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Zetkin, Clara: Zur Frage des Frauenwahlrechts. Bearbeitet nach dem Referat auf der Konferenz sozialistischer Frauen zu Mannheim. Dazu drei Anhänge: [...]. Berlin, 1907.

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geleugnet werden. Wahrheit und Gerechtigkeit aber müssen in allen
Fällen anerkannt und verwirklicht werden, welche Seite auch immer sie
fordern möge. Die Konservativen denken ohne allen Zweifel, daß die
Frauen in großer Mehrzahl für die Reaktion stimmen werden. Jch
glaube das nicht. Allein gesetzt den Fall, es träfe zu, müssen wir
Sozialisten doch trotz allem für das Recht der Frau eintreten. Jn der
Wissenschaft wie im Leben ist nichts schädlicher, im letzten Grunde, als
die Wahrheit den vermeintlichen Folgen unterordnen wollen, die sie
zeugen könnte.

Rubanowitsch und Kudrin, Vertreter der russischen re-
volutionären Sozialisten:

Unserer Meinung nach müssen die Sozialisten stets auf dem Boden
ihrer Prinzipien stehen und dürfen nicht die Verantwortlichkeit für
opportunistische Beschränkungen übernehmen, welche sich geltend machen
werden, solange die Wesenseigenschaften des Eigentums die bestehende
Gesellschaft beherrschen.

So sind wir in Rußland für das allgemeine Wahlrecht trotz des
Gejammers unserer ängstlichen Gegner, welche uns sagen, es würde
gefährlich sein, das Wahlrecht den ungebildeten Muschiks zu gewähren,
welche sich von Popen und den Werkzeugen des Absolutismus beherrschen
lassen.

Die Wahlen zur Duma haben den Reaktionären bereits eine Ent-
täuschung gebracht; die Wahlen für eine Konstituante würden ihnen noch
härtere Enttäuschungen bereiten.

Jn der heutigen Gesellschaft wird das demokratische Prinzip durch
die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen und durch allerhand
Ueberlebsel vergangener Zeiten gefälscht: Klerikalismus, Militarismus
und so weiter. Jn der Frauenfrage müssen wir uns auf den Boden der
Klassenlage des Proletariats stellen, dessen Angehörige ohne Unterschied
des Geschlechts ausgebeutet werden. Dann zeigt sich, daß die Frauen
die gleichen politischen Rechte besitzen müssen wie die Männer.

Wir müssen eine so kräftige und eindringliche Agitation entfalten,
daß die Vorteile der politischen Emanzipation des weiblichen Geschlechts
deren Nachteile sogar in der heutigen Gesellschaft überwiegen.

Die Partei der russischen revolutionären Sozialisten, wie alle
wahren sozialistischen Parteien, ist natürlich für das Wahlrecht, das
einzig und allein in Wirklichkeit den Namen des allgemeinen verdient:
das heißt für ein allgemeines aktives und passives Wahlrecht, das auch
auf die Frauen ausgedehnt ist. Sie fordert dieses Wahlrecht nicht aus
der gleichen Auffassung heraus wie die bürgerlichen Frauenrecht-
lerinnen, welche den sozialen Kampf der Klassen übersehen und wähnen,
daß die Frauenfrage gelöst sei, wenn die Frau wählen oder gewählt
werden könne. Sie steht vielmehr auf dem Boden der sozialistischen
Ueberzeugung, daß die Abschaffung des Privateigentums und die Er-
richtung der sozialistischen Ordnung die unerläßliche Voraussetzung für
die Lösung der Frauenfrage ist.

Denn nur in einer kommunistischen Ordnung, wo die Produktions-
mittel den Arbeitern beider Geschlechter gehören, kann die wahre Gleich-
heit der Gesellschaftsmitglieder beider Geschlechter Wirklichkeit werden.
Nur in einer solchen Ordnung kann das bedeutende Mißverhältnis
zwischen den Männerlöhnen und Frauenlöhnen verschwinden -- weil
die Lohnarbeit selbst nicht länger existiert --, ebenso die politische Un-

geleugnet werden. Wahrheit und Gerechtigkeit aber müssen in allen
Fällen anerkannt und verwirklicht werden, welche Seite auch immer sie
fordern möge. Die Konservativen denken ohne allen Zweifel, daß die
Frauen in großer Mehrzahl für die Reaktion stimmen werden. Jch
glaube das nicht. Allein gesetzt den Fall, es träfe zu, müssen wir
Sozialisten doch trotz allem für das Recht der Frau eintreten. Jn der
Wissenschaft wie im Leben ist nichts schädlicher, im letzten Grunde, als
die Wahrheit den vermeintlichen Folgen unterordnen wollen, die sie
zeugen könnte.

Rubanowitsch und Kudrin, Vertreter der russischen re-
volutionären Sozialisten:

Unserer Meinung nach müssen die Sozialisten stets auf dem Boden
ihrer Prinzipien stehen und dürfen nicht die Verantwortlichkeit für
opportunistische Beschränkungen übernehmen, welche sich geltend machen
werden, solange die Wesenseigenschaften des Eigentums die bestehende
Gesellschaft beherrschen.

So sind wir in Rußland für das allgemeine Wahlrecht trotz des
Gejammers unserer ängstlichen Gegner, welche uns sagen, es würde
gefährlich sein, das Wahlrecht den ungebildeten Muschiks zu gewähren,
welche sich von Popen und den Werkzeugen des Absolutismus beherrschen
lassen.

Die Wahlen zur Duma haben den Reaktionären bereits eine Ent-
täuschung gebracht; die Wahlen für eine Konstituante würden ihnen noch
härtere Enttäuschungen bereiten.

Jn der heutigen Gesellschaft wird das demokratische Prinzip durch
die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen und durch allerhand
Ueberlebsel vergangener Zeiten gefälscht: Klerikalismus, Militarismus
und so weiter. Jn der Frauenfrage müssen wir uns auf den Boden der
Klassenlage des Proletariats stellen, dessen Angehörige ohne Unterschied
des Geschlechts ausgebeutet werden. Dann zeigt sich, daß die Frauen
die gleichen politischen Rechte besitzen müssen wie die Männer.

Wir müssen eine so kräftige und eindringliche Agitation entfalten,
daß die Vorteile der politischen Emanzipation des weiblichen Geschlechts
deren Nachteile sogar in der heutigen Gesellschaft überwiegen.

Die Partei der russischen revolutionären Sozialisten, wie alle
wahren sozialistischen Parteien, ist natürlich für das Wahlrecht, das
einzig und allein in Wirklichkeit den Namen des allgemeinen verdient:
das heißt für ein allgemeines aktives und passives Wahlrecht, das auch
auf die Frauen ausgedehnt ist. Sie fordert dieses Wahlrecht nicht aus
der gleichen Auffassung heraus wie die bürgerlichen Frauenrecht-
lerinnen, welche den sozialen Kampf der Klassen übersehen und wähnen,
daß die Frauenfrage gelöst sei, wenn die Frau wählen oder gewählt
werden könne. Sie steht vielmehr auf dem Boden der sozialistischen
Ueberzeugung, daß die Abschaffung des Privateigentums und die Er-
richtung der sozialistischen Ordnung die unerläßliche Voraussetzung für
die Lösung der Frauenfrage ist.

Denn nur in einer kommunistischen Ordnung, wo die Produktions-
mittel den Arbeitern beider Geschlechter gehören, kann die wahre Gleich-
heit der Gesellschaftsmitglieder beider Geschlechter Wirklichkeit werden.
Nur in einer solchen Ordnung kann das bedeutende Mißverhältnis
zwischen den Männerlöhnen und Frauenlöhnen verschwinden — weil
die Lohnarbeit selbst nicht länger existiert —, ebenso die politische Un-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2015-08-28T12:13:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-28T12:13:05Z)

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Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

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Zitationshilfe: Zetkin, Clara: Zur Frage des Frauenwahlrechts. Bearbeitet nach dem Referat auf der Konferenz sozialistischer Frauen zu Mannheim. Dazu drei Anhänge: [...]. Berlin, 1907, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zetkin_frauenwahlrecht2_1907/89>, abgerufen am 22.12.2024.