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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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erstes Buch.
noch länger/ nähmlich so lange/ bis der neue anwachs
seinen anfang gewinnet.

Aber woher entspringet der Niel? fragte Josef
noch weiter: und wie komt es/ daß er eben mitten im
sommer/ da man die gröste hitze hat/ da es/ in den mei-
sten ländern/ am wenigsten regnet/ und die luft/ samt
dem erdreiche/ sonderlich in Egipten/ am dürresten
und truknesten ist/ so hoch/ ja selbst oftmahls zu zwan-
zig ellen zu/ und drüber/ in die höhe steiget/ und viel
ümliegende länder weit und breit überschwämmet? Es
müssen ohne zweifel üm diese zeit daselbsten/ da er seinen
uhrsprung gewinnet/ nach der sonderlichen beschaffen-
heit desselben luftstriches/ große schlag- und platz-regen
sich niederstürtzen. Auch kan es wohl sein/ daß alda
große und hohe gebürge/ mit schnee überdekket liegen:
welcher schnee von der großen sonnenhitze üm diese jahrs-
zeit schmältzet/ und den Niel/ sonderlich wan gemelte
stürtzregen darzu kommen/ so jähligen und so über die
mäße schwängert. Sonsten kan ich nicht begreiffen/ wo
eine solche mänge wassers so eilend und so gar plötzlich
herkommen solte: sonderlich weil es hier zu lande das
gantze jahr durch gar nicht/ als nur nahe bei der see
sehr wenig zu regnen pfleget.

Hierauf gab die Jungfrau zur antwort: diese beide
fragen zu erörtern befindet sich meine wissenschaft zu
klein/ meine kündigkeit zu schlecht. Sie handeln von
solchen dingen/ die sich ausserhalb Egipten begeben.
Die seind meinem verstande fremde. Gleichwohl wil
ich ihm auch von diesen fremden dingen etwas/ ja so
viel als mir bewust ist/ entdekken.

Ich weis mich noch wohl zu besinnen/ was der Ertz-
bischof von Heliopel/ als er mit der Königlichen Für-
stin/ dieser sache wegen/ voretlichen Wochen sprache
hielt/ hiervon geurteilet. Nähmlich daß der Niel aus
dem abendteile des Königreichs Gojam/ im Reiche

der
C iij

erſtes Buch.
noch laͤnger/ naͤhmlich ſo lange/ bis der neue anwachs
ſeinen anfang gewinnet.

Aber woher entſpringet der Niel? fragte Joſef
noch weiter: und wie komt es/ daß er eben mitten im
ſommer/ da man die groͤſte hitze hat/ da es/ in den mei-
ſten laͤndern/ am wenigſten regnet/ und die luft/ ſamt
dem erdreiche/ ſonderlich in Egipten/ am duͤrreſten
und trukneſten iſt/ ſo hoch/ ja ſelbſt oftmahls zu zwan-
zig ellen zu/ und druͤber/ in die hoͤhe ſteiget/ und viel
uͤmliegende laͤnder weit und breit uͤberſchwaͤmmet? Es
muͤſſen ohne zweifel uͤm dieſe zeit daſelbſten/ da er ſeinen
uhrſprung gewinnet/ nach der ſonderlichen beſchaffen-
heit deſſelben luftſtriches/ große ſchlag- und platz-regen
ſich niederſtuͤrtzen. Auch kan es wohl ſein/ daß alda
große und hohe gebuͤrge/ mit ſchnee uͤberdekket liegen:
welcher ſchnee von der großen ſonnenhitze uͤm dieſe jahrs-
zeit ſchmaͤltzet/ und den Niel/ ſonderlich wan gemelte
ſtuͤrtzregen darzu kommen/ ſo jaͤhligen und ſo uͤber die
maͤße ſchwaͤngert. Sonſten kan ich nicht begreiffen/ wo
eine ſolche maͤnge waſſers ſo eilend und ſo gar ploͤtzlich
herkommen ſolte: ſonderlich weil es hier zu lande das
gantze jahr durch gar nicht/ als nur nahe bei der ſee
ſehr wenig zu regnen pfleget.

Hierauf gab die Jungfrau zur antwort: dieſe beide
fragen zu eroͤrtern befindet ſich meine wiſſenſchaft zu
klein/ meine kuͤndigkeit zu ſchlecht. Sie handeln von
ſolchen dingen/ die ſich auſſerhalb Egipten begeben.
Die ſeind meinem verſtande fremde. Gleichwohl wil
ich ihm auch von dieſen fremden dingen etwas/ ja ſo
viel als mir bewuſt iſt/ entdekken.

Ich weis mich noch wohl zu beſinnen/ was der Ertz-
biſchof von Heliopel/ als er mit der Koͤniglichen Fuͤr-
ſtin/ dieſer ſache wegen/ voretlichen Wochen ſprache
hielt/ hiervon geurteilet. Naͤhmlich daß der Niel aus
dem abendteile des Koͤnigreichs Gojam/ im Reiche

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[37/0061] erſtes Buch. noch laͤnger/ naͤhmlich ſo lange/ bis der neue anwachs ſeinen anfang gewinnet. Aber woher entſpringet der Niel? fragte Joſef noch weiter: und wie komt es/ daß er eben mitten im ſommer/ da man die groͤſte hitze hat/ da es/ in den mei- ſten laͤndern/ am wenigſten regnet/ und die luft/ ſamt dem erdreiche/ ſonderlich in Egipten/ am duͤrreſten und trukneſten iſt/ ſo hoch/ ja ſelbſt oftmahls zu zwan- zig ellen zu/ und druͤber/ in die hoͤhe ſteiget/ und viel uͤmliegende laͤnder weit und breit uͤberſchwaͤmmet? Es muͤſſen ohne zweifel uͤm dieſe zeit daſelbſten/ da er ſeinen uhrſprung gewinnet/ nach der ſonderlichen beſchaffen- heit deſſelben luftſtriches/ große ſchlag- und platz-regen ſich niederſtuͤrtzen. Auch kan es wohl ſein/ daß alda große und hohe gebuͤrge/ mit ſchnee uͤberdekket liegen: welcher ſchnee von der großen ſonnenhitze uͤm dieſe jahrs- zeit ſchmaͤltzet/ und den Niel/ ſonderlich wan gemelte ſtuͤrtzregen darzu kommen/ ſo jaͤhligen und ſo uͤber die maͤße ſchwaͤngert. Sonſten kan ich nicht begreiffen/ wo eine ſolche maͤnge waſſers ſo eilend und ſo gar ploͤtzlich herkommen ſolte: ſonderlich weil es hier zu lande das gantze jahr durch gar nicht/ als nur nahe bei der ſee ſehr wenig zu regnen pfleget. Hierauf gab die Jungfrau zur antwort: dieſe beide fragen zu eroͤrtern befindet ſich meine wiſſenſchaft zu klein/ meine kuͤndigkeit zu ſchlecht. Sie handeln von ſolchen dingen/ die ſich auſſerhalb Egipten begeben. Die ſeind meinem verſtande fremde. Gleichwohl wil ich ihm auch von dieſen fremden dingen etwas/ ja ſo viel als mir bewuſt iſt/ entdekken. Ich weis mich noch wohl zu beſinnen/ was der Ertz- biſchof von Heliopel/ als er mit der Koͤniglichen Fuͤr- ſtin/ dieſer ſache wegen/ voretlichen Wochen ſprache hielt/ hiervon geurteilet. Naͤhmlich daß der Niel aus dem abendteile des Koͤnigreichs Gojam/ im Reiche der C iij

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/61>, abgerufen am 28.11.2024.