Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite

1729.

Sie haben mir ersetzt,
Was ich dahin geschätzt,
Durch ihren Dienst gehn eure Triebe.

Jch freue mich des festen Bands,
Das GOtt mit ihnen wollen binden,
Und ihres künft'gen Ehestands:
Jch sehe sie schon überwinden.
Erkennet doch, die solche seyn,
Jhr Brüder! freut euch ihrer Gaben,
Und du, o König der Gemein!
Von dessen Gnade wir sie haben:
Nimm ihrer Treue wahr.
Du aber, edles Paar!
Geh, werde durch den Geist versiegelt,
(Ein Fürst, der GOttes Pracht,

Versanck ins Abgrunds Nacht.
Er hatte sich in sich bespiegelt.)
LXXXII. Auf seines Sohns, Christian
Friedrichs, Entschlafen.
OBräutigam! der zwey verbundnen Hertzen,
Die dir das Pfand der Eh itzt eingereicht.
O du durch Angst und Schmach, und Todes Schmertzen,
Bewerther Freund! dein Liebes-Rath ist leicht,

Du forderst nichts, was man nicht hat,
Und giebst dich immer selbst ans eingebüßten Statt.
Eilf Monden sind bereits dahin gefahren;
Wir lebeten und unser Kind noch nicht:
Doch stunden wir schon seit geraumen Jahren,
Vor vieles Heyl in deiner Schuld und Pflicht:
Wir kauften Weitzen-Körner ein,
Um etwas dir zu Dienst auf Hofnung auszustreun.
Was giebt man doch dem Könige der Hertzen,
Das ihm so viel Gewinn als Mühe macht?
Es findet sich bey denen hellsten Kertzen,
Doch eine hie und da beschmitzte Pracht:
Wo

1729.

Sie haben mir erſetzt,
Was ich dahin geſchaͤtzt,
Durch ihren Dienſt gehn eure Triebe.

Jch freue mich des feſten Bands,
Das GOtt mit ihnen wollen binden,
Und ihres kuͤnft’gen Eheſtands:
Jch ſehe ſie ſchon uͤberwinden.
Erkennet doch, die ſolche ſeyn,
Jhr Bruͤder! freut euch ihrer Gaben,
Und du, o Koͤnig der Gemein!
Von deſſen Gnade wir ſie haben:
Nimm ihrer Treue wahr.
Du aber, edles Paar!
Geh, werde durch den Geiſt verſiegelt,
(Ein Fuͤrſt, der GOttes Pracht,

Verſanck ins Abgrunds Nacht.
Er hatte ſich in ſich beſpiegelt.)
LXXXII. Auf ſeines Sohns, Chriſtian
Friedrichs, Entſchlafen.
OBraͤutigam! der zwey verbundnen Hertzen,
Die dir das Pfand der Eh itzt eingereicht.
O du durch Angſt und Schmach, und Todes Schmertzen,
Bewerther Freund! dein Liebes-Rath iſt leicht,

Du forderſt nichts, was man nicht hat,
Und giebſt dich immer ſelbſt ans eingebuͤßten Statt.
Eilf Monden ſind bereits dahin gefahren;
Wir lebeten und unſer Kind noch nicht:
Doch ſtunden wir ſchon ſeit geraumen Jahren,
Vor vieles Heyl in deiner Schuld und Pflicht:
Wir kauften Weitzen-Koͤrner ein,
Um etwas dir zu Dienſt auf Hofnung auszuſtreun.
Was giebt man doch dem Koͤnige der Hertzen,
Das ihm ſo viel Gewinn als Muͤhe macht?
Es findet ſich bey denen hellſten Kertzen,
Doch eine hie und da beſchmitzte Pracht:
Wo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <lg type="poem">
          <lg n="107">
            <l>
              <pb facs="#f0201" n="191"/>
              <fw place="top" type="header">1729.</fw>
            </l><lb/>
            <l>Sie haben mir er&#x017F;etzt,</l><lb/>
            <l>Was ich dahin ge&#x017F;cha&#x0364;tzt,</l><lb/>
            <l>Durch ihren Dien&#x017F;t gehn eure Triebe.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="108">
            <l>Jch freue mich des fe&#x017F;ten Bands,</l><lb/>
            <l>Das GOtt mit ihnen wollen binden,</l><lb/>
            <l>Und ihres ku&#x0364;nft&#x2019;gen Ehe&#x017F;tands:</l><lb/>
            <l>Jch &#x017F;ehe &#x017F;ie &#x017F;chon u&#x0364;berwinden.</l><lb/>
            <l>Erkennet doch, die &#x017F;olche &#x017F;eyn,</l><lb/>
            <l>Jhr Bru&#x0364;der! freut euch ihrer Gaben,</l><lb/>
            <l>Und du, o Ko&#x0364;nig der Gemein!</l><lb/>
            <l>Von de&#x017F;&#x017F;en Gnade wir &#x017F;ie haben:</l><lb/>
            <l>Nimm ihrer Treue wahr.</l><lb/>
            <l>Du aber, <hi rendition="#fr">edles Paar!</hi></l><lb/>
            <l>Geh, werde durch den Gei&#x017F;t ver&#x017F;iegelt,<lb/>
(Ein Fu&#x0364;r&#x017F;t, der GOttes Pracht,</l><lb/>
            <l>Ver&#x017F;anck ins Abgrunds Nacht.</l><lb/>
            <l>Er hatte &#x017F;ich in &#x017F;ich be&#x017F;piegelt.)</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#aq">LXXXII.</hi> <hi rendition="#b">Auf &#x017F;eines Sohns, Chri&#x017F;tian<lb/>
Friedrichs, Ent&#x017F;chlafen.</hi> </head><lb/>
          <lg n="109">
            <l><hi rendition="#in">O</hi>Bra&#x0364;utigam! der zwey verbundnen Hertzen,</l><lb/>
            <l>Die dir das Pfand der Eh itzt eingereicht.</l><lb/>
            <l>O du durch Ang&#x017F;t und Schmach, und Todes Schmertzen,<lb/><hi rendition="#fr">Bewerther Freund!</hi> dein Liebes-Rath i&#x017F;t leicht,</l><lb/>
            <l>Du forder&#x017F;t nichts, was man nicht hat,</l><lb/>
            <l>Und gieb&#x017F;t dich immer &#x017F;elb&#x017F;t ans eingebu&#x0364;ßten Statt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="110">
            <l>Eilf Monden &#x017F;ind bereits dahin gefahren;</l><lb/>
            <l>Wir lebeten und un&#x017F;er Kind noch nicht:</l><lb/>
            <l>Doch &#x017F;tunden wir &#x017F;chon &#x017F;eit geraumen Jahren,</l><lb/>
            <l>Vor vieles Heyl in deiner Schuld und Pflicht:</l><lb/>
            <l>Wir kauften Weitzen-Ko&#x0364;rner ein,</l><lb/>
            <l>Um etwas dir zu Dien&#x017F;t auf Hofnung auszu&#x017F;treun.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="111">
            <l>Was giebt man doch dem Ko&#x0364;nige der Hertzen,</l><lb/>
            <l>Das ihm &#x017F;o viel Gewinn als Mu&#x0364;he macht?</l><lb/>
            <l>Es findet &#x017F;ich bey denen hell&#x017F;ten Kertzen,</l><lb/>
            <l>Doch eine hie und da be&#x017F;chmitzte Pracht:<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wo</fw><lb/></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191/0201] 1729. Sie haben mir erſetzt, Was ich dahin geſchaͤtzt, Durch ihren Dienſt gehn eure Triebe. Jch freue mich des feſten Bands, Das GOtt mit ihnen wollen binden, Und ihres kuͤnft’gen Eheſtands: Jch ſehe ſie ſchon uͤberwinden. Erkennet doch, die ſolche ſeyn, Jhr Bruͤder! freut euch ihrer Gaben, Und du, o Koͤnig der Gemein! Von deſſen Gnade wir ſie haben: Nimm ihrer Treue wahr. Du aber, edles Paar! Geh, werde durch den Geiſt verſiegelt, (Ein Fuͤrſt, der GOttes Pracht, Verſanck ins Abgrunds Nacht. Er hatte ſich in ſich beſpiegelt.) LXXXII. Auf ſeines Sohns, Chriſtian Friedrichs, Entſchlafen. OBraͤutigam! der zwey verbundnen Hertzen, Die dir das Pfand der Eh itzt eingereicht. O du durch Angſt und Schmach, und Todes Schmertzen, Bewerther Freund! dein Liebes-Rath iſt leicht, Du forderſt nichts, was man nicht hat, Und giebſt dich immer ſelbſt ans eingebuͤßten Statt. Eilf Monden ſind bereits dahin gefahren; Wir lebeten und unſer Kind noch nicht: Doch ſtunden wir ſchon ſeit geraumen Jahren, Vor vieles Heyl in deiner Schuld und Pflicht: Wir kauften Weitzen-Koͤrner ein, Um etwas dir zu Dienſt auf Hofnung auszuſtreun. Was giebt man doch dem Koͤnige der Hertzen, Das ihm ſo viel Gewinn als Muͤhe macht? Es findet ſich bey denen hellſten Kertzen, Doch eine hie und da beſchmitzte Pracht: Wo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/201
Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/201>, abgerufen am 28.11.2024.