Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite

1728.

Jch sorgete vor Speiß und Kleid,
Für mich, und die ich nähren müssen.
Jtzt bin ich Gnaden-loß,
Am Geiste blind und bloß:
Mein Dienst wars opus operatum.
Die Tauf ist längst vorbey,
Der Gnaden-Bund entzwey;
Mit Schrecken wart ich auf mein Fatum.

Der gute Saame liegt erstickt,
Weil ihn die Dörner überwachsen;
Und eh ich weiter fortgerückt,
Zerbrechen meines Leibes Achsen.
Jch sehe mich in meinem Blut,
Jch weiß mich selber nicht zu waschen:
Darüber fällt mir Hertz und Muth.
Der letzte Feind wird mich erhaschen!
Du aber, dem der Tod
Des Sünders eine Noth,
Und seine Rettung eine Freude,
Ach! schau mich armen Mann
Mit Gnaden-Augen an,
Und stütze mein zerlechtzt Gebäude!
Ach HErr! du Majestätischer,
Du schrecklicher und grosser König;
Du aber auch so freundlicher,
Dem eine Seele nicht zu wenig;
Laß mich durch deinen lieben Sohn
Die ewige Erlösung finden:
Jn ihm, dem wahren Gnaden-Thron,
Laß mich den Hofnungs-Ancker gründen.
Weil aber JEsu Blut
Nur denen Hülffe thut,
Die in dem Licht, wie er ist, wandeln:
So schencke mir doch nur
Die neue Creatur,
Denn, womit wolt ich sie erhandeln?
Mein
K

1728.

Jch ſorgete vor Speiß und Kleid,
Fuͤr mich, und die ich naͤhren muͤſſen.
Jtzt bin ich Gnaden-loß,
Am Geiſte blind und bloß:
Mein Dienſt wars opus operatum.
Die Tauf iſt laͤngſt vorbey,
Der Gnaden-Bund entzwey;
Mit Schrecken wart ich auf mein Fatum.

Der gute Saame liegt erſtickt,
Weil ihn die Doͤrner uͤberwachſen;
Und eh ich weiter fortgeruͤckt,
Zerbrechen meines Leibes Achſen.
Jch ſehe mich in meinem Blut,
Jch weiß mich ſelber nicht zu waſchen:
Daruͤber faͤllt mir Hertz und Muth.
Der letzte Feind wird mich erhaſchen!
Du aber, dem der Tod
Des Suͤnders eine Noth,
Und ſeine Rettung eine Freude,
Ach! ſchau mich armen Mann
Mit Gnaden-Augen an,
Und ſtuͤtze mein zerlechtzt Gebaͤude!
Ach HErr! du Majeſtaͤtiſcher,
Du ſchrecklicher und groſſer Koͤnig;
Du aber auch ſo freundlicher,
Dem eine Seele nicht zu wenig;
Laß mich durch deinen lieben Sohn
Die ewige Erloͤſung finden:
Jn ihm, dem wahren Gnaden-Thron,
Laß mich den Hofnungs-Ancker gruͤnden.
Weil aber JEſu Blut
Nur denen Huͤlffe thut,
Die in dem Licht, wie er iſt, wandeln:
So ſchencke mir doch nur
Die neue Creatur,
Denn, womit wolt ich ſie erhandeln?
Mein
K
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <lg type="poem">
          <lg n="2">
            <l>
              <pb facs="#f0155" n="145"/>
              <fw place="top" type="header">1728.</fw>
            </l><lb/>
            <l>Jch &#x017F;orgete vor Speiß und Kleid,</l><lb/>
            <l>Fu&#x0364;r mich, und die ich na&#x0364;hren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
            <l>Jtzt bin ich Gnaden-loß,</l><lb/>
            <l>Am Gei&#x017F;te blind und bloß:</l><lb/>
            <l>Mein Dien&#x017F;t wars opus operatum.</l><lb/>
            <l>Die Tauf i&#x017F;t la&#x0364;ng&#x017F;t vorbey,</l><lb/>
            <l>Der Gnaden-Bund entzwey;</l><lb/>
            <l>Mit Schrecken wart ich auf mein Fatum.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>Der gute Saame liegt er&#x017F;tickt,</l><lb/>
            <l>Weil ihn die Do&#x0364;rner u&#x0364;berwach&#x017F;en;</l><lb/>
            <l>Und eh ich weiter fortgeru&#x0364;ckt,</l><lb/>
            <l>Zerbrechen meines Leibes Ach&#x017F;en.</l><lb/>
            <l>Jch &#x017F;ehe mich in meinem Blut,</l><lb/>
            <l>Jch weiß mich &#x017F;elber nicht zu wa&#x017F;chen:</l><lb/>
            <l>Daru&#x0364;ber fa&#x0364;llt mir Hertz und Muth.</l><lb/>
            <l>Der letzte Feind wird mich erha&#x017F;chen!</l><lb/>
            <l>Du aber, dem der Tod</l><lb/>
            <l>Des Su&#x0364;nders eine Noth,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;eine Rettung eine Freude,</l><lb/>
            <l>Ach! &#x017F;chau mich armen Mann</l><lb/>
            <l>Mit Gnaden-Augen an,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;tu&#x0364;tze mein zerlechtzt Geba&#x0364;ude!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="4">
            <l>Ach HErr! du Maje&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;cher,</l><lb/>
            <l>Du &#x017F;chrecklicher und gro&#x017F;&#x017F;er Ko&#x0364;nig;</l><lb/>
            <l>Du aber auch &#x017F;o freundlicher,</l><lb/>
            <l>Dem eine Seele nicht zu wenig;</l><lb/>
            <l>Laß mich durch deinen lieben Sohn</l><lb/>
            <l>Die ewige Erlo&#x0364;&#x017F;ung finden:</l><lb/>
            <l>Jn ihm, dem wahren Gnaden-Thron,</l><lb/>
            <l>Laß mich den Hofnungs-Ancker gru&#x0364;nden.</l><lb/>
            <l>Weil aber JE&#x017F;u Blut</l><lb/>
            <l>Nur denen Hu&#x0364;lffe thut,</l><lb/>
            <l>Die in dem Licht, wie er i&#x017F;t, wandeln:</l><lb/>
            <l>So &#x017F;chencke mir doch nur</l><lb/>
            <l>Die neue Creatur,</l><lb/>
            <l>Denn, womit wolt ich &#x017F;ie erhandeln?</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">K</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Mein</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0155] 1728. Jch ſorgete vor Speiß und Kleid, Fuͤr mich, und die ich naͤhren muͤſſen. Jtzt bin ich Gnaden-loß, Am Geiſte blind und bloß: Mein Dienſt wars opus operatum. Die Tauf iſt laͤngſt vorbey, Der Gnaden-Bund entzwey; Mit Schrecken wart ich auf mein Fatum. Der gute Saame liegt erſtickt, Weil ihn die Doͤrner uͤberwachſen; Und eh ich weiter fortgeruͤckt, Zerbrechen meines Leibes Achſen. Jch ſehe mich in meinem Blut, Jch weiß mich ſelber nicht zu waſchen: Daruͤber faͤllt mir Hertz und Muth. Der letzte Feind wird mich erhaſchen! Du aber, dem der Tod Des Suͤnders eine Noth, Und ſeine Rettung eine Freude, Ach! ſchau mich armen Mann Mit Gnaden-Augen an, Und ſtuͤtze mein zerlechtzt Gebaͤude! Ach HErr! du Majeſtaͤtiſcher, Du ſchrecklicher und groſſer Koͤnig; Du aber auch ſo freundlicher, Dem eine Seele nicht zu wenig; Laß mich durch deinen lieben Sohn Die ewige Erloͤſung finden: Jn ihm, dem wahren Gnaden-Thron, Laß mich den Hofnungs-Ancker gruͤnden. Weil aber JEſu Blut Nur denen Huͤlffe thut, Die in dem Licht, wie er iſt, wandeln: So ſchencke mir doch nur Die neue Creatur, Denn, womit wolt ich ſie erhandeln? Mein K

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/155
Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/155>, abgerufen am 27.11.2024.