Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite

1726.

Giebt wenig Lieblichkeit zurück,
Und scheint uns allzusehr gezwungen,
Was unser eigner Rath mit Müh ersonnen hat,
Was unsre eigne Faust erkämpfet,
Fühlt ein geschwächter Geist,
Die Hand ist matt, und schweißt,
Drum ist die Armuth sehr gedämpfet.

Die Freude, die der Freuden-Quell
Uns diesen Abend über gönnet,
Hat denn erst ihre rechte Stell,
Wenn sie auf Hertz-Altären brennet:
Da wird das allerhöchste Gut
Jn allen Gaben recht geschmeck't,
Allda wird der geheimste Muth
Jn Lieb entflammt, zum Lob erweck't;
Die dem Jmmanuel zur Magd erkaufte Seel
Eilt aus der Wüsten ihrer Stille,
Steigt auf nach Geistes Brauch,
Als ein gerader Rauch,
Jhr Liebes-Ernst steht in der Fülle.
Nur unsre Hertzen sollen sich
An diesem Abende verbinden,
Jhr Gut und Wollust ewiglich
Jn dir zu suchen und zu finden.
Wir werden unsrer Trägheit gram,
Und unserm losen Bogen spannen.
Dem Freunde, der ins Elend kam,
Und ließ sich GOtt für uns verbannen,
Dem sey der gantze Muth,
Dem werde Leib und Blut
Zum ewigen Besitz ergeben!
Mein Heyland! hebe dann
Von diesem Tage an
Noch mächtiger in uns zu leben!
XLIX. Auf Herrn Graf Henckels Jahrs-Tag.
DU ewiger Abgrund der seligen Liebe
Jn JEsu Christo aufgethan,
Wie

1726.

Giebt wenig Lieblichkeit zuruͤck,
Und ſcheint uns allzuſehr gezwungen,
Was unſer eigner Rath mit Muͤh erſonnen hat,
Was unſre eigne Fauſt erkaͤmpfet,
Fuͤhlt ein geſchwaͤchter Geiſt,
Die Hand iſt matt, und ſchweißt,
Drum iſt die Armuth ſehr gedaͤmpfet.

Die Freude, die der Freuden-Quell
Uns dieſen Abend uͤber goͤnnet,
Hat denn erſt ihre rechte Stell,
Wenn ſie auf Hertz-Altaͤren brennet:
Da wird das allerhoͤchſte Gut
Jn allen Gaben recht geſchmeck’t,
Allda wird der geheimſte Muth
Jn Lieb entflammt, zum Lob erweck’t;
Die dem Jmmanuel zur Magd erkaufte Seel
Eilt aus der Wuͤſten ihrer Stille,
Steigt auf nach Geiſtes Brauch,
Als ein gerader Rauch,
Jhr Liebes-Ernſt ſteht in der Fuͤlle.
Nur unſre Hertzen ſollen ſich
An dieſem Abende verbinden,
Jhr Gut und Wolluſt ewiglich
Jn dir zu ſuchen und zu finden.
Wir werden unſrer Traͤgheit gram,
Und unſerm loſen Bogen ſpannen.
Dem Freunde, der ins Elend kam,
Und ließ ſich GOtt fuͤr uns verbannen,
Dem ſey der gantze Muth,
Dem werde Leib und Blut
Zum ewigen Beſitz ergeben!
Mein Heyland! hebe dann
Von dieſem Tage an
Noch maͤchtiger in uns zu leben!
XLIX. Auf Herrn Graf Henckels Jahrs-Tag.
DU ewiger Abgrund der ſeligen Liebe
Jn JEſu Chriſto aufgethan,
Wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <lg type="poem">
          <lg n="64">
            <l>
              <pb facs="#f0126" n="116"/>
              <fw place="top" type="header">1726.</fw>
            </l><lb/>
            <l>Giebt wenig Lieblichkeit zuru&#x0364;ck,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;cheint uns allzu&#x017F;ehr gezwungen,</l><lb/>
            <l>Was un&#x017F;er eigner Rath mit Mu&#x0364;h er&#x017F;onnen hat,</l><lb/>
            <l>Was un&#x017F;re eigne Fau&#x017F;t erka&#x0364;mpfet,</l><lb/>
            <l>Fu&#x0364;hlt ein ge&#x017F;chwa&#x0364;chter Gei&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Die Hand i&#x017F;t matt, und &#x017F;chweißt,</l><lb/>
            <l>Drum i&#x017F;t die Armuth &#x017F;ehr geda&#x0364;mpfet.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="65">
            <l>Die Freude, die der Freuden-Quell</l><lb/>
            <l>Uns die&#x017F;en Abend u&#x0364;ber go&#x0364;nnet,</l><lb/>
            <l>Hat denn er&#x017F;t ihre rechte Stell,</l><lb/>
            <l>Wenn &#x017F;ie auf Hertz-Alta&#x0364;ren brennet:</l><lb/>
            <l>Da wird das allerho&#x0364;ch&#x017F;te Gut</l><lb/>
            <l>Jn allen Gaben recht ge&#x017F;chmeck&#x2019;t,</l><lb/>
            <l>Allda wird der geheim&#x017F;te Muth</l><lb/>
            <l>Jn Lieb entflammt, zum Lob erweck&#x2019;t;</l><lb/>
            <l>Die dem Jmmanuel zur Magd erkaufte Seel</l><lb/>
            <l>Eilt aus der Wu&#x0364;&#x017F;ten ihrer Stille,</l><lb/>
            <l>Steigt auf nach Gei&#x017F;tes Brauch,</l><lb/>
            <l>Als ein gerader Rauch,</l><lb/>
            <l>Jhr Liebes-Ern&#x017F;t &#x017F;teht in der Fu&#x0364;lle.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="66">
            <l>Nur un&#x017F;re Hertzen &#x017F;ollen &#x017F;ich</l><lb/>
            <l>An die&#x017F;em Abende verbinden,</l><lb/>
            <l>Jhr Gut und Wollu&#x017F;t ewiglich</l><lb/>
            <l>Jn dir zu &#x017F;uchen und zu finden.</l><lb/>
            <l>Wir werden un&#x017F;rer Tra&#x0364;gheit gram,</l><lb/>
            <l>Und un&#x017F;erm lo&#x017F;en Bogen &#x017F;pannen.</l><lb/>
            <l>Dem Freunde, der ins Elend kam,</l><lb/>
            <l>Und ließ &#x017F;ich GOtt fu&#x0364;r uns verbannen,</l><lb/>
            <l>Dem &#x017F;ey der gantze Muth,</l><lb/>
            <l>Dem werde Leib und Blut</l><lb/>
            <l>Zum ewigen Be&#x017F;itz ergeben!</l><lb/>
            <l>Mein Heyland! hebe dann</l><lb/>
            <l>Von die&#x017F;em Tage an</l><lb/>
            <l>Noch ma&#x0364;chtiger in uns zu leben!</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#aq">XLIX.</hi> <hi rendition="#b">Auf Herrn Graf Henckels Jahrs-Tag.</hi> </head><lb/>
          <lg n="67">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>U ewiger Abgrund der &#x017F;eligen Liebe</l><lb/>
            <l>Jn JE&#x017F;u Chri&#x017F;to aufgethan,</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116/0126] 1726. Giebt wenig Lieblichkeit zuruͤck, Und ſcheint uns allzuſehr gezwungen, Was unſer eigner Rath mit Muͤh erſonnen hat, Was unſre eigne Fauſt erkaͤmpfet, Fuͤhlt ein geſchwaͤchter Geiſt, Die Hand iſt matt, und ſchweißt, Drum iſt die Armuth ſehr gedaͤmpfet. Die Freude, die der Freuden-Quell Uns dieſen Abend uͤber goͤnnet, Hat denn erſt ihre rechte Stell, Wenn ſie auf Hertz-Altaͤren brennet: Da wird das allerhoͤchſte Gut Jn allen Gaben recht geſchmeck’t, Allda wird der geheimſte Muth Jn Lieb entflammt, zum Lob erweck’t; Die dem Jmmanuel zur Magd erkaufte Seel Eilt aus der Wuͤſten ihrer Stille, Steigt auf nach Geiſtes Brauch, Als ein gerader Rauch, Jhr Liebes-Ernſt ſteht in der Fuͤlle. Nur unſre Hertzen ſollen ſich An dieſem Abende verbinden, Jhr Gut und Wolluſt ewiglich Jn dir zu ſuchen und zu finden. Wir werden unſrer Traͤgheit gram, Und unſerm loſen Bogen ſpannen. Dem Freunde, der ins Elend kam, Und ließ ſich GOtt fuͤr uns verbannen, Dem ſey der gantze Muth, Dem werde Leib und Blut Zum ewigen Beſitz ergeben! Mein Heyland! hebe dann Von dieſem Tage an Noch maͤchtiger in uns zu leben! XLIX. Auf Herrn Graf Henckels Jahrs-Tag. DU ewiger Abgrund der ſeligen Liebe Jn JEſu Chriſto aufgethan, Wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/126
Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/126>, abgerufen am 24.11.2024.