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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

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1726.
O Majestät! darf ich mich unterwinden,
So zeig ich mich zuerst, als deine Braut.
Der Knecht wird auch was zu erzehlen finden,
Was du durch ihn geredt, gezahlt, gebaut.
Doch deine Bräutgams-Triebe, du auserwehlte Liebe!
Gehn allen andern vor.
Was wärs, wenn mich mein Werck vor Menschen hübe,
Und hätt' an dir gehandelt, als ein Thor?
Du hast mich zwar nicht gleich, doch bald gebunden,
Und von der Zeit blieb dir mein Hertze treu;
Da deine Kraft den Zweiffel überwunden,
Umarmte dich mein Glauben ohne Scheu.
Und der getreue Hüter der himmlischen Gemüther,
Der Geist der Herrlichkeit,

Verschloß vor mir die Welt und ihre Güter,
Und that mir auf die Thür der Gnaden-Zeit.
Jch hieß gelehrt, ich hatte viel gesehen,
Der Menschen Gunst und Gaben hatt' ich auch:
Doch das zerstob vor deines Geistes Wehen.
Diß lehrte mich des Himmel-Reichs Gebrauch:
Wo eigne Kraft begraben, und wo wir nichts mehr haben,
Als aus des Königs Hand;
Erzeigen sich zum Nutz besondre Gaben,
Die werden mit dem Geist herab gesandt.
Kaum brachte mich mein Hüter in die Kammer,
So sah ich dich am Creutz, mein Bräntigam:
Mein Hertze ward auf diesen Blick voll Jammer;
Denn ich verdiente ja den rauhen Stamm.
Ey, dacht ich, treue Liebe! so oft ich böses übe,
Empfindst du neue Pein?
Hinweg mit euch, ihr mörderischen Triebe,
Jch will ein Knecht der heilgen Liebe seyn!
So wolle nichts, erinnerte mein Meister,
So werd ein Kind so thu die Augen zu,

So wirf dich hin dem Vater aller Geister,
Und eh er würckt, so bleib in stiller Ruh.
Verlerne die Gelahrheit, und suche meine Klarheit,
So
1726.
O Majeſtaͤt! darf ich mich unterwinden,
So zeig ich mich zuerſt, als deine Braut.
Der Knecht wird auch was zu erzehlen finden,
Was du durch ihn geredt, gezahlt, gebaut.
Doch deine Braͤutgams-Triebe, du auserwehlte Liebe!
Gehn allen andern vor.
Was waͤrs, wenn mich mein Werck vor Menſchen huͤbe,
Und haͤtt’ an dir gehandelt, als ein Thor?
Du haſt mich zwar nicht gleich, doch bald gebunden,
Und von der Zeit blieb dir mein Hertze treu;
Da deine Kraft den Zweiffel uͤberwunden,
Umarmte dich mein Glauben ohne Scheu.
Und der getreue Huͤter der himmliſchen Gemuͤther,
Der Geiſt der Herrlichkeit,

Verſchloß vor mir die Welt und ihre Guͤter,
Und that mir auf die Thuͤr der Gnaden-Zeit.
Jch hieß gelehrt, ich hatte viel geſehen,
Der Menſchen Gunſt und Gaben hatt’ ich auch:
Doch das zerſtob vor deines Geiſtes Wehen.
Diß lehrte mich des Himmel-Reichs Gebrauch:
Wo eigne Kraft begraben, und wo wir nichts mehr haben,
Als aus des Koͤnigs Hand;
Erzeigen ſich zum Nutz beſondre Gaben,
Die werden mit dem Geiſt herab geſandt.
Kaum brachte mich mein Huͤter in die Kammer,
So ſah ich dich am Creutz, mein Braͤntigam:
Mein Hertze ward auf dieſen Blick voll Jammer;
Denn ich verdiente ja den rauhen Stamm.
Ey, dacht ich, treue Liebe! ſo oft ich boͤſes uͤbe,
Empfindſt du neue Pein?
Hinweg mit euch, ihr moͤrderiſchen Triebe,
Jch will ein Knecht der heilgen Liebe ſeyn!
So wolle nichts, erinnerte mein Meiſter,
So werd ein Kind ſo thu die Augen zu,

So wirf dich hin dem Vater aller Geiſter,
Und eh er wuͤrckt, ſo bleib in ſtiller Ruh.
Verlerne die Gelahrheit, und ſuche meine Klarheit,
So
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[130/0140] 1726. O Majeſtaͤt! darf ich mich unterwinden, So zeig ich mich zuerſt, als deine Braut. Der Knecht wird auch was zu erzehlen finden, Was du durch ihn geredt, gezahlt, gebaut. Doch deine Braͤutgams-Triebe, du auserwehlte Liebe! Gehn allen andern vor. Was waͤrs, wenn mich mein Werck vor Menſchen huͤbe, Und haͤtt’ an dir gehandelt, als ein Thor? Du haſt mich zwar nicht gleich, doch bald gebunden, Und von der Zeit blieb dir mein Hertze treu; Da deine Kraft den Zweiffel uͤberwunden, Umarmte dich mein Glauben ohne Scheu. Und der getreue Huͤter der himmliſchen Gemuͤther, Der Geiſt der Herrlichkeit, Verſchloß vor mir die Welt und ihre Guͤter, Und that mir auf die Thuͤr der Gnaden-Zeit. Jch hieß gelehrt, ich hatte viel geſehen, Der Menſchen Gunſt und Gaben hatt’ ich auch: Doch das zerſtob vor deines Geiſtes Wehen. Diß lehrte mich des Himmel-Reichs Gebrauch: Wo eigne Kraft begraben, und wo wir nichts mehr haben, Als aus des Koͤnigs Hand; Erzeigen ſich zum Nutz beſondre Gaben, Die werden mit dem Geiſt herab geſandt. Kaum brachte mich mein Huͤter in die Kammer, So ſah ich dich am Creutz, mein Braͤntigam: Mein Hertze ward auf dieſen Blick voll Jammer; Denn ich verdiente ja den rauhen Stamm. Ey, dacht ich, treue Liebe! ſo oft ich boͤſes uͤbe, Empfindſt du neue Pein? Hinweg mit euch, ihr moͤrderiſchen Triebe, Jch will ein Knecht der heilgen Liebe ſeyn! So wolle nichts, erinnerte mein Meiſter, So werd ein Kind ſo thu die Augen zu, So wirf dich hin dem Vater aller Geiſter, Und eh er wuͤrckt, ſo bleib in ſtiller Ruh. Verlerne die Gelahrheit, und ſuche meine Klarheit, So

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Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/140>, abgerufen am 24.11.2024.