Ziegler, Franz Wilhelm: Saat und Ernte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 129–196. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.mehr alle Streitigkeiten über Welthändel in Mariens Gegenwart; auch ging der Müller öfter mit den Zeitungen zum Schmied, obgleich sonst ziemlich regelmäßig des Müllers Wohnung das Lesezimmer gewesen war. Dagegen kam mehr Besuch als sonst aus dem Dorfe und aus andern Gegenden, der aber fast stets zur Schmiede oder auf die Mühle geführt wurde. Des Schmieds Lehrbursche, derselbe, der von Vormundschaftswegen gezüchtigt war, war oft die letzten Tage der Woche auf Reisen, und Marie bemerkte, daß er sogar Abends über das Bruch nach Norden ging; denn der Knabe kannte die Oertlichkeit, als der gewandteste Sucher von Kiebitzeiern, so genau wie sein Herr, und war, seit dieser sich von der Jagd zurückzog, statt seiner auf dem See und in den Fennen mit der Flinte zu treffen. Die Strafe, die er empfangen, schien nicht gut auf ihn gewirkt zu haben; denn er war seitdem mehr vagabondirend geworden; sein Herr sah ihm mehr durch die Finger und behalf sich anderweit, wenn der Knabe fehlte. Er ging sehr häufig zur Stadt, und wenn er von dort zurückkam, gingen ihm der Müller und der Schmied entgegen, als könnten sie die Zeitungsblätter und Schriften nicht erwarten, welche der Knabe von dort zurückbrachte. Marie, die stets freundlich gegen ihn gewesen, wie dies gegen Jedermann ihre Art war, fand ihn jetzt weniger plauderhaft als sonst und konnte nichts darüber herausbringen, was ihn so geschäftig in die Gegend treibe. Eines Abends aber, mehr alle Streitigkeiten über Welthändel in Mariens Gegenwart; auch ging der Müller öfter mit den Zeitungen zum Schmied, obgleich sonst ziemlich regelmäßig des Müllers Wohnung das Lesezimmer gewesen war. Dagegen kam mehr Besuch als sonst aus dem Dorfe und aus andern Gegenden, der aber fast stets zur Schmiede oder auf die Mühle geführt wurde. Des Schmieds Lehrbursche, derselbe, der von Vormundschaftswegen gezüchtigt war, war oft die letzten Tage der Woche auf Reisen, und Marie bemerkte, daß er sogar Abends über das Bruch nach Norden ging; denn der Knabe kannte die Oertlichkeit, als der gewandteste Sucher von Kiebitzeiern, so genau wie sein Herr, und war, seit dieser sich von der Jagd zurückzog, statt seiner auf dem See und in den Fennen mit der Flinte zu treffen. Die Strafe, die er empfangen, schien nicht gut auf ihn gewirkt zu haben; denn er war seitdem mehr vagabondirend geworden; sein Herr sah ihm mehr durch die Finger und behalf sich anderweit, wenn der Knabe fehlte. Er ging sehr häufig zur Stadt, und wenn er von dort zurückkam, gingen ihm der Müller und der Schmied entgegen, als könnten sie die Zeitungsblätter und Schriften nicht erwarten, welche der Knabe von dort zurückbrachte. Marie, die stets freundlich gegen ihn gewesen, wie dies gegen Jedermann ihre Art war, fand ihn jetzt weniger plauderhaft als sonst und konnte nichts darüber herausbringen, was ihn so geschäftig in die Gegend treibe. Eines Abends aber, <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0036"/> mehr alle Streitigkeiten über Welthändel in Mariens Gegenwart; auch ging der Müller öfter mit den Zeitungen zum Schmied, obgleich sonst ziemlich regelmäßig des Müllers Wohnung das Lesezimmer gewesen war. Dagegen kam mehr Besuch als sonst aus dem Dorfe und aus andern Gegenden, der aber fast stets zur Schmiede oder auf die Mühle geführt wurde.</p><lb/> <p>Des Schmieds Lehrbursche, derselbe, der von Vormundschaftswegen gezüchtigt war, war oft die letzten Tage der Woche auf Reisen, und Marie bemerkte, daß er sogar Abends über das Bruch nach Norden ging; denn der Knabe kannte die Oertlichkeit, als der gewandteste Sucher von Kiebitzeiern, so genau wie sein Herr, und war, seit dieser sich von der Jagd zurückzog, statt seiner auf dem See und in den Fennen mit der Flinte zu treffen. Die Strafe, die er empfangen, schien nicht gut auf ihn gewirkt zu haben; denn er war seitdem mehr vagabondirend geworden; sein Herr sah ihm mehr durch die Finger und behalf sich anderweit, wenn der Knabe fehlte. Er ging sehr häufig zur Stadt, und wenn er von dort zurückkam, gingen ihm der Müller und der Schmied entgegen, als könnten sie die Zeitungsblätter und Schriften nicht erwarten, welche der Knabe von dort zurückbrachte. Marie, die stets freundlich gegen ihn gewesen, wie dies gegen Jedermann ihre Art war, fand ihn jetzt weniger plauderhaft als sonst und konnte nichts darüber herausbringen, was ihn so geschäftig in die Gegend treibe. Eines Abends aber,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0036]
mehr alle Streitigkeiten über Welthändel in Mariens Gegenwart; auch ging der Müller öfter mit den Zeitungen zum Schmied, obgleich sonst ziemlich regelmäßig des Müllers Wohnung das Lesezimmer gewesen war. Dagegen kam mehr Besuch als sonst aus dem Dorfe und aus andern Gegenden, der aber fast stets zur Schmiede oder auf die Mühle geführt wurde.
Des Schmieds Lehrbursche, derselbe, der von Vormundschaftswegen gezüchtigt war, war oft die letzten Tage der Woche auf Reisen, und Marie bemerkte, daß er sogar Abends über das Bruch nach Norden ging; denn der Knabe kannte die Oertlichkeit, als der gewandteste Sucher von Kiebitzeiern, so genau wie sein Herr, und war, seit dieser sich von der Jagd zurückzog, statt seiner auf dem See und in den Fennen mit der Flinte zu treffen. Die Strafe, die er empfangen, schien nicht gut auf ihn gewirkt zu haben; denn er war seitdem mehr vagabondirend geworden; sein Herr sah ihm mehr durch die Finger und behalf sich anderweit, wenn der Knabe fehlte. Er ging sehr häufig zur Stadt, und wenn er von dort zurückkam, gingen ihm der Müller und der Schmied entgegen, als könnten sie die Zeitungsblätter und Schriften nicht erwarten, welche der Knabe von dort zurückbrachte. Marie, die stets freundlich gegen ihn gewesen, wie dies gegen Jedermann ihre Art war, fand ihn jetzt weniger plauderhaft als sonst und konnte nichts darüber herausbringen, was ihn so geschäftig in die Gegend treibe. Eines Abends aber,
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Zitationshilfe: | Ziegler, Franz Wilhelm: Saat und Ernte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 129–196. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ziegler_ernte_1910/36>, abgerufen am 16.07.2024. |