſcher Parallele zu Noah, ſpaltet ſich die nordiſche Menſchheit in drei Aeſte, die Geſchlechter der Skioldunger, Wolſunger und Skelfinger. Ganz ähnlich die angelſächſiſche Sage; ſie läßt dem Sintfluth- patriarchen Finn-Godwulf oder Burri (dem nordiſchen Börr, Vater Odin’s, Wile’s und We’s) neun Urmenſchen vorhergehen; mit Finn-Godwulf als dem Zehnten beginnt die Dreitheilung der Menſchen in Nachkommen Fridhuwulfs (= Odin’s), Frithalafs und Fridhuwalds. Jn die an die Tödtung des Rieſen Ymir durch Odin angeknüpfte Fluthſage dieſer nordiſchen Stämme wird übrigens auch wieder eine eigenthümliche neue Menſchenſchöpfungsſage ein- geflochten; Odin bildet nach der Fluth das Menſchengeſchlecht neu aus Eſche und Erle ꝛc. 1) Jn Griechenlands urzeitlichem Mythenſchatze fehlt, wie ſich erwarten läßt, kein weſentliches dieſer Elemente, weder die Erinner- ung an ein verlorenes goldnes Zeitalter, noch die abſteigende Welt- alterfolge, noch die Nachrichten über hohe Lebensalter in der Urzeit. Wir haben die Erwähnung der helleniſchen Sagen hierüber bis zum Schluſſe unſrer Aufzählung verſpart, weil gerade ſie, ins- 1) S. das Nähere mit den nöthigen Belegen zufammengeſtellt bei Lüken, S. 110 f. 159 f. Zöckler, Urſtand. 7

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/107>, abgerufen am 25.11.2024.