Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

Bild:
<< vorherige Seite
zweites Buch.
Brief
an die junge Fürstin
Assenat.
GNädigstes Freulein/

Auf erlaubnüs der königlichen Fürstin
setze ich meine feder auf dieses papier. Ich be-
gehe eine fast unverantwortliche kühnheit. Doch
Die sie mir erleubet/ wird sie verantworten. Ja
ich schreibe an die allerliebseeligste
Assenat. Dar-
üm tähte ich schier sünde/ wan einigen arg-
wahn von Ihr ich/ Ihre ewiggetreue/ mein
guhtes vertrauen stöhren ließe. Und was noch
das allerwüchtigste ist/ ich schreibe von einer sol-
chen sache/ auf derer kunde die gantze wohlfahrt
dieser schönen Fürstin beruhet. Darüm wird
Sie mir eher gnade/ als strafe anbieten. Aber
Ihrer gühte darf ich/ durch viel vergebliche wor-
te/ nicht länger misbrauchen. Auch darf/ noch
kan ich dasselbe nicht länger verschweigen/ wo-
von mein hertz vol ist. Ich mus beichten/ daß
meine sünden verschwinden. Und so beichtet
Ihr dan/ o leutseeligste Fürstin/ ihre treueste
dienerin offenhertzig; daß ein fremder und wun-
derschöner Leibeigner mir heute/ in unserer
Stadt/ von ohngefähr aufgestoßen. Dieser ver-
mag alles deutlich zu erklähren/ was die Götter
verborgenes sprechen. Er weis die Treume aus
zu legen. Er weis aus dem Gestirne zu sagen/
was künftig geschehen sol. Der Götter Antwort
auf die frage/ welche ihnen Ihr Herr Vater Ih-
rentwegen vorgetragen/ hat er mir viel anders
und viel klährer erklähret/ als sie sonsten aus-

gedeu-
D ij
zweites Buch.
Brief
an die junge Fuͤrſtin
Aſſenat.
GNaͤdigſtes Freulein/

Auf erlaubnuͤs der koͤniglichen Fuͤrſtin
ſetze ich meine feder auf dieſes papier. Ich be-
gehe eine faſt unverantwortliche kuͤhnheit. Doch
Die ſie mir erleubet/ wird ſie verantworten. Ja
ich ſchreibe an die allerliebſeeligſte
Aſſenat. Dar-
uͤm taͤhte ich ſchier ſuͤnde/ wan einigen arg-
wahn von Ihr ich/ Ihre ewiggetreue/ mein
guhtes vertrauen ſtoͤhren ließe. Und was noch
das allerwuͤchtigſte iſt/ ich ſchreibe von einer ſol-
chen ſache/ auf derer kunde die gantze wohlfahrt
dieſer ſchoͤnen Fuͤrſtin beruhet. Daruͤm wird
Sie mir eher gnade/ als ſtrafe anbieten. Aber
Ihrer guͤhte darf ich/ durch viel vergebliche wor-
te/ nicht laͤnger misbrauchen. Auch darf/ noch
kan ich daſſelbe nicht laͤnger verſchweigen/ wo-
von mein hertz vol iſt. Ich mus beichten/ daß
meine ſuͤnden verſchwinden. Und ſo beichtet
Ihr dan/ o leutſeeligſte Fuͤrſtin/ ihre treueſte
dienerin offenhertzig; daß ein fremder und wun-
derſchoͤner Leibeigner mir heute/ in unſerer
Stadt/ von ohngefaͤhr aufgeſtoßen. Dieſer ver-
mag alles deutlich zu erklaͤhren/ was die Goͤtter
verborgenes ſprechen. Er weis die Treume aus
zu legen. Er weis aus dem Geſtirne zu ſagen/
was kuͤnftig geſchehen ſol. Der Goͤtter Antwort
auf die frage/ welche ihnen Ihr Herꝛ Vater Ih-
rentwegen vorgetragen/ hat er mir viel anders
und viel klaͤhrer erklaͤhret/ als ſie ſonſten aus-

gedeu-
D ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0075" n="51"/>
        <fw place="top" type="header">zweites Buch.</fw><lb/>
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter">
              <head>Brief<lb/>
an die junge Fu&#x0364;r&#x017F;tin<lb/><hi rendition="#b">A&#x017F;&#x017F;enat.</hi></head><lb/>
              <opener>
                <salute><hi rendition="#in">G</hi>Na&#x0364;dig&#x017F;tes Freulein/</salute>
              </opener><lb/>
              <p><hi rendition="#fr">Auf erlaubnu&#x0364;s der ko&#x0364;niglichen Fu&#x0364;r&#x017F;tin<lb/>
&#x017F;etze ich meine feder auf die&#x017F;es papier. Ich be-<lb/>
gehe eine fa&#x017F;t unverantwortliche ku&#x0364;hnheit. Doch<lb/>
Die &#x017F;ie mir erleubet/ wird &#x017F;ie verantworten. Ja<lb/>
ich &#x017F;chreibe an die allerlieb&#x017F;eelig&#x017F;te</hi> A&#x017F;&#x017F;enat. <hi rendition="#fr">Dar-<lb/>
u&#x0364;m ta&#x0364;hte ich &#x017F;chier &#x017F;u&#x0364;nde/ wan einigen arg-<lb/>
wahn von Ihr ich/ Ihre ewiggetreue/ mein<lb/>
guhtes vertrauen &#x017F;to&#x0364;hren ließe. Und was noch<lb/>
das allerwu&#x0364;chtig&#x017F;te i&#x017F;t/ ich &#x017F;chreibe von einer &#x017F;ol-<lb/>
chen &#x017F;ache/ auf derer kunde die gantze wohlfahrt<lb/>
die&#x017F;er &#x017F;cho&#x0364;nen Fu&#x0364;r&#x017F;tin beruhet. Daru&#x0364;m wird<lb/>
Sie mir eher gnade/ als &#x017F;trafe anbieten. Aber<lb/>
Ihrer gu&#x0364;hte darf ich/ durch viel vergebliche wor-<lb/>
te/ nicht la&#x0364;nger misbrauchen. Auch darf/ noch<lb/>
kan ich da&#x017F;&#x017F;elbe nicht la&#x0364;nger ver&#x017F;chweigen/ wo-<lb/>
von mein hertz vol i&#x017F;t. Ich mus beichten/ daß<lb/>
meine &#x017F;u&#x0364;nden ver&#x017F;chwinden. Und &#x017F;o beichtet<lb/>
Ihr dan/ o leut&#x017F;eelig&#x017F;te Fu&#x0364;r&#x017F;tin/ ihre treue&#x017F;te<lb/>
dienerin offenhertzig; daß ein fremder und wun-<lb/>
der&#x017F;cho&#x0364;ner Leibeigner mir heute/ in un&#x017F;erer<lb/>
Stadt/ von ohngefa&#x0364;hr aufge&#x017F;toßen. Die&#x017F;er ver-<lb/>
mag alles deutlich zu erkla&#x0364;hren/ was die Go&#x0364;tter<lb/>
verborgenes &#x017F;prechen. Er weis die Treume aus<lb/>
zu legen. Er weis aus dem Ge&#x017F;tirne zu &#x017F;agen/<lb/>
was ku&#x0364;nftig ge&#x017F;chehen &#x017F;ol. Der Go&#x0364;tter Antwort<lb/>
auf die frage/ welche ihnen Ihr Her&#xA75B; Vater Ih-<lb/>
rentwegen vorgetragen/ hat er mir viel anders<lb/>
und viel kla&#x0364;hrer erkla&#x0364;hret/ als &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;ten aus-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D ij</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">gedeu-</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51/0075] zweites Buch. Brief an die junge Fuͤrſtin Aſſenat. GNaͤdigſtes Freulein/ Auf erlaubnuͤs der koͤniglichen Fuͤrſtin ſetze ich meine feder auf dieſes papier. Ich be- gehe eine faſt unverantwortliche kuͤhnheit. Doch Die ſie mir erleubet/ wird ſie verantworten. Ja ich ſchreibe an die allerliebſeeligſte Aſſenat. Dar- uͤm taͤhte ich ſchier ſuͤnde/ wan einigen arg- wahn von Ihr ich/ Ihre ewiggetreue/ mein guhtes vertrauen ſtoͤhren ließe. Und was noch das allerwuͤchtigſte iſt/ ich ſchreibe von einer ſol- chen ſache/ auf derer kunde die gantze wohlfahrt dieſer ſchoͤnen Fuͤrſtin beruhet. Daruͤm wird Sie mir eher gnade/ als ſtrafe anbieten. Aber Ihrer guͤhte darf ich/ durch viel vergebliche wor- te/ nicht laͤnger misbrauchen. Auch darf/ noch kan ich daſſelbe nicht laͤnger verſchweigen/ wo- von mein hertz vol iſt. Ich mus beichten/ daß meine ſuͤnden verſchwinden. Und ſo beichtet Ihr dan/ o leutſeeligſte Fuͤrſtin/ ihre treueſte dienerin offenhertzig; daß ein fremder und wun- derſchoͤner Leibeigner mir heute/ in unſerer Stadt/ von ohngefaͤhr aufgeſtoßen. Dieſer ver- mag alles deutlich zu erklaͤhren/ was die Goͤtter verborgenes ſprechen. Er weis die Treume aus zu legen. Er weis aus dem Geſtirne zu ſagen/ was kuͤnftig geſchehen ſol. Der Goͤtter Antwort auf die frage/ welche ihnen Ihr Herꝛ Vater Ih- rentwegen vorgetragen/ hat er mir viel anders und viel klaͤhrer erklaͤhret/ als ſie ſonſten aus- gedeu- D ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/75
Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/75>, abgerufen am 27.11.2024.