Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zesen, Philip von: Neues Buß- und Gebätt-buch. Schaffhausen, 1660.

Bild:
<< vorherige Seite
Morgen-gebätt einer Tochter
Absonderliches Morgen-gebät
Einer Tochter/ so Elter-
los ist.

EWiger/ Barmherziger
Gott/ der du bist ein Vater der Wäi-
sen/ und ein Richter der Witwen/ und ihr ge-
bätt nicht verachtest/ der du dich finden lässest
von denen/ die dich frühe suchen/ und sie nicht
verlässest noch versäumest: zu Dir komme ich
armes verlassenes Wätselein in dieser früh-
stunde/ und breite meine hände aus zu deiner
heiligen höhe/ deine Väterliche gnade zu such-
en/ und ihr ein schuldiges dank-opfer zubrin-
gen vor ihre so überschwängliche wolthaten/
die sie mir diese verflossene nacht so mildiglich
erwiesen. Du Herr/ hast barmherzigkeit an
mir getahn/ und mich gerissen auß dem weiten
rachen der angst/ die keinen boden hat: du hast
mich mit dem schatten deiner hand bedeket/
daß die verstörung/ so deß nachts kommet/ vor
mir fürüber gegangen: Du hast dich meiner
angenommen als ein Vater/ du hast dich mei-
ner erbarmet als eine Muter. Den abend lang
währete das weinen/ aber deß morgens kom-
met die Freude. Du hast mich zwar betrübet/
in dem du mich meiner Eltern beraubet: aber

nun-
Morgen-gebaͤtt einer Tochter
Abſonderliches Morgen-gebaͤt
Einer Tochter/ ſo Elter-
los iſt.

EWiger/ Barmherziger
Gott/ der du biſt ein Vater der Waͤi-
ſen/ und ein Richter der Witwen/ und ihr ge-
baͤtt nicht verachteſt/ der du dich finden laͤſſeſt
von denen/ die dich frühe ſuchen/ und ſie nicht
verlaͤſſeſt noch verſaͤumeſt: zu Dir komme ich
armes verlaſſenes Waͤtſelein in dieſer fruͤh-
ſtunde/ und breite meine haͤnde aus zu deiner
heiligen hoͤhe/ deine Vaͤterliche gnade zu ſuch-
en/ und ihr ein ſchuldiges dank-opfer zubrin-
gen vor ihre ſo überſchwaͤngliche wolthaten/
die ſie mir dieſe verfloſſene nacht ſo mildiglich
erwieſen. Du Herꝛ/ haſt barmherzigkeit an
mir getahn/ und mich geriſſen auß dem weiten
rachen der angſt/ die keinen boden hat: du haſt
mich mit dem ſchatten deiner hand bedeket/
daß die verſtoͤrung/ ſo deß nachts kommet/ vor
mir fuͤruͤber gegangen: Du haſt dich meiner
angenommen als ein Vater/ du haſt dich mei-
ner erbarmet als eine Muter. Den abend lang
waͤhrete das weinen/ aber deß morgens kom-
met die Freude. Du haſt mich zwar betruͤbet/
in dem du mich meiner Eltern beraubet: aber

nun-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0183" n="170"/>
        <fw place="top" type="header">Morgen-geba&#x0364;tt einer Tochter</fw><lb/>
        <div n="2">
          <head>Ab&#x017F;onderliches Morgen-geba&#x0364;t<lb/>
Einer Tochter/ &#x017F;o Elter-<lb/>
los i&#x017F;t.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>Wiger/ Barmherziger<lb/>
Gott/ der du bi&#x017F;t ein Vater der Wa&#x0364;i-<lb/>
&#x017F;en/ und ein Richter der Witwen/ und ihr ge-<lb/>
ba&#x0364;tt nicht verachte&#x017F;t/ der du dich finden la&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t<lb/>
von denen/ die dich frühe &#x017F;uchen/ und &#x017F;ie nicht<lb/>
verla&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t noch ver&#x017F;a&#x0364;ume&#x017F;t: zu Dir komme ich<lb/>
armes verla&#x017F;&#x017F;enes Wa&#x0364;t&#x017F;elein in die&#x017F;er fru&#x0364;h-<lb/>
&#x017F;tunde/ und breite meine ha&#x0364;nde aus zu deiner<lb/>
heiligen ho&#x0364;he/ deine Va&#x0364;terliche gnade zu &#x017F;uch-<lb/>
en/ und ihr ein &#x017F;chuldiges dank-opfer zubrin-<lb/>
gen vor ihre &#x017F;o über&#x017F;chwa&#x0364;ngliche wolthaten/<lb/>
die &#x017F;ie mir die&#x017F;e verflo&#x017F;&#x017F;ene nacht &#x017F;o mildiglich<lb/>
erwie&#x017F;en. Du Her&#xA75B;/ ha&#x017F;t barmherzigkeit an<lb/>
mir getahn/ und mich geri&#x017F;&#x017F;en auß dem weiten<lb/>
rachen der ang&#x017F;t/ die keinen boden hat: du ha&#x017F;t<lb/>
mich mit dem &#x017F;chatten deiner hand bedeket/<lb/>
daß die ver&#x017F;to&#x0364;rung/ &#x017F;o deß nachts kommet/ vor<lb/>
mir fu&#x0364;ru&#x0364;ber gegangen: Du ha&#x017F;t dich meiner<lb/>
angenommen als ein Vater/ du ha&#x017F;t dich mei-<lb/>
ner erbarmet als eine Muter. Den abend lang<lb/>
wa&#x0364;hrete das weinen/ aber deß morgens kom-<lb/>
met die Freude. Du ha&#x017F;t mich zwar betru&#x0364;bet/<lb/>
in dem du mich meiner Eltern beraubet: aber<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nun-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0183] Morgen-gebaͤtt einer Tochter Abſonderliches Morgen-gebaͤt Einer Tochter/ ſo Elter- los iſt. EWiger/ Barmherziger Gott/ der du biſt ein Vater der Waͤi- ſen/ und ein Richter der Witwen/ und ihr ge- baͤtt nicht verachteſt/ der du dich finden laͤſſeſt von denen/ die dich frühe ſuchen/ und ſie nicht verlaͤſſeſt noch verſaͤumeſt: zu Dir komme ich armes verlaſſenes Waͤtſelein in dieſer fruͤh- ſtunde/ und breite meine haͤnde aus zu deiner heiligen hoͤhe/ deine Vaͤterliche gnade zu ſuch- en/ und ihr ein ſchuldiges dank-opfer zubrin- gen vor ihre ſo überſchwaͤngliche wolthaten/ die ſie mir dieſe verfloſſene nacht ſo mildiglich erwieſen. Du Herꝛ/ haſt barmherzigkeit an mir getahn/ und mich geriſſen auß dem weiten rachen der angſt/ die keinen boden hat: du haſt mich mit dem ſchatten deiner hand bedeket/ daß die verſtoͤrung/ ſo deß nachts kommet/ vor mir fuͤruͤber gegangen: Du haſt dich meiner angenommen als ein Vater/ du haſt dich mei- ner erbarmet als eine Muter. Den abend lang waͤhrete das weinen/ aber deß morgens kom- met die Freude. Du haſt mich zwar betruͤbet/ in dem du mich meiner Eltern beraubet: aber nun-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2023-05-24T12:24:22Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_gebetbuch_1660
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_gebetbuch_1660/183
Zitationshilfe: Zesen, Philip von: Neues Buß- und Gebätt-buch. Schaffhausen, 1660, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_gebetbuch_1660/183>, abgerufen am 30.12.2024.