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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
der Abissiner oder weissen Mohren gelegen/ seinen uhr-
sprung hette. Alda liessen sich/ im lande Sakela/ auf
einem sehr breiten hügel eines tahles/ welches rund
herüm mit hohen bergen ümgeben/ zwee Brunnen ei-
nen stemwurf voneinander erblikken: welche man ge-
meiniglich des Niels augen zu nennen pflegte. Diese
Brunnen/ wiewohl der gantze hügel inwendig vol was-
sers were/ davon auch seine gantze fläche vielmahls über-
aus zitterte und böbete/ lieffen gleichwohl nicht über.
Aber ihr wasser stürtzte sich mit großer gewalt unten
am fuße des berges heraus. Alda würde er zu einem
flusse: welcher mit vielen anderen flüssen hier und dar
vermehret/ durch unterschiedliche länder und König-
reiche/ mit vielen krummen buchten herüm schweiffete/
und endlich nach Egipten zu seinen strohm fortsetzete.

Woher aber dieses Wasser/ fuhr der Bischof fort/
davon das eingeweide des berges/ samt seinem gantzen
bauche/ vol ist/ und unser Vater Niel entspringet/ in
gemelte zwee brunnen komme; hiervon walten unter
den Naturkündigern unterschiedliche meinungen. Ich
wil allein die meinige beibringen. Weil dieselbige ge-
gend/ da man sagt/ daß sich des Niels brunnen befin-
den/ überal mit sehr hohen bergen ümringet ist; so hal-
te ich darfür/ daß vom hange solcher berge das regen-
wasser so wohl/ als der zerschmoltzene schnee/ in das tahl
herunter schiesset/ und unter der gemelten breiten hügel-
fläche solches gewaltiggroße gewisser verursachet. Zu-
dem kan es auch wohl sein/ weil fast das meiste Moh-
renland
vol dergleichen verborgener wasserhöhlen sein
sol/ daß einer oder mehr flüsse/ unter der erde hin/ von
den Mohnbergen oder anderswoher/ da sich vom ge-
bürge viel wassers samlet/ in mehr berührten Sakeli-
schen berg geflossen kommen/ und sein eigenes wasser
dermaßen heuffen/ daß der mächtige Vater Niel dar-
aus entstehet.

Daß

Der Aſſenat
der Abiſſiner oder weiſſen Mohren gelegen/ ſeinen uhr-
ſprung hette. Alda lieſſen ſich/ im lande Sakela/ auf
einem ſehr breiten huͤgel eines tahles/ welches rund
heruͤm mit hohen bergen uͤmgeben/ zwee Brunnen ei-
nen ſtemwurf voneinander erblikken: welche man ge-
meiniglich des Niels augen zu nennen pflegte. Dieſe
Brunnen/ wiewohl der gantze huͤgel inwendig vol waſ-
ſers were/ davon auch ſeine gantze flaͤche vielmahls uͤber-
aus zitterte und boͤbete/ lieffen gleichwohl nicht uͤber.
Aber ihr waſſer ſtuͤrtzte ſich mit großer gewalt unten
am fuße des berges heraus. Alda wuͤrde er zu einem
fluſſe: welcher mit vielen anderen fluͤſſen hier und dar
vermehret/ durch unterſchiedliche laͤnder und Koͤnig-
reiche/ mit vielen krummen buchten heruͤm ſchweiffete/
und endlich nach Egipten zu ſeinen ſtrohm fortſetzete.

Woher aber dieſes Waſſer/ fuhr der Biſchof fort/
davon das eingeweide des berges/ ſamt ſeinem gantzen
bauche/ vol iſt/ und unſer Vater Niel entſpringet/ in
gemelte zwee brunnen komme; hiervon walten unter
den Naturkuͤndigern unterſchiedliche meinungen. Ich
wil allein die meinige beibringen. Weil dieſelbige ge-
gend/ da man ſagt/ daß ſich des Niels brunnen befin-
den/ uͤberal mit ſehr hohen bergen uͤmringet iſt; ſo hal-
te ich darfuͤr/ daß vom hange ſolcher berge das regen-
waſſer ſo wohl/ als der zerſchmoltzene ſchnee/ in das tahl
herunter ſchieſſet/ und unter der gemelten breiten huͤgel-
flaͤche ſolches gewaltiggroße gewiſſer verurſachet. Zu-
dem kan es auch wohl ſein/ weil faſt das meiſte Moh-
renland
vol dergleichen verborgener waſſerhoͤhlen ſein
ſol/ daß einer oder mehr fluͤſſe/ unter der erde hin/ von
den Mohnbergen oder anderswoher/ da ſich vom ge-
buͤrge viel waſſers ſamlet/ in mehr beruͤhrten Sakeli-
ſchen berg gefloſſen kommen/ und ſein eigenes waſſer
dermaßen heuffen/ daß der maͤchtige Vater Niel dar-
aus entſtehet.

Daß
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[38/0062] Der Aſſenat der Abiſſiner oder weiſſen Mohren gelegen/ ſeinen uhr- ſprung hette. Alda lieſſen ſich/ im lande Sakela/ auf einem ſehr breiten huͤgel eines tahles/ welches rund heruͤm mit hohen bergen uͤmgeben/ zwee Brunnen ei- nen ſtemwurf voneinander erblikken: welche man ge- meiniglich des Niels augen zu nennen pflegte. Dieſe Brunnen/ wiewohl der gantze huͤgel inwendig vol waſ- ſers were/ davon auch ſeine gantze flaͤche vielmahls uͤber- aus zitterte und boͤbete/ lieffen gleichwohl nicht uͤber. Aber ihr waſſer ſtuͤrtzte ſich mit großer gewalt unten am fuße des berges heraus. Alda wuͤrde er zu einem fluſſe: welcher mit vielen anderen fluͤſſen hier und dar vermehret/ durch unterſchiedliche laͤnder und Koͤnig- reiche/ mit vielen krummen buchten heruͤm ſchweiffete/ und endlich nach Egipten zu ſeinen ſtrohm fortſetzete. Woher aber dieſes Waſſer/ fuhr der Biſchof fort/ davon das eingeweide des berges/ ſamt ſeinem gantzen bauche/ vol iſt/ und unſer Vater Niel entſpringet/ in gemelte zwee brunnen komme; hiervon walten unter den Naturkuͤndigern unterſchiedliche meinungen. Ich wil allein die meinige beibringen. Weil dieſelbige ge- gend/ da man ſagt/ daß ſich des Niels brunnen befin- den/ uͤberal mit ſehr hohen bergen uͤmringet iſt; ſo hal- te ich darfuͤr/ daß vom hange ſolcher berge das regen- waſſer ſo wohl/ als der zerſchmoltzene ſchnee/ in das tahl herunter ſchieſſet/ und unter der gemelten breiten huͤgel- flaͤche ſolches gewaltiggroße gewiſſer verurſachet. Zu- dem kan es auch wohl ſein/ weil faſt das meiſte Moh- renland vol dergleichen verborgener waſſerhoͤhlen ſein ſol/ daß einer oder mehr fluͤſſe/ unter der erde hin/ von den Mohnbergen oder anderswoher/ da ſich vom ge- buͤrge viel waſſers ſamlet/ in mehr beruͤhrten Sakeli- ſchen berg gefloſſen kommen/ und ſein eigenes waſſer dermaßen heuffen/ daß der maͤchtige Vater Niel dar- aus entſtehet. Daß

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/62>, abgerufen am 28.11.2024.