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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

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1732.

Allein es wartete ein Schicksal auf mein Hauß,
Ein meiner Kinder Baar, schon sonst gegönnter Seegen
(Ein Märtrer, den der HErr aus Band und Fesseln rückt,

Mein theurer Nitzschmann ward mit Friedrichen (+) be-
schickt,)

Gedacht ichs, lieber Sohn, als mein erfreuter Sinn
Dich in das grünende Behältniß eingeschoben:
Es käm in kurtzer Zeit ein junger Held dahin,
Dir sey darauff dein Lied, mir Thränen aufgehoben,
Gedacht ich das von Dir, du Gnaden-voller Geist,
Der seiner Hütten Band so eilende zerreißt?
Wär ich der Neuerung ein wenig zugethan,
Und bliebe nicht so gern bey alten guten Sitten;
So gäb ich dieses mahl gewiß die Frage an:
Warum der Linner schon aus seinem Ort geschritten?
Doch HErr, es kehrte sich dein Eingeweide um,Joh. 11
Wenn ich so untreu wär, und fragte dich: Warum?
Mein Alles, hast du mich, so nimm auch diesen Theil
Von meinem (HErr du weißts!) dir zugestorbnen Hertzen,
Die Creatur wars nicht, um die ich eine Weil
Mit deiner Seele rang, (nicht ohne allen Schmertzen,)
Jhr Kinder, Linner stirbt! Erkennt ihr eure Noth,
Der GOtt Eliä lebt. (++) Was red ich? Wer ist todt?
CVII.
(+) Die Gedächtniß-Predigt des sel. Melchior Nitzschmann, wel-
cher im Kercker zu Schildberg an eben der Kranckheit, daran
dieser verschieden ist, eingeschlafen war, (eine Kranckheit,
welche ihm die vor 5. Jahren erlittene Marter zuwege ge-
bracht) und die Begäugniß, Graff Christian Friedrichs,
wurde zugleich gehälten.
(++) Das war unsre Losung an dem Tage seines sel. Ablebens, wel-
ches der 30. Jun. war, zu welchem er etliche Tage zuvor sich
in das vorjährige Losungs-Büchlein mit folgenden Worten
eingeschrieben: Mein gantz Hertze, mein gantzer Sinn ist
auf JEsum gerichtet. Und ist merckwürdig, daß der Ort
Hiob 7, 2. gleich daneben gedruckt stehet.

1732.

Allein es wartete ein Schickſal auf mein Hauß,
Ein meiner Kinder Baar, ſchon ſonſt gegoͤnnter Seegen
(Ein Maͤrtrer, den der HErr aus Band und Feſſeln ruͤckt,

Mein theurer Nitzſchmann ward mit Friedrichen (†) be-
ſchickt,)

Gedacht ichs, lieber Sohn, als mein erfreuter Sinn
Dich in das gruͤnende Behaͤltniß eingeſchoben:
Es kaͤm in kurtzer Zeit ein junger Held dahin,
Dir ſey darauff dein Lied, mir Thraͤnen aufgehoben,
Gedacht ich das von Dir, du Gnaden-voller Geiſt,
Der ſeiner Huͤtten Band ſo eilende zerreißt?
Waͤr ich der Neuerung ein wenig zugethan,
Und bliebe nicht ſo gern bey alten guten Sitten;
So gaͤb ich dieſes mahl gewiß die Frage an:
Warum der Linner ſchon aus ſeinem Ort geſchritten?
Doch HErr, es kehrte ſich dein Eingeweide um,Joh. 11
Wenn ich ſo untreu waͤr, und fragte dich: Warum?
Mein Alles, haſt du mich, ſo nimm auch dieſen Theil
Von meinem (HErr du weißts!) dir zugeſtorbnen Hertzen,
Die Creatur wars nicht, um die ich eine Weil
Mit deiner Seele rang, (nicht ohne allen Schmertzen,)
Jhr Kinder, Linner ſtirbt! Erkennt ihr eure Noth,
Der GOtt Eliaͤ lebt. (††) Was red ich? Wer iſt todt?
CVII.
(†) Die Gedaͤchtniß-Predigt des ſel. Melchior Nitzſchmann, wel-
cher im Kercker zu Schildberg an eben der Kranckheit, daran
dieſer verſchieden iſt, eingeſchlafen war, (eine Kranckheit,
welche ihm die vor 5. Jahren erlittene Marter zuwege ge-
bracht) und die Begaͤugniß, Graff Chriſtian Friedrichs,
wurde zugleich gehaͤlten.
(††) Das war unſre Loſung an dem Tage ſeines ſel. Ablebens, wel-
ches der 30. Jun. war, zu welchem er etliche Tage zuvor ſich
in das vorjaͤhrige Loſungs-Buͤchlein mit folgenden Worten
eingeſchrieben: Mein gantz Hertze, mein gantzer Sinn iſt
auf JEſum gerichtet. Und iſt merckwuͤrdig, daß der Ort
Hiob 7, 2. gleich daneben gedruckt ſtehet.
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[255/0265] 1732. Allein es wartete ein Schickſal auf mein Hauß, Ein meiner Kinder Baar, ſchon ſonſt gegoͤnnter Seegen (Ein Maͤrtrer, den der HErr aus Band und Feſſeln ruͤckt, Mein theurer Nitzſchmann ward mit Friedrichen (†) be- ſchickt,) Gedacht ichs, lieber Sohn, als mein erfreuter Sinn Dich in das gruͤnende Behaͤltniß eingeſchoben: Es kaͤm in kurtzer Zeit ein junger Held dahin, Dir ſey darauff dein Lied, mir Thraͤnen aufgehoben, Gedacht ich das von Dir, du Gnaden-voller Geiſt, Der ſeiner Huͤtten Band ſo eilende zerreißt? Waͤr ich der Neuerung ein wenig zugethan, Und bliebe nicht ſo gern bey alten guten Sitten; So gaͤb ich dieſes mahl gewiß die Frage an: Warum der Linner ſchon aus ſeinem Ort geſchritten? Doch HErr, es kehrte ſich dein Eingeweide um, Wenn ich ſo untreu waͤr, und fragte dich: Warum? Mein Alles, haſt du mich, ſo nimm auch dieſen Theil Von meinem (HErr du weißts!) dir zugeſtorbnen Hertzen, Die Creatur wars nicht, um die ich eine Weil Mit deiner Seele rang, (nicht ohne allen Schmertzen,) Jhr Kinder, Linner ſtirbt! Erkennt ihr eure Noth, Der GOtt Eliaͤ lebt. (††) Was red ich? Wer iſt todt? CVII. (†) Die Gedaͤchtniß-Predigt des ſel. Melchior Nitzſchmann, wel- cher im Kercker zu Schildberg an eben der Kranckheit, daran dieſer verſchieden iſt, eingeſchlafen war, (eine Kranckheit, welche ihm die vor 5. Jahren erlittene Marter zuwege ge- bracht) und die Begaͤugniß, Graff Chriſtian Friedrichs, wurde zugleich gehaͤlten. (††) Das war unſre Loſung an dem Tage ſeines ſel. Ablebens, wel- ches der 30. Jun. war, zu welchem er etliche Tage zuvor ſich in das vorjaͤhrige Loſungs-Buͤchlein mit folgenden Worten eingeſchrieben: Mein gantz Hertze, mein gantzer Sinn iſt auf JEſum gerichtet. Und iſt merckwuͤrdig, daß der Ort Hiob 7, 2. gleich daneben gedruckt ſtehet.

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Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/265>, abgerufen am 25.11.2024.