Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.1725. Jch habe schon gesagt, wenn meine Säyten klingen,Gescheh' es blosserdings die Freundschaft darzuthun: Bedarfst du aber Trost, den soll die Liebe bringen; Allein ich seh dich schon in ihrem Willen ruhn. Drum mache dieser Schrift, die ich verkürtzen muß, Nur dieser hertzliche und treue Wunsch den Schluß: Dein Erdman ist ins Reich der Himmel eingedrungen, So männlich, als es ihm dein theures Eh-Gemahl, Da sie beym letzten Kampf ihr Schwanen-Lied gesungen, Aus mütterlicher Macht, im Glauben anbefahl. Du Tochter bleibe nun des HErren JEsu Lamm, Und du, mein Bruder! bleib ein Freund vom Bräutigam. XXXVII. Uber die Ruhe des Gemüths. WJewol ist einer solchen Seele! Die JEsum Christum in sich hat! Wird gleich die äußre Liebes-Höhle Von mancher Arbeit müd und matt; So steht der Geist doch ungebunden, Und hat den Quell der Freude funden: Und zwar die Freud in süsser Still; Denn das ist eine schlechte Freude, So lange man die Seelen-Weyde Jn lauter Unruh suchen will. Drum kan kein Menschen-Kind ergründen, Wie gut mans erst bey JEsu trift. Man schleppet sich mit seinen Sünden, Man isset überzuckert Gift, Und meynt, man hab es wohl getroffen, Wenn man sich endlich was erloffen, Das einer vor ein Glück erkennt. Allein, wer will uns glauben machen, Daß man auf Erden alle Sachen Bey ihrem rechten Nahmen nennt. Das weiß ich wol, wenn ein Studente, Der im Register noch zurück, Ein gutes Amt errennen könte, Das
1725. Jch habe ſchon geſagt, wenn meine Saͤyten klingen,Geſcheh’ es bloſſerdings die Freundſchaft darzuthun: Bedarfſt du aber Troſt, den ſoll die Liebe bringen; Allein ich ſeh dich ſchon in ihrem Willen ruhn. Drum mache dieſer Schrift, die ich verkuͤrtzen muß, Nur dieſer hertzliche und treue Wunſch den Schluß: Dein Erdman iſt ins Reich der Himmel eingedrungen, So maͤnnlich, als es ihm dein theures Eh-Gemahl, Da ſie beym letzten Kampf ihr Schwanen-Lied geſungen, Aus muͤtterlicher Macht, im Glauben anbefahl. Du Tochter bleibe nun des HErren JEſu Lamm, Und du, mein Bruder! bleib ein Freund vom Braͤutigam. XXXVII. Uber die Ruhe des Gemuͤths. WJewol iſt einer ſolchen Seele! Die JEſum Chriſtum in ſich hat! Wird gleich die aͤußre Liebes-Hoͤhle Von mancher Arbeit muͤd und matt; So ſteht der Geiſt doch ungebunden, Und hat den Quell der Freude funden: Und zwar die Freud in ſuͤſſer Still; Denn das iſt eine ſchlechte Freude, So lange man die Seelen-Weyde Jn lauter Unruh ſuchen will. Drum kan kein Menſchen-Kind ergruͤnden, Wie gut mans erſt bey JEſu trift. Man ſchleppet ſich mit ſeinen Suͤnden, Man iſſet uͤberzuckert Gift, Und meynt, man hab es wohl getroffen, Wenn man ſich endlich was erloffen, Das einer vor ein Gluͤck erkennt. Allein, wer will uns glauben machen, Daß man auf Erden alle Sachen Bey ihrem rechten Nahmen nennt. Das weiß ich wol, wenn ein Studente, Der im Regiſter noch zuruͤck, Ein gutes Amt errennen koͤnte, Das
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1725.
Jch habe ſchon geſagt, wenn meine Saͤyten klingen,
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Bedarfſt du aber Troſt, den ſoll die Liebe bringen;
Allein ich ſeh dich ſchon in ihrem Willen ruhn.
Drum mache dieſer Schrift, die ich verkuͤrtzen muß,
Nur dieſer hertzliche und treue Wunſch den Schluß:
Dein Erdman iſt ins Reich der Himmel eingedrungen,
So maͤnnlich, als es ihm dein theures Eh-Gemahl,
Da ſie beym letzten Kampf ihr Schwanen-Lied geſungen,
Aus muͤtterlicher Macht, im Glauben anbefahl.
Du Tochter bleibe nun des HErren JEſu Lamm,
Und du, mein Bruder! bleib ein Freund vom Braͤutigam.
XXXVII. Uber die Ruhe des Gemuͤths.
WJewol iſt einer ſolchen Seele!
Die JEſum Chriſtum in ſich hat!
Wird gleich die aͤußre Liebes-Hoͤhle
Von mancher Arbeit muͤd und matt;
So ſteht der Geiſt doch ungebunden,
Und hat den Quell der Freude funden:
Und zwar die Freud in ſuͤſſer Still;
Denn das iſt eine ſchlechte Freude,
So lange man die Seelen-Weyde
Jn lauter Unruh ſuchen will.
Drum kan kein Menſchen-Kind ergruͤnden,
Wie gut mans erſt bey JEſu trift.
Man ſchleppet ſich mit ſeinen Suͤnden,
Man iſſet uͤberzuckert Gift,
Und meynt, man hab es wohl getroffen,
Wenn man ſich endlich was erloffen,
Das einer vor ein Gluͤck erkennt.
Allein, wer will uns glauben machen,
Daß man auf Erden alle Sachen
Bey ihrem rechten Nahmen nennt.
Das weiß ich wol, wenn ein Studente,
Der im Regiſter noch zuruͤck,
Ein gutes Amt errennen koͤnte,
Das
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Zitationshilfe: | Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/102>, abgerufen am 05.07.2024. |