Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.
Und viele liebe GOttes-Kinder Vermeynen dieses eben auch, Der Liebe unserm Uberwinder Mißfalle dieser Welt-Gebrauch; Wo man sich noch Ein ander Joch, Zu ihrer Liebes-Bürd und Plag, Auf seine Schultern binden mag. Daß unsrer Seelen Hut und Wache Beym Ehestand verdoppelt wird, Jst eine ausgemachte Sache, Und wird darinnen sehr geirrt. Man machet sich Gemeiniglich Die Ehe gar zum leichten Ding, Und ihre Mühe scheint gering. Drum wenn man weißlich überleget, Wie Mangel, Creutz und mancher Dampf Sich mit der Eh zugleich erreget, Und wie, in diesem schweren Kampf, Manch lüstern Lamm Den Bräutigam Verschertzt mit samt der Jungfrauschafft, Jndem es sich ins Fleisch vergafft: So möchte man sich wohl bedencken, Obs kein verwegner Handel sey, Sich also leichtlich wegzuschencken. Gewiß, ich stimme Paulo bey; Die beste Eh Halt ich vor Weh, Es
Und viele liebe GOttes-Kinder Vermeynen dieſes eben auch, Der Liebe unſerm Uberwinder Mißfalle dieſer Welt-Gebrauch; Wo man ſich noch Ein ander Joch, Zu ihrer Liebes-Buͤrd und Plag, Auf ſeine Schultern binden mag. Daß unſrer Seelen Hut und Wache Beym Eheſtand verdoppelt wird, Jſt eine ausgemachte Sache, Und wird darinnen ſehr geirrt. Man machet ſich Gemeiniglich Die Ehe gar zum leichten Ding, Und ihre Muͤhe ſcheint gering. Drum wenn man weißlich uͤberleget, Wie Mangel, Creutz und mancher Dampf Sich mit der Eh zugleich erreget, Und wie, in dieſem ſchweren Kampf, Manch luͤſtern Lamm Den Braͤutigam Verſchertzt mit ſamt der Jungfrauſchafft, Jndem es ſich ins Fleiſch vergafft: So moͤchte man ſich wohl bedencken, Obs kein verwegner Handel ſey, Sich alſo leichtlich wegzuſchencken. Gewiß, ich ſtimme Paulo bey; Die beſte Eh Halt ich vor Weh, Es
<TEI> <text> <body> <div> <lg type="poem"> <lg n="15"> <l> <pb facs="#f0044" n="34"/> <fw place="top" type="header">1722.</fw> </l><lb/> <l>Es ſcheint faſt nicht;</l><lb/> <l>Diß reine Licht</l><lb/> <l>Haßt alles frembden Feuers Pracht,</l><lb/> <l>Das ſich zu ſeinem Altar macht.</l> </lg><lb/> <lg n="16"> <l>Und viele liebe GOttes-Kinder</l><lb/> <l>Vermeynen dieſes eben auch,</l><lb/> <l>Der Liebe unſerm Uberwinder</l><lb/> <l>Mißfalle dieſer Welt-Gebrauch;</l><lb/> <l>Wo man ſich noch</l><lb/> <l>Ein ander Joch,</l><lb/> <l>Zu ihrer Liebes-Buͤrd und Plag,</l><lb/> <l>Auf ſeine Schultern binden mag.</l> </lg><lb/> <lg n="17"> <l>Daß unſrer Seelen Hut und Wache</l><lb/> <l>Beym Eheſtand verdoppelt wird,</l><lb/> <l>Jſt eine ausgemachte Sache,</l><lb/> <l>Und wird darinnen ſehr geirrt.</l><lb/> <l>Man machet ſich</l><lb/> <l>Gemeiniglich</l><lb/> <l>Die Ehe gar zum leichten Ding,</l><lb/> <l>Und ihre Muͤhe ſcheint gering.</l> </lg><lb/> <lg n="18"> <l>Drum wenn man weißlich uͤberleget,</l><lb/> <l>Wie Mangel, Creutz und mancher Dampf</l><lb/> <l>Sich mit der Eh zugleich erreget,</l><lb/> <l>Und wie, in dieſem ſchweren Kampf,</l><lb/> <l>Manch luͤſtern Lamm</l><lb/> <l>Den Braͤutigam</l><lb/> <l>Verſchertzt mit ſamt der Jungfrauſchafft,</l><lb/> <l>Jndem es ſich ins Fleiſch vergafft:</l> </lg><lb/> <lg n="19"> <l>So moͤchte man ſich wohl bedencken,</l><lb/> <l>Obs kein verwegner Handel ſey,</l><lb/> <l>Sich alſo leichtlich wegzuſchencken.</l><lb/> <l>Gewiß, ich ſtimme Paulo bey;</l><lb/> <l>Die beſte Eh</l><lb/> <l>Halt ich vor Weh,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [34/0044]
1722.
Es ſcheint faſt nicht;
Diß reine Licht
Haßt alles frembden Feuers Pracht,
Das ſich zu ſeinem Altar macht.
Und viele liebe GOttes-Kinder
Vermeynen dieſes eben auch,
Der Liebe unſerm Uberwinder
Mißfalle dieſer Welt-Gebrauch;
Wo man ſich noch
Ein ander Joch,
Zu ihrer Liebes-Buͤrd und Plag,
Auf ſeine Schultern binden mag.
Daß unſrer Seelen Hut und Wache
Beym Eheſtand verdoppelt wird,
Jſt eine ausgemachte Sache,
Und wird darinnen ſehr geirrt.
Man machet ſich
Gemeiniglich
Die Ehe gar zum leichten Ding,
Und ihre Muͤhe ſcheint gering.
Drum wenn man weißlich uͤberleget,
Wie Mangel, Creutz und mancher Dampf
Sich mit der Eh zugleich erreget,
Und wie, in dieſem ſchweren Kampf,
Manch luͤſtern Lamm
Den Braͤutigam
Verſchertzt mit ſamt der Jungfrauſchafft,
Jndem es ſich ins Fleiſch vergafft:
So moͤchte man ſich wohl bedencken,
Obs kein verwegner Handel ſey,
Sich alſo leichtlich wegzuſchencken.
Gewiß, ich ſtimme Paulo bey;
Die beſte Eh
Halt ich vor Weh,
Es
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/44 |
Zitationshilfe: | Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/44>, abgerufen am 25.07.2024. |