Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.Anmärkungen Aber ich finde bei dem Ritter Guarin eines von ein-undzwanzig reimen/ ja ein anderes gar von dreiund- zwanzigen/ nicht liederweise eingeteilet/ sondern in ei- nem zuge hin: und bei eben demselben noch ein anderes mit vielen Sätzen; darinnen ieder satz nur vier reime begreiffet. Gleichwohl wil ich gern gestehen/ daß ich die- sem Ritterlichen Dichtmeister/ und mehr andern der Wälschen/ die dergleichen getahn/ hierinnen keines weges folgen wolte; sondern das gantze Schatten- liedlein/ wan es in einem satze bestehet/ mit gemel- tem Ziegler/ viel lieber auf das allerhöchste mit funf- zehen reimbänden schliessen. Vor diesem haben die Wälschen vom worte Madrigaal gantz nichts ge- wüst; sondern dergleichen Schattenliedlein/ derer Petrarche selbsten etliche gemacht/ zu und nach seiner zeit/ nur schlecht hin Canzon ein lied/ oder Canzo- nette ein liedlein genennet. Aber laßet uns hören/ was der Königliche Französische Geheimverpfleger und Tahlmetscher/ der höchstlöblichen Deutschgesin- neten Genossenschaft Mitglied/ unter dem Zunft- nahmen des Deutschliebenden/ P. Bense-dupuis, in seinem Apollo von der Wälschen und Spanischen Dichterei/ am 177/ und 178 bl. hiervon schreibet. Le Madrigal, sagt er/ peut estre compare aussi bien, que le Sonnet, a l' Epigramme des Latins & des Grecs, c'est le moindre de tous les Poemes Liriques: & la seule difference, qu'il y peut avoir entre l'Epigramme, & le Madrigal, est, que le Madrigal se chante, & l' Epi- gramme non. Je ne trouve point que le mot de Ma- drigal ait este connu des Anciens, au moins ay-je pris garde, que dans les vieilles impressions de Petrarque il n'en est de tout point fait de mention: & ceux, qui ont commente les premiers cet Autheur, se sont con- ten tez d'appeller du nom commun de Chanson, ou du diminutif Chansonette, ce que modernes appellent Ma- drigal
Anmaͤrkungen Aber ich finde bei dem Ritter Guarin eines von ein-undzwanzig reimen/ ja ein anderes gar von dreiund- zwanzigen/ nicht liederweiſe eingeteilet/ ſondern in ei- nem zuge hin: und bei eben demſelben noch ein anderes mit vielen Saͤtzen; darinnen ieder ſatz nur vier reime begreiffet. Gleichwohl wil ich gern geſtehen/ daß ich die- ſem Ritterlichen Dichtmeiſter/ und mehr andern der Waͤlſchen/ die dergleichen getahn/ hierinnen keines weges folgen wolte; ſondern das gantze Schatten- liedlein/ wan es in einem ſatze beſtehet/ mit gemel- tem Ziegler/ viel lieber auf das allerhoͤchſte mit funf- zehen reimbaͤnden ſchlieſſen. Vor dieſem haben die Waͤlſchen vom worte Madrigaal gantz nichts ge- wuͤſt; ſondern dergleichen Schattenliedlein/ derer Petrarche ſelbſten etliche gemacht/ zu und nach ſeiner zeit/ nur ſchlecht hin Canzon ein lied/ oder Canzo- nette ein liedlein genennet. Aber laßet uns hoͤren/ was der Koͤnigliche Franzoͤſiſche Geheimverpfleger und Tahlmetſcher/ der hoͤchſtloͤblichen Deutſchgeſin- neten Genoſſenſchaft Mitglied/ unter dem Zunft- nahmen des Deutſchliebenden/ P. Benſe-dupuis, in ſeinem Apollo von der Waͤlſchen und Spaniſchen Dichterei/ am 177/ und 178 bl. hiervon ſchreibet. Le Madrigal, ſagt er/ peut eſtre comparé auſſi bien, que le Sonnet, à l’ Epigramme des Latins & des Grecs, c’eſt le moindre de tous les Poëmes Liriques: & la ſeule difference, qu’il y peut avoir entre l’Epigramme, & le Madrigal, eſt, que le Madrigal ſe chante, & l’ Epi- gramme non. Je ne trouve point que le mot de Ma- drigal ait eſté connu des Anciens, au moins ay-je pris garde, que dans les vieilles impreſſions de Petrarque il n’en eſt de tout point fait de mention: & ceux, qui ont commenté les premiers cét Autheur, ſe ſont con- ten tez d’appeller du nom commun de Chanſon, ou du diminutif Chanſonette, ce que modernes appellent Ma- drigal
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Anmaͤrkungen
Aber ich finde bei dem Ritter Guarin eines von ein-
undzwanzig reimen/ ja ein anderes gar von dreiund-
zwanzigen/ nicht liederweiſe eingeteilet/ ſondern in ei-
nem zuge hin: und bei eben demſelben noch ein anderes
mit vielen Saͤtzen; darinnen ieder ſatz nur vier reime
begreiffet. Gleichwohl wil ich gern geſtehen/ daß ich die-
ſem Ritterlichen Dichtmeiſter/ und mehr andern der
Waͤlſchen/ die dergleichen getahn/ hierinnen keines
weges folgen wolte; ſondern das gantze Schatten-
liedlein/ wan es in einem ſatze beſtehet/ mit gemel-
tem Ziegler/ viel lieber auf das allerhoͤchſte mit funf-
zehen reimbaͤnden ſchlieſſen. Vor dieſem haben die
Waͤlſchen vom worte Madrigaal gantz nichts ge-
wuͤſt; ſondern dergleichen Schattenliedlein/ derer
Petrarche ſelbſten etliche gemacht/ zu und nach ſeiner
zeit/ nur ſchlecht hin Canzon ein lied/ oder Canzo-
nette ein liedlein genennet. Aber laßet uns hoͤren/
was der Koͤnigliche Franzoͤſiſche Geheimverpfleger
und Tahlmetſcher/ der hoͤchſtloͤblichen Deutſchgeſin-
neten Genoſſenſchaft Mitglied/ unter dem Zunft-
nahmen des Deutſchliebenden/ P. Benſe-dupuis, in
ſeinem Apollo von der Waͤlſchen und Spaniſchen
Dichterei/ am 177/ und 178 bl. hiervon ſchreibet. Le
Madrigal, ſagt er/ peut eſtre comparé auſſi bien,
que le Sonnet, à l’ Epigramme des Latins & des Grecs,
c’eſt le moindre de tous les Poëmes Liriques: & la ſeule
difference, qu’il y peut avoir entre l’Epigramme, & le
Madrigal, eſt, que le Madrigal ſe chante, & l’ Epi-
gramme non. Je ne trouve point que le mot de Ma-
drigal ait eſté connu des Anciens, au moins ay-je pris
garde, que dans les vieilles impreſſions de Petrarque
il n’en eſt de tout point fait de mention: & ceux, qui
ont commenté les premiers cét Autheur, ſe ſont con-
ten tez d’appeller du nom commun de Chanſon, ou du
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Zitationshilfe: | Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/531>, abgerufen am 28.07.2024. |