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Zesen, Philip von: Neues Buß- und Gebätt-buch. Schaffhausen, 1660.

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Gebätt umm rechtschaffne erkanntnuß der sünden


Gebätt
Vmm rechtschaffene erkannt-
und bekanntnus der sünden

OHerr/ allmächtiger Gott/ der du uns
deine grundlose barmherzigkeit genugsam zu
verstehen giebest/ wann du sprichst: Jch bin
barmherzig/ und wil nicht ewiglich zürnen; allein
erkenne deine missethat/ daß du wider den Herren/
deinen Gott/ gesündiget hast; zu dir komme ich armer
verblendter sünder/ und wolte mich solcher deiner
barmherzigkeit/ durch erkanntnus meiner sünden/
auch gerne teilhafftig machen. Aber/ ach sihe/ wie
soll ich erkennen/ was mir von natur unbekannt ist; wie
soll ich wissen/ daß ich jrre/ wann mir keiner den rechten
weg zeiget? wie soll ich im finstern sehen/ wann mir
niemand leuchtet? ja/ wer kan merken/ wie offter
fehlet? Fallet der gerechte des tages sieben mahl/
so kan ich wol sieben und siebenzig mahl fallen. Dann
meine sünden gehen über mein haupt/ und jhrer
ist mehr/ als sandes am meere. Wie solte mirs nun
möglich sein/ alles dasselbe/ was ich wider dich wissent-
lich und unwissentlich/ heimlich und offentlich gesün-
diget/ so vollkömmlich zu erkennen/ wie sich wol geziemet?
Ach! es ist nicht menschlich/ noch möglich/ wo ich dein
liecht und deine lehre nicht habe; und darumm bitte ich
mein Vater/ du wollest meine blinde natur/ mein
dunkeles herz/ meine verfinsterte erkanntnus/ durch
deinen heiligen Geist/ von oben herab erleuchten;

damit
Gebaͤtt um̃ rechtſchaffne erkañtnuß der ſünden


Gebaͤtt
Vm̃ rechtſchaffene erkañt-
und bekañtnus der ſünden

OHerꝛ/ allmaͤchtiger Gott/ der du uns
deine grundloſe barmherzigkeit genugſam zu
verſtehen giebeſt/ wann du ſprichſt: Jch bin
barmherzig/ und wil nicht ewiglich zürnen; allein
erkeñe deine miſſethat/ daß du wider den Herꝛen/
deinen Gott/ geſündiget haſt; zu dir kom̃e ich armer
verblendter ſünder/ und wolte mich ſolcher deiner
barmherzigkeit/ durch erkañtnus meiner ſünden/
auch gerne teilhafftig machen. Aber/ ach ſihe/ wie
ſoll ich erkeñen/ was mir von natur unbekañt iſt; wie
ſoll ich wiſſen/ daß ich jrꝛe/ wañ mir keiner den rechten
weg zeiget? wie ſoll ich im finſtern ſehen/ wañ mir
niemand leuchtet? ja/ wer kan merken/ wie offter
fehlet? Fallet der gerechte des tages ſieben mahl/
ſo kan ich wol ſieben und ſiebenzig mahl fallen. Dañ
meine ſünden gehen über mein haupt/ und jhrer
iſt mehr/ als ſandes am meere. Wie ſolte mirs nun
moͤglich ſein/ alles daſſelbe/ was ich wider dich wiſſent-
lich und unwiſſentlich/ heimlich und offentlich geſün-
diget/ ſo vollkoͤm̃lich zu erkeñen/ wie ſich wol geziemet?
Ach! es iſt nicht menſchlich/ noch moͤglich/ wo ich dein
liecht und deine lehre nicht habe; und darum̃ bitte ich
mein Vater/ du wolleſt meine blinde natur/ mein
dunkeles herz/ meine verfinſterte erkañtnus/ durch
deinen heiligen Geiſt/ von oben herab erleuchten;

damit
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[302/0315] Gebaͤtt um̃ rechtſchaffne erkañtnuß der ſünden Gebaͤtt Vm̃ rechtſchaffene erkañt- und bekañtnus der ſünden OHerꝛ/ allmaͤchtiger Gott/ der du uns deine grundloſe barmherzigkeit genugſam zu verſtehen giebeſt/ wann du ſprichſt: Jch bin barmherzig/ und wil nicht ewiglich zürnen; allein erkeñe deine miſſethat/ daß du wider den Herꝛen/ deinen Gott/ geſündiget haſt; zu dir kom̃e ich armer verblendter ſünder/ und wolte mich ſolcher deiner barmherzigkeit/ durch erkañtnus meiner ſünden/ auch gerne teilhafftig machen. Aber/ ach ſihe/ wie ſoll ich erkeñen/ was mir von natur unbekañt iſt; wie ſoll ich wiſſen/ daß ich jrꝛe/ wañ mir keiner den rechten weg zeiget? wie ſoll ich im finſtern ſehen/ wañ mir niemand leuchtet? ja/ wer kan merken/ wie offter fehlet? Fallet der gerechte des tages ſieben mahl/ ſo kan ich wol ſieben und ſiebenzig mahl fallen. Dañ meine ſünden gehen über mein haupt/ und jhrer iſt mehr/ als ſandes am meere. Wie ſolte mirs nun moͤglich ſein/ alles daſſelbe/ was ich wider dich wiſſent- lich und unwiſſentlich/ heimlich und offentlich geſün- diget/ ſo vollkoͤm̃lich zu erkeñen/ wie ſich wol geziemet? Ach! es iſt nicht menſchlich/ noch moͤglich/ wo ich dein liecht und deine lehre nicht habe; und darum̃ bitte ich mein Vater/ du wolleſt meine blinde natur/ mein dunkeles herz/ meine verfinſterte erkañtnus/ durch deinen heiligen Geiſt/ von oben herab erleuchten; damit

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Zesen, Philip von: Neues Buß- und Gebätt-buch. Schaffhausen, 1660, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_gebetbuch_1660/315>, abgerufen am 22.07.2024.