Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.Kurtzbündige das ist/ es ist süße und lieblich in eines guhtenmannes Augen zu schauen. Polla men ophthalmoi to anthropinon ethon ermeneuousi, d. i. die Augen zei- gen viel der menschlichen sitten an/ sagt Filo- stratus. Ist das Auge guht/ so ist das gemühte guht: und dan bewegt es den anschauer/ der auch guht ist/ zur Liebe; ja so wird das Griechische sprichwort wahr: ek ou oran ginetai to eran, Liebe blühet/ wo man siehet; oder anschauen würkt trauen. Unser Hei- land sagt bei dem Heilverkündiger Matteus im 22 spr. seines 6 hauptstükkes: Das Auge ist des leibes licht. Wan dein Auge einfältig ist/ so wird dein gantzer leib liecht sein: wan aber dein Auge ein schalk ist/ so wird dein gantzer leib fünster sein. Andres agathoi ortos blepousi ommasi, die guhten und frommen sehen gerade aus den augen/ seind Xe- nofons worte im 7 b. das ist/ sie sehen aufrichtig und redlich/ nicht schalkhaftig/ tükkisch und betrügerisch aus: sie laßen aus den Augen blikken/ daß ihr gantzer leib vol tugend sei; daß ihren gantzen menschen die tu- gend erleuchtet/ und kein laster verfünstert: ja ihrer Au- gen einfältige blikke zeigen an/ daß sie derselben meister so wohl seind/ als der hände. Ou monon dei tas kheiras ekhein par' auto, alla kai tous ophthalmous, es geziemet sich nicht allein die Hände in seiner macht zu ha- ben/ sondern auch die Augen; sagte Isokrates zum Sofokles/ als er einen schönen Knaben alzuver- liebt lobete; wie Plutarch im leben der zehen Red- ner bezeuget. Zur 2 und folgenden zeilen des 22 blats. DAß Potifar/ den Flavius Josef/ im 2 b. seiner letztem
Kurtzbuͤndige das iſt/ es iſt ſuͤße und lieblich in eines guhtenmannes Augen zu ſchauen. Πολλὰ μὲν ὀφθαλμοὶ τῶ ἀνθροπίνων ἤθων ἑρμηνευουσι, d. i. die Augen zei- gen viel der menſchlichen ſitten an/ ſagt Filo- ſtratus. Iſt das Auge guht/ ſo iſt das gemuͤhte guht: und dan bewegt es den anſchauer/ der auch guht iſt/ zur Liebe; ja ſo wird das Griechiſche ſprichwort wahr: ἐκ οὗ ὁρᾷν γίνεται τὸ ἐρᾷν, Liebe bluͤhet/ wo man ſiehet; oder anſchauen wuͤrkt trauen. Unſer Hei- land ſagt bei dem Heilverkuͤndiger Matteus im 22 ſpr. ſeines 6 hauptſtuͤkkes: Das Auge iſt des leibes licht. Wan dein Auge einfaͤltig iſt/ ſo wird dein gantzer leib liecht ſein: wan aber dein Auge ein ſchalk iſt/ ſo wird dein gantzer leib fuͤnſter ſein. Ἀνδρες ἀγαθοὶ ὀρτῶς βλέπουσι ὄμμασι, die guhten und frommen ſehen gerade aus den augen/ ſeind Xe- nofons worte im 7 b. das iſt/ ſie ſehen aufrichtig und redlich/ nicht ſchalkhaftig/ tuͤkkiſch und betruͤgeriſch aus: ſie laßen aus den Augen blikken/ daß ihr gantzer leib vol tugend ſei; daß ihren gantzen menſchen die tu- gend erleuchtet/ und kein laſter verfuͤnſtert: ja ihrer Au- gen einfaͤltige blikke zeigen an/ daß ſie derſelben meiſter ſo wohl ſeind/ als der haͤnde. Ὄυ μόνον δεῖ τὰς χείρας ἔχειν παρ᾽ ἀυτῷ, ἀλλὰ καὶ τοὺς ὀφθαλμοὺς, es geziemet ſich nicht allein die Haͤnde in ſeiner macht zu ha- ben/ ſondern auch die Augen; ſagte Iſokrates zum Sofokles/ als er einen ſchoͤnen Knaben alzuver- liebt lobete; wie Plutarch im leben der zehen Red- ner bezeuget. Zur 2 und folgenden zeilen des 22 blats. DAß Potifar/ den Flavius Joſef/ im 2 b. ſeiner letztem
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Kurtzbuͤndige
das iſt/ es iſt ſuͤße und lieblich in eines guhten
mannes Augen zu ſchauen. Πολλὰ μὲν ὀφθαλμοὶ
τῶ ἀνθροπίνων ἤθων ἑρμηνευουσι, d. i. die Augen zei-
gen viel der menſchlichen ſitten an/ ſagt Filo-
ſtratus. Iſt das Auge guht/ ſo iſt das gemuͤhte guht:
und dan bewegt es den anſchauer/ der auch guht iſt/
zur Liebe; ja ſo wird das Griechiſche ſprichwort wahr:
ἐκ οὗ ὁρᾷν γίνεται τὸ ἐρᾷν, Liebe bluͤhet/ wo man
ſiehet; oder anſchauen wuͤrkt trauen. Unſer Hei-
land ſagt bei dem Heilverkuͤndiger Matteus im 22
ſpr. ſeines 6 hauptſtuͤkkes: Das Auge iſt des leibes
licht. Wan dein Auge einfaͤltig iſt/ ſo wird dein
gantzer leib liecht ſein: wan aber dein Auge ein
ſchalk iſt/ ſo wird dein gantzer leib fuͤnſter ſein.
Ἀνδρες ἀγαθοὶ ὀρτῶς βλέπουσι ὄμμασι, die guhten und
frommen ſehen gerade aus den augen/ ſeind Xe-
nofons worte im 7 b. das iſt/ ſie ſehen aufrichtig und
redlich/ nicht ſchalkhaftig/ tuͤkkiſch und betruͤgeriſch
aus: ſie laßen aus den Augen blikken/ daß ihr gantzer
leib vol tugend ſei; daß ihren gantzen menſchen die tu-
gend erleuchtet/ und kein laſter verfuͤnſtert: ja ihrer Au-
gen einfaͤltige blikke zeigen an/ daß ſie derſelben meiſter
ſo wohl ſeind/ als der haͤnde. Ὄυ μόνον δεῖ τὰς χείρας
ἔχειν παρ᾽ ἀυτῷ, ἀλλὰ καὶ τοὺς ὀφθαλμοὺς, es geziemet
ſich nicht allein die Haͤnde in ſeiner macht zu ha-
ben/ ſondern auch die Augen; ſagte Iſokrates
zum Sofokles/ als er einen ſchoͤnen Knaben alzuver-
liebt lobete; wie Plutarch im leben der zehen Red-
ner bezeuget.
Zur 2 und folgenden zeilen des 22 blats.
DAß Potifar/ den Flavius Joſef/ im 2 b. ſeiner
Juͤdiſchen Geſchicht/ Petefres nennet/ die drit-
te ſtelle nach dem Koͤnige beſeſſen/ iſt aus Joſefs
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Zitationshilfe: | Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/430>, abgerufen am 17.02.2025. |