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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Kurtzbündige
alles/ nähmlich die Wurtzel/ das blat/ die bluhme/ und
die frucht/ mit dem Saamen/ rund ist/ wie Jamblich
bezeuget. Der baum ist in Afriken sehr gemein/ wird
fast so groß als ein Birnbaum/ und hat solche süße
Früchte/ die an grösse den Bohnen gleich seind/ und wie
die Trauben reiffen/ daß auch ein Afriksches Land und
Volk/ dem diese früchte zur stahtigen speise gedienet/
darvon den nahmen bekommen. Ja daher wird auch
das sprichwort loton phagein, das ist/ von der frucht
des Rundbaumes essen/
von einem solchen gesagt/
dem fremde länder so angenehm und süße seind/ daß er
seines Vaterlandes vergisset. Homerus Odyss. 1. Pli-
nius
l. 13, c. 17, & l. 21, c. 17. Theophrastus hist. pl.
l. 7, c.
14. Auf gemeltes sprichwort zielet auch Ovidius/
wan er in seinem 4 buche schreibet:

Nec degustanti Lotos amara fuit.

als auch Virgiel/ wan er diesem baume das wort im-
pia
zueignet/ indem er in seiner Mükke/ folgender ge-
stalt spricht:

Inter quas impia Lotos,
impia, quae socios Ithaci moerentis abegit.

Mit dem worte Ithacus meinet er den Ulisses/ welcher
in diesem so genenten Inlande herschete/ und durch
sturm in Afriken angetrieben war; da er so viel ver-
drusses/ und so viel mühe hatte/ seine gefährten wieder
von dannen wegzubringen. Das holtz von diesem bau-
me ward sehr viel zu den Schalmeien oder Pfeiffen ge-
nommen; weil der klang/ der aus solchen pfeiffen gehet/
überaus hel und lieblich zu sein pfleget. Und daher
wird die Schalmeie bei den Orfeus selbsten lotos ge-
nennet.

Kai R e men lotous, e d au khelen ek[fremdsprachliches Material]ale kheiron.

In eben dem verstande brauchet auch das wort lotos
Euripides in seiner Fönizerin.

Das

Kurtzbuͤndige
alles/ naͤhmlich die Wurtzel/ das blat/ die bluhme/ und
die frucht/ mit dem Saamen/ rund iſt/ wie Jamblich
bezeuget. Der baum iſt in Afriken ſehr gemein/ wird
faſt ſo groß als ein Birnbaum/ und hat ſolche ſuͤße
Fruͤchte/ die an groͤſſe den Bohnen gleich ſeind/ und wie
die Trauben reiffen/ daß auch ein Afrikſches Land und
Volk/ dem dieſe fruͤchte zur ſtåhtigen ſpeiſe gedienet/
darvon den nahmen bekommen. Ja daher wird auch
das ſprichwort λωτὸν φαγεῖν, das iſt/ von der frucht
des Rundbaumes eſſen/
von einem ſolchen geſagt/
dem fremde laͤnder ſo angenehm und ſuͤße ſeind/ daß er
ſeines Vaterlandes vergiſſet. Homerus Odyſſ. 1. Pli-
nius
l. 13, c. 17, & l. 21, c. 17. Theophraſtus hiſt. pl.
l. 7, c.
14. Auf gemeltes ſprichwort zielet auch Ovidius/
wan er in ſeinem 4 buche ſchreibet:

Nec deguſtanti Lotos amara fuit.

als auch Virgiel/ wan er dieſem baume das wort im-
pia
zueignet/ indem er in ſeiner Muͤkke/ folgender ge-
ſtalt ſpricht:

Inter quas impia Lotos,
impia, quæ ſocios Ithaci mœrentis abegit.

Mit dem worte Ithacus meinet er den Uliſſes/ welcher
in dieſem ſo genenten Inlande herſchete/ und durch
ſturm in Afriken angetrieben war; da er ſo viel ver-
druſſes/ und ſo viel muͤhe hatte/ ſeine gefaͤhrten wieder
von dannen wegzubringen. Das holtz von dieſem bau-
me ward ſehr viel zu den Schalmeien oder Pfeiffen ge-
nommen; weil der klang/ der aus ſolchen pfeiffen gehet/
uͤberaus hel und lieblich zu ſein pfleget. Und daher
wird die Schalmeie bei den Orfeus ſelbſten λωτὸς ge-
nennet.

Καί ῤ̕ ἡ μὲν λωτοὺς, ἡ δ̕ ἆυ χέλην ἔκ[fremdsprachliches Material]αλε χειρῶν.

In eben dem verſtande brauchet auch das wort λωτὸς
Euripides in ſeiner Foͤnizerin.

Das
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[486/0510] Kurtzbuͤndige alles/ naͤhmlich die Wurtzel/ das blat/ die bluhme/ und die frucht/ mit dem Saamen/ rund iſt/ wie Jamblich bezeuget. Der baum iſt in Afriken ſehr gemein/ wird faſt ſo groß als ein Birnbaum/ und hat ſolche ſuͤße Fruͤchte/ die an groͤſſe den Bohnen gleich ſeind/ und wie die Trauben reiffen/ daß auch ein Afrikſches Land und Volk/ dem dieſe fruͤchte zur ſtåhtigen ſpeiſe gedienet/ darvon den nahmen bekommen. Ja daher wird auch das ſprichwort λωτὸν φαγεῖν, das iſt/ von der frucht des Rundbaumes eſſen/ von einem ſolchen geſagt/ dem fremde laͤnder ſo angenehm und ſuͤße ſeind/ daß er ſeines Vaterlandes vergiſſet. Homerus Odyſſ. 1. Pli- nius l. 13, c. 17, & l. 21, c. 17. Theophraſtus hiſt. pl. l. 7, c. 14. Auf gemeltes ſprichwort zielet auch Ovidius/ wan er in ſeinem 4 buche ſchreibet: Nec deguſtanti Lotos amara fuit. als auch Virgiel/ wan er dieſem baume das wort im- pia zueignet/ indem er in ſeiner Muͤkke/ folgender ge- ſtalt ſpricht: Inter quas impia Lotos, impia, quæ ſocios Ithaci mœrentis abegit. Mit dem worte Ithacus meinet er den Uliſſes/ welcher in dieſem ſo genenten Inlande herſchete/ und durch ſturm in Afriken angetrieben war; da er ſo viel ver- druſſes/ und ſo viel muͤhe hatte/ ſeine gefaͤhrten wieder von dannen wegzubringen. Das holtz von dieſem bau- me ward ſehr viel zu den Schalmeien oder Pfeiffen ge- nommen; weil der klang/ der aus ſolchen pfeiffen gehet/ uͤberaus hel und lieblich zu ſein pfleget. Und daher wird die Schalmeie bei den Orfeus ſelbſten λωτὸς ge- nennet. Καί ῤ̕ ἡ μὲν λωτοὺς, ἡ δ̕ ἆυ χέλην ἔκ_ αλε χειρῶν. In eben dem verſtande brauchet auch das wort λωτὸς Euripides in ſeiner Foͤnizerin. Das

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/510>, abgerufen am 27.11.2024.