Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.
Jst das des Glaubens Ernst, so ist der Freund bewegt, Der Friede hergestellt, der Bund ist aufgerichtet, Der Seelen ist der HErr als Bräutigam verpflichtet, Die sich vor seinem Aug' in Staub darnieder legt: Durch Demuth bleibet sie zur Königin erhöht; Hat sie der Vasthi Sinn, so wird sie mit verschmäht. Wohl dem, der seinen Kopf vom Dencken frey behält: Was dorten oder da vor ein Geheimniß stecke? Damit es ihn nicht bald zur eignen Ehr erwecke, Darüber unser Geist so bald, so tief verfällt; Wen aber GOttes Rath ersieht zu etwas Grossen,(12, 7. 2. Cor. Dem wird der nöthge Pfahl bald mit hineingestossen, Wenn sonst auf Meynungen die Lehren Christi stehn, Zumahl vom Künftigen, das GOtt sich vorbehalten, Damit nach freyer Wahl zu schalten und zu walten, (Pflegt also einem zu- dem andern aufzugehn,) Sind aber Tausenden kaum Zehne Zweifels frey, Darunter ieglicher im Glauben einig sey. Wohlan, ihr Gläubige, laßt uns, von heute an, Den eiteln Meynungs-Streit gantz auf die Seite legen! Nur müsse Christus sich in unsern Hertzen regen; Wer den nicht drinne hat, der ist kein Christen-Mann. Sonst aber lasset uns nicht eins das andre richten, Noch mit Verwegenheit die Glaubens-Sachen schlichten. Denn Eins, nur Eins ist noth: das ist das beste Theil,Luc. 10, (42. Und kan den gantzen Teig der Creatur versüssen; Diß Eine aber lernt man nur zu JEsu Füssen, Der Lehrer ist der Freund: die Schul und Kunst ist Heyl; Die Lehre Bileams bleibt nur ein Schellen-Hall,Num. 23, u. 24 1. Cor. 13, 1. Denn Wissen ohne Lieb ist thönendes Metall. O Seelen! strecket euch nach JEsu Christo aus, Sonst achtet alles Werck und Wissen nur für Schaden,Phil. 3, 8 Was wollen wir uns viel mit Uberfluß beladen? Die E 4
Jſt das des Glaubens Ernſt, ſo iſt der Freund bewegt, Der Friede hergeſtellt, der Bund iſt aufgerichtet, Der Seelen iſt der HErr als Braͤutigam verpflichtet, Die ſich vor ſeinem Aug’ in Staub darnieder legt: Durch Demuth bleibet ſie zur Koͤnigin erhoͤht; Hat ſie der Vaſthi Sinn, ſo wird ſie mit verſchmaͤht. Wohl dem, der ſeinen Kopf vom Dencken frey behaͤlt: Was dorten oder da vor ein Geheimniß ſtecke? Damit es ihn nicht bald zur eignen Ehr erwecke, Daruͤber unſer Geiſt ſo bald, ſo tief verfaͤllt; Wen aber GOttes Rath erſieht zu etwas Groſſen,(12, 7. 2. Cor. Dem wird der noͤthge Pfahl bald mit hineingeſtoſſen, Wenn ſonſt auf Meynungen die Lehren Chriſti ſtehn, Zumahl vom Kuͤnftigen, das GOtt ſich vorbehalten, Damit nach freyer Wahl zu ſchalten und zu walten, (Pflegt alſo einem zu- dem andern aufzugehn,) Sind aber Tauſenden kaum Zehne Zweifels frey, Darunter ieglicher im Glauben einig ſey. Wohlan, ihr Glaͤubige, laßt uns, von heute an, Den eiteln Meynungs-Streit gantz auf die Seite legen! Nur muͤſſe Chriſtus ſich in unſern Hertzen regen; Wer den nicht drinne hat, der iſt kein Chriſten-Mann. Sonſt aber laſſet uns nicht eins das andre richten, Noch mit Verwegenheit die Glaubens-Sachen ſchlichten. Denn Eins, nur Eins iſt noth: das iſt das beſte Theil,Luc. 10, (42. Und kan den gantzen Teig der Creatur verſuͤſſen; Diß Eine aber lernt man nur zu JEſu Fuͤſſen, Der Lehrer iſt der Freund: die Schul und Kunſt iſt Heyl; Die Lehre Bileams bleibt nur ein Schellen-Hall,Num. 23, u. 24 1. Cor. 13, 1. Denn Wiſſen ohne Lieb iſt thoͤnendes Metall. O Seelen! ſtrecket euch nach JEſu Chriſto aus, Sonſt achtet alles Werck und Wiſſen nur fuͤr Schaden,Phil. 3, 8 Was wollen wir uns viel mit Uberfluß beladen? Die E 4
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1724.
Zu leuchten meiner Nacht; verzeihſt du dich des Lichts.
Jch werd auch, wenn du mich zu etwas auserſehen.
Doch als ein armes Nichts zu deinen Fuͤſſen flehen.
Jſt das des Glaubens Ernſt, ſo iſt der Freund bewegt,
Der Friede hergeſtellt, der Bund iſt aufgerichtet,
Der Seelen iſt der HErr als Braͤutigam verpflichtet,
Die ſich vor ſeinem Aug’ in Staub darnieder legt:
Durch Demuth bleibet ſie zur Koͤnigin erhoͤht;
Hat ſie der Vaſthi Sinn, ſo wird ſie mit verſchmaͤht.
Wohl dem, der ſeinen Kopf vom Dencken frey behaͤlt:
Was dorten oder da vor ein Geheimniß ſtecke?
Damit es ihn nicht bald zur eignen Ehr erwecke,
Daruͤber unſer Geiſt ſo bald, ſo tief verfaͤllt;
Wen aber GOttes Rath erſieht zu etwas Groſſen,
Dem wird der noͤthge Pfahl bald mit hineingeſtoſſen,
Wenn ſonſt auf Meynungen die Lehren Chriſti ſtehn,
Zumahl vom Kuͤnftigen, das GOtt ſich vorbehalten,
Damit nach freyer Wahl zu ſchalten und zu walten,
(Pflegt alſo einem zu- dem andern aufzugehn,)
Sind aber Tauſenden kaum Zehne Zweifels frey,
Darunter ieglicher im Glauben einig ſey.
Wohlan, ihr Glaͤubige, laßt uns, von heute an,
Den eiteln Meynungs-Streit gantz auf die Seite legen!
Nur muͤſſe Chriſtus ſich in unſern Hertzen regen;
Wer den nicht drinne hat, der iſt kein Chriſten-Mann.
Sonſt aber laſſet uns nicht eins das andre richten,
Noch mit Verwegenheit die Glaubens-Sachen ſchlichten.
Denn Eins, nur Eins iſt noth: das iſt das beſte Theil,
Und kan den gantzen Teig der Creatur verſuͤſſen;
Diß Eine aber lernt man nur zu JEſu Fuͤſſen,
Der Lehrer iſt der Freund: die Schul und Kunſt iſt Heyl;
Die Lehre Bileams bleibt nur ein Schellen-Hall,
Denn Wiſſen ohne Lieb iſt thoͤnendes Metall.
O Seelen! ſtrecket euch nach JEſu Chriſto aus,
Sonſt achtet alles Werck und Wiſſen nur fuͤr Schaden,
Was wollen wir uns viel mit Uberfluß beladen?
Die
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Zitationshilfe: | Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/81>, abgerufen am 25.07.2024. |