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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Kurtzbündige
che/ wie ein Habicht gestaltet/ bewegte sich unterdessen
mit einem heftigen zischen. So bald aber das feuer ver-
losch/ stund alles stil. Hero in Automatis. So künst-
lich und arglistig wusten die Egiptischen Priester das
arme volk zu betrügen/ und in ihrer abergleubischen
gottesfurcht zu erhalten. Sonsten ward mehr gemel-
dete Isis/ wan sie den Mohn allein andeuten wolten/
gemeiniglich mit hörnern gebildet; weil der Mohn im
ab- und zu-nehmen gehörnet/ und ihm der Ochse/ der
ebenmäßig gehörnet/ als des Akkerbaues sinbild/ gleich
so wohl/ als der Sonne/ geheiliget war/ sonderlich zu
Memfis; wie Elian in 11 h. des 11 b. seiner Tier-
geschichte/ Diodor im 1 b. und Plutarch von der Isis
und dem Osiris/ bezeugen.

Herodotus schreibet in seiner Euterpe: to gar tes
Isios agalma eon gunaike[i]o[n], boukeron esti, kataper ellenes
ten Ioun graphousi,
das ist/ der Isis Bildseule/ welche
ein weibesbild ist/ hat Ochsenhörner; gleichwie
die Griechen die Jo zu bilden pflegen
. Diese Jo
war Inachs tochter/ die er mit des Foroneus schwe-
ster gezeuget; und wird auch vor die Egiptische Isis/
gleichwie ihr sohn Epafus vor den Egiptischen A-
pis
/ gehalten: wiewohl es die Egipter bloß vor ein ei-
teles geschwätze der lügenhaftigen Griechen annehmen;
bei denen nichts gemeiner war/ als daß sie anderer Völ-
ker Abgötter ihnen zueigneten. Daß aber die Egiptische
Königin Isis/ die mutter des Libischen Herkels/
nachdem ihr gemahl/ der König Osiris/ von seinem
bruder Tifon ermordet worden/ zum Gambriven in
Deutschland sei kommen/ das Getreidich/ welches den
menschen zuvor unbekant/ unter andern gewächsen ge-
funden/ und solches zu saen/ zu mahlen/ zu bakken/ auch
den gebrauch der wolle/ des öhls/ und des weines geleh-
ret/ und daher von den Schwaben vor eine Göttin
gehalten und aufgeworfen worden/ bezeuget/ samt an

dern/

Kurtzbuͤndige
che/ wie ein Habicht geſtaltet/ bewegte ſich unterdeſſen
mit einem heftigen ziſchen. So bald aber das feuer ver-
loſch/ ſtund alles ſtil. Hero in Automatis. So kuͤnſt-
lich und argliſtig wuſten die Egiptiſchen Prieſter das
arme volk zu betruͤgen/ und in ihrer abergleubiſchen
gottesfurcht zu erhalten. Sonſten ward mehr gemel-
dete Iſis/ wan ſie den Mohn allein andeuten wolten/
gemeiniglich mit hoͤrnern gebildet; weil der Mohn im
ab- und zu-nehmen gehoͤrnet/ und ihm der Ochſe/ der
ebenmaͤßig gehoͤrnet/ als des Akkerbaues ſinbild/ gleich
ſo wohl/ als der Sonne/ geheiliget war/ ſonderlich zu
Memfis; wie Elian in 11 h. des 11 b. ſeiner Tier-
geſchichte/ Diodor im 1 b. und Plutarch von der Iſis
und dem Oſiris/ bezeugen.

Herodotus ſchreibet in ſeiner Euterpe: τὸ γὰρ τῆς
Ἴσιος ἄγαλμα ἐὸν γυναική[ι]ο[ν], βούκερών ἐστι, κατάπερ ἕλληνες
τὴν Ἰοῦν γράϕουσι,
das iſt/ der Iſis Bildſeule/ welche
ein weibesbild iſt/ hat Ochſenhoͤrner; gleichwie
die Griechen die Jo zu bilden pflegen
. Dieſe Jo
war Inachs tochter/ die er mit des Foroneus ſchwe-
ſter gezeuget; und wird auch vor die Egiptiſche Iſis/
gleichwie ihr ſohn Epafus vor den Egiptiſchen A-
pis
/ gehalten: wiewohl es die Egipter bloß vor ein ei-
teles geſchwaͤtze der luͤgenhaftigen Griechen annehmen;
bei denen nichts gemeiner war/ als daß ſie anderer Voͤl-
ker Abgoͤtter ihnen zueigneten. Daß aber die Egiptiſche
Koͤnigin Iſis/ die mutter des Libiſchen Herkels/
nachdem ihr gemahl/ der Koͤnig Oſiris/ von ſeinem
bruder Tifon ermordet worden/ zum Gambriven in
Deutſchland ſei kommen/ das Getreidich/ welches den
menſchen zuvor unbekant/ unter andern gewaͤchſen ge-
funden/ und ſolches zu ſåen/ zu mahlen/ zu bakken/ auch
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[372/0396] Kurtzbuͤndige che/ wie ein Habicht geſtaltet/ bewegte ſich unterdeſſen mit einem heftigen ziſchen. So bald aber das feuer ver- loſch/ ſtund alles ſtil. Hero in Automatis. So kuͤnſt- lich und argliſtig wuſten die Egiptiſchen Prieſter das arme volk zu betruͤgen/ und in ihrer abergleubiſchen gottesfurcht zu erhalten. Sonſten ward mehr gemel- dete Iſis/ wan ſie den Mohn allein andeuten wolten/ gemeiniglich mit hoͤrnern gebildet; weil der Mohn im ab- und zu-nehmen gehoͤrnet/ und ihm der Ochſe/ der ebenmaͤßig gehoͤrnet/ als des Akkerbaues ſinbild/ gleich ſo wohl/ als der Sonne/ geheiliget war/ ſonderlich zu Memfis; wie Elian in 11 h. des 11 b. ſeiner Tier- geſchichte/ Diodor im 1 b. und Plutarch von der Iſis und dem Oſiris/ bezeugen. Herodotus ſchreibet in ſeiner Euterpe: τὸ γὰρ τῆς Ἴσιος ἄγαλμα ἐὸν γυναικήιον, βούκερών ἐστι, κατάπερ ἕλληνες τὴν Ἰοῦν γράϕουσι, das iſt/ der Iſis Bildſeule/ welche ein weibesbild iſt/ hat Ochſenhoͤrner; gleichwie die Griechen die Jo zu bilden pflegen. Dieſe Jo war Inachs tochter/ die er mit des Foroneus ſchwe- ſter gezeuget; und wird auch vor die Egiptiſche Iſis/ gleichwie ihr ſohn Epafus vor den Egiptiſchen A- pis/ gehalten: wiewohl es die Egipter bloß vor ein ei- teles geſchwaͤtze der luͤgenhaftigen Griechen annehmen; bei denen nichts gemeiner war/ als daß ſie anderer Voͤl- ker Abgoͤtter ihnen zueigneten. Daß aber die Egiptiſche Koͤnigin Iſis/ die mutter des Libiſchen Herkels/ nachdem ihr gemahl/ der Koͤnig Oſiris/ von ſeinem bruder Tifon ermordet worden/ zum Gambriven in Deutſchland ſei kommen/ das Getreidich/ welches den menſchen zuvor unbekant/ unter andern gewaͤchſen ge- funden/ und ſolches zu ſåen/ zu mahlen/ zu bakken/ auch den gebrauch der wolle/ des oͤhls/ und des weines geleh- ret/ und daher von den Schwaben vor eine Goͤttin gehalten und aufgeworfen worden/ bezeuget/ ſamt an dern/

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/396>, abgerufen am 27.11.2024.