Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.
Theurer Heyland! sage mir: Wie gerath ich arme Made Zu der Gnade, Daß du meiner Kinder Last Selbst erfaßt? Denn sie kan so bald nicht drücken, So befreyst du meinen Rücken, Den du sonst beladen hast. Theodora Charitas War zwar eins der ungemeinen Edlen Kleinen, Jhrer Hütte engen Raum Merckt man kaum, Und ihr Kinder-Sinn und Wille Reget sich in solcher Stille, Daß man denckt, es sey ein Traum. Eben drum, du theures Hertz! Spricht der Hirt der kleinen Schafe: Dorel schlafe; Weil es ewig Schade wär, Wenn die Ehr Einer unbefleckten Seele, Uber der Gefahr der Höle, Sich ein einigs mal verlöhr. Falle hurtig, vierdtes Looß, So mir lieblich ausgefallen; Unter allen Findest du das schönste Theil. Fahr in Eil, Und bleib im zerspaltnen Hertzen Des
Theurer Heyland! ſage mir: Wie gerath ich arme Made Zu der Gnade, Daß du meiner Kinder Laſt Selbſt erfaßt? Denn ſie kan ſo bald nicht druͤcken, So befreyſt du meinen Ruͤcken, Den du ſonſt beladen haſt. Theodora Charitas War zwar eins der ungemeinen Edlen Kleinen, Jhrer Huͤtte engen Raum Merckt man kaum, Und ihr Kinder-Sinn und Wille Reget ſich in ſolcher Stille, Daß man denckt, es ſey ein Traum. Eben drum, du theures Hertz! Spricht der Hirt der kleinen Schafe: Dorel ſchlafe; Weil es ewig Schade waͤr, Wenn die Ehr Einer unbefleckten Seele, Uber der Gefahr der Hoͤle, Sich ein einigs mal verloͤhr. Falle hurtig, vierdtes Looß, So mir lieblich ausgefallen; Unter allen Findeſt du das ſchoͤnſte Theil. Fahr in Eil, Und bleib im zerſpaltnen Hertzen Des
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1732.
Aus der Hoͤhle,
Und aus alle ihrem Drang,
Auffwaͤrts ſchwang;
Dieſer Stimme ſtilles Thoͤnen,
Und der Theodore Kroͤnen,
Waren ein Zuſammenhang.
Theurer Heyland! ſage mir:
Wie gerath ich arme Made
Zu der Gnade,
Daß du meiner Kinder Laſt
Selbſt erfaßt?
Denn ſie kan ſo bald nicht druͤcken,
So befreyſt du meinen Ruͤcken,
Den du ſonſt beladen haſt.
Theodora Charitas
War zwar eins der ungemeinen
Edlen Kleinen,
Jhrer Huͤtte engen Raum
Merckt man kaum,
Und ihr Kinder-Sinn und Wille
Reget ſich in ſolcher Stille,
Daß man denckt, es ſey ein Traum.
Eben drum, du theures Hertz!
Spricht der Hirt der kleinen Schafe:
Dorel ſchlafe;
Weil es ewig Schade waͤr,
Wenn die Ehr
Einer unbefleckten Seele,
Uber der Gefahr der Hoͤle,
Sich ein einigs mal verloͤhr.
Falle hurtig, vierdtes Looß,
So mir lieblich ausgefallen;
Unter allen
Findeſt du das ſchoͤnſte Theil.
Fahr in Eil,
Und bleib im zerſpaltnen Hertzen
Des
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Zitationshilfe: | Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/274>, abgerufen am 16.02.2025. |