Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.Der Assenat gedeutet worden. Ich wil den inhalt mit kur-tzen worten eröfnen. Die Fürstin Assenat/ sagte er/ sol nach dem zwanzigsten jahre ihres alters einem fremden Herren vermählet/ und mit ihm/ in Egipten selbsten/ auf die allerhöchste staffel der ehren erhoben werden. Was er mehr hinzu setzte/ darf ich der feder nicht vertrauen. Aber innerhalb acht ta- gen wird Sie aus meinem munde selbst/ die gan- tze sache ümständlich vernehmen. Dan gegen die zeit Ihr auf zu warten/ hat meine Fürstin mich schon beuhrlaubet. Indessen sei Sie den Göttern befohlen/ und Ihrer beharlichen gna- de ich/ imfal ichs verdiene/ Meines gnädigsten Freuleins ewig gehohrsamste Semesse. Kaum war dieser Brief versiegelt/ als die königliche Kammer-
Der Aſſenat gedeutet worden. Ich wil den inhalt mit kur-tzen worten eroͤfnen. Die Fuͤrſtin Aſſenat/ ſagte er/ ſol nach dem zwanzigſten jahre ihres alters einem fremden Herren vermaͤhlet/ und mit ihm/ in Egipten ſelbſten/ auf die allerhoͤchſte ſtaffel der ehren erhoben werden. Was er mehr hinzu ſetzte/ darf ich der feder nicht vertrauen. Aber innerhalb acht ta- gen wird Sie aus meinem munde ſelbſt/ die gan- tze ſache uͤmſtaͤndlich vernehmen. Dan gegen die zeit Ihr auf zu warten/ hat meine Fuͤrſtin mich ſchon beuhrlaubet. Indeſſen ſei Sie den Goͤttern befohlen/ und Ihrer beharlichen gna- de ich/ imfal ichs verdiene/ Meines gnaͤdigſten Freuleins ewig gehohrſamſte Semeſſe. Kaum war dieſer Brief verſiegelt/ als die koͤnigliche Kammer-
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Der Aſſenat
gedeutet worden. Ich wil den inhalt mit kur-
tzen worten eroͤfnen. Die Fuͤrſtin Aſſenat/ ſagte
er/ ſol nach dem zwanzigſten jahre ihres alters einem
fremden Herren vermaͤhlet/ und mit ihm/ in Egipten
ſelbſten/ auf die allerhoͤchſte ſtaffel der ehren erhoben
werden. Was er mehr hinzu ſetzte/ darf ich der
feder nicht vertrauen. Aber innerhalb acht ta-
gen wird Sie aus meinem munde ſelbſt/ die gan-
tze ſache uͤmſtaͤndlich vernehmen. Dan gegen
die zeit Ihr auf zu warten/ hat meine Fuͤrſtin
mich ſchon beuhrlaubet. Indeſſen ſei Sie den
Goͤttern befohlen/ und Ihrer beharlichen gna-
de ich/ imfal ichs verdiene/
Meines gnaͤdigſten Freuleins
ewig gehohrſamſte
Semeſſe.
Kaum war dieſer Brief verſiegelt/ als die koͤnigliche
Fuͤrſtin ſchon wieder von der tafel kahm. Straks im
erſten eintritte in ihr zimmer/ geboht ſie allen Jung-
frauen abermahl/ ſich in ihre eigene wohnungen zu be-
geben. Niemand durfte bei ihr bleiben/ als Semeſſe.
Ja ſie wolte dieſen gantzen abend niemand anders bei
ihr wiſſen/ als ſie: auch von niemand anders entkleidet
ſein/ als von ihr. Dieſes der koͤniglichen Fuͤrſtin gantz
ungewoͤhnliches beginnen verurſachte vielerlei gedan-
ken. Niemand konte errahten/ was geheimes ſie mit
der Kammerjungfrau zu tuhn/ oder zu reden hette.
Eine Jungfrau fragte die andre. Eine forſchete hier/
die andere dort. Dieſer ahnete was guhtes/ jener was
boͤſes. Ja ſie waren alle miteinander gleichſam ent-
ſetzt. Die meiſten bildeten ihnen ein/ daß ſich etwan eine
vom Frauenzimmer verbrochen. Und eine iede unter
dieſen lies ihr ſchwanen/ daß ihr das verbrechen viel-
leicht aufgebuͤrdet wuͤrde: daß ihre Fuͤrſtin mit der
Kammer-
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