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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

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1723.

Und uns biß diesen Tag mit Gnaden-Thau begossen;
Komm, bete mit mir an! komm, meines Königs Braut!

Die Eh ist allerdings ein sehr geheimer Stand,
Ein Stand, den unser HErr im Garten schon gesegnet,
Dem JEsu Gegenwart, o hohe Gunst! begegnet,
Ein in der Ewigkeit geknüpftes Liebes-Band.
Zwar wenn man zu der Eh durch Welt-Lust angekiert,
Dieselbige vollzieht, nach Art der Hochgebohrnen,
Ach! aber auch dabey von GOtt nicht Auserkohrnen, (1. Cor. 1.)
Was Wunder, daß die Reu gleich mit geehligt wird.
Wie, spricht man, wilst du denn, daß sie beschaffen sey?
Du lehrest uns vielleicht die Ehe der Phantasten,
Die sich vor Aengstlichkeit und Harm zu Tode fasten?
Nein! Freund, die Eh im HErrn ist von dem allen frey.
Ein Knecht der Liebe ist im übrigen gefreyt,
Ein Fürst der Herrlichkeit, des Vaters edle Pflantze,
Und eine Magd des HErrn prangt in dem Glaubens-Crantze,
Zu solchem Paare reimt sich wol kein Sclaven-Kleid.
Wie sieht denn aber nun die rechte Ehe aus?
So sieht sie aus: Die Braut, Jmmanuel verschrieben,
Jst einem guten Freund im Angedencken blieben,
Der liebt, der hütet sie, biß hin ans Hochzeit-Hauß.
Und wie nicht Weib noch Mann in JEsu Christo ist,
So sind sie beyderseits so Kämmerer, als Freunde
Vom rechten Bräutigam, dem Schrecken unsrer Feinde,
Da eins das andre denn zu schmücken nicht vergißt.
Die Zeit des Lebens ist die Zubereitungs-Zeit,
Die Monden, die der Fürst, seit dem er sie erkennet,
Und sie als Jungfer selbst zum Ehe-Bett ernennet,
Zur Salbung und Geschmuck der schönen Seelen leiht.
Da muß die Frau den Mann, der Mann muß seine Frau,
Die ihm der Bräutigam zur Pflege übergeben,
Mit Ernst bemühet seyn zur Hochzeit aufzuheben;
Der Zweck ist, daß man sich nur zier und auferbau.
Ein

1723.

Und uns biß dieſen Tag mit Gnaden-Thau begoſſen;
Komm, bete mit mir an! komm, meines Koͤnigs Braut!

Die Eh iſt allerdings ein ſehr geheimer Stand,
Ein Stand, den unſer HErr im Garten ſchon geſegnet,
Dem JEſu Gegenwart, o hohe Gunſt! begegnet,
Ein in der Ewigkeit geknuͤpftes Liebes-Band.
Zwar wenn man zu der Eh durch Welt-Luſt angekiert,
Dieſelbige vollzieht, nach Art der Hochgebohrnen,
Ach! aber auch dabey von GOtt nicht Auserkohrnen, (1. Cor. 1.)
Was Wunder, daß die Reu gleich mit geehligt wird.
Wie, ſpricht man, wilſt du denn, daß ſie beſchaffen ſey?
Du lehreſt uns vielleicht die Ehe der Phantaſten,
Die ſich vor Aengſtlichkeit und Harm zu Tode faſten?
Nein! Freund, die Eh im HErrn iſt von dem allen frey.
Ein Knecht der Liebe iſt im uͤbrigen gefreyt,
Ein Fuͤrſt der Herrlichkeit, des Vaters edle Pflantze,
Und eine Magd des HErrn prangt in dem Glaubens-Crantze,
Zu ſolchem Paare reimt ſich wol kein Sclaven-Kleid.
Wie ſieht denn aber nun die rechte Ehe aus?
So ſieht ſie aus: Die Braut, Jmmanuel verſchrieben,
Jſt einem guten Freund im Angedencken blieben,
Der liebt, der huͤtet ſie, biß hin ans Hochzeit-Hauß.
Und wie nicht Weib noch Mann in JEſu Chriſto iſt,
So ſind ſie beyderſeits ſo Kaͤmmerer, als Freunde
Vom rechten Braͤutigam, dem Schrecken unſrer Feinde,
Da eins das andre denn zu ſchmuͤcken nicht vergißt.
Die Zeit des Lebens iſt die Zubereitungs-Zeit,
Die Monden, die der Fuͤrſt, ſeit dem er ſie erkennet,
Und ſie als Jungfer ſelbſt zum Ehe-Bett ernennet,
Zur Salbung und Geſchmuck der ſchoͤnen Seelen leiht.
Da muß die Frau den Mann, der Mann muß ſeine Frau,
Die ihm der Braͤutigam zur Pflege uͤbergeben,
Mit Ernſt bemuͤhet ſeyn zur Hochzeit aufzuheben;
Der Zweck iſt, daß man ſich nur zier und auferbau.
Ein
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[59/0069] 1723. Und uns biß dieſen Tag mit Gnaden-Thau begoſſen; Komm, bete mit mir an! komm, meines Koͤnigs Braut! Die Eh iſt allerdings ein ſehr geheimer Stand, Ein Stand, den unſer HErr im Garten ſchon geſegnet, Dem JEſu Gegenwart, o hohe Gunſt! begegnet, Ein in der Ewigkeit geknuͤpftes Liebes-Band. Zwar wenn man zu der Eh durch Welt-Luſt angekiert, Dieſelbige vollzieht, nach Art der Hochgebohrnen, Ach! aber auch dabey von GOtt nicht Auserkohrnen, (1. Cor. 1.) Was Wunder, daß die Reu gleich mit geehligt wird. Wie, ſpricht man, wilſt du denn, daß ſie beſchaffen ſey? Du lehreſt uns vielleicht die Ehe der Phantaſten, Die ſich vor Aengſtlichkeit und Harm zu Tode faſten? Nein! Freund, die Eh im HErrn iſt von dem allen frey. Ein Knecht der Liebe iſt im uͤbrigen gefreyt, Ein Fuͤrſt der Herrlichkeit, des Vaters edle Pflantze, Und eine Magd des HErrn prangt in dem Glaubens-Crantze, Zu ſolchem Paare reimt ſich wol kein Sclaven-Kleid. Wie ſieht denn aber nun die rechte Ehe aus? So ſieht ſie aus: Die Braut, Jmmanuel verſchrieben, Jſt einem guten Freund im Angedencken blieben, Der liebt, der huͤtet ſie, biß hin ans Hochzeit-Hauß. Und wie nicht Weib noch Mann in JEſu Chriſto iſt, So ſind ſie beyderſeits ſo Kaͤmmerer, als Freunde Vom rechten Braͤutigam, dem Schrecken unſrer Feinde, Da eins das andre denn zu ſchmuͤcken nicht vergißt. Die Zeit des Lebens iſt die Zubereitungs-Zeit, Die Monden, die der Fuͤrſt, ſeit dem er ſie erkennet, Und ſie als Jungfer ſelbſt zum Ehe-Bett ernennet, Zur Salbung und Geſchmuck der ſchoͤnen Seelen leiht. Da muß die Frau den Mann, der Mann muß ſeine Frau, Die ihm der Braͤutigam zur Pflege uͤbergeben, Mit Ernſt bemuͤhet ſeyn zur Hochzeit aufzuheben; Der Zweck iſt, daß man ſich nur zier und auferbau. Ein

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Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/69>, abgerufen am 22.11.2024.