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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
mein begehren/ daß ihr bei zeiten anordnung tuht/ wie
es nach eurem hintritte/ in einem und dem andern/
was den Staht und desselben beherschung betrift/ sol
gehalten werden. Bei euch beruhen alle geheimnüsse
des Reichs. Ihr allein habet wissenschaft von den ver-
borgnesten sachen des Stahts. Von euch allein auch
haben wir einen guhten raht zu gewarten.

Weil nun Josef dieses alles schon lange versorget/
so gab er folgende antwort. Die gantze verfassung/ sag-
te er/ ist vorlängst geschehen. Ich selbsten habe sie mit
eigener hand aufgesetzt. Und darbei seind etliche Bei-
lagen; die der König/ zu seinem nachrichte/ vor sich allein
und in geheim behalten sol. Gestern habe ich alles mei-
nem Sohne Efraim wohlversiegelt zugestelt. Dem ist
auch befehl geschehn/ solches dem Könige/ so bald meine
seele von mir geschieden/ in geheim zu überreichen. Der
König verlangte sie zu sehen/ sonderlich die Beilagen; da-
mit er vom Josef selbsten noch einige erklährungen dar-
über einziehen könte. Straks ward hingeschikt/ sie zu hoh-
len. Efraim brachte sie selbsten. Der König empfing sie
aus seiner hand. Er entsiegelte sie/ und lase sie durch.
In den Beilagen stunden etliche heimligkeiten des
Stahts; sonderlich wie der König sein freimächtiges
gebiet erhalten solte. Auch ward darinnen weitleuftig
erklähret/ durch was mittel und wege Josef die könig-
liche macht zu solcher freiheit gebracht. Alles gefiel dem
Könige überaus wohl. Er dankte dem Josef vor seine
so getreue vorsorge: welcher auch noch zum überflusse
sein gantzes Rahtsbedenken mündlich wiederhohlte/
und mit deutlichern reden erklährete. Hierinnen schöpf-
te der König eine solche vergnügung/ daß er auch uner-
suchet und aus eigenem triebe dem Josef die hand zu-
reichte/ und mit einem hohen eidschwuhre versprach/
daß er solches/ nach seinem tode/ seinen Kindern ver-
gelten/ und sie befördern/ und beschirmen wolte/ wo

und

Der Aſſenat
mein begehren/ daß ihr bei zeiten anordnung tuht/ wie
es nach eurem hintritte/ in einem und dem andern/
was den Staht und deſſelben beherſchung betrift/ ſol
gehalten werden. Bei euch beruhen alle geheimnuͤſſe
des Reichs. Ihr allein habet wiſſenſchaft von den ver-
borgneſten ſachen des Stahts. Von euch allein auch
haben wir einen guhten raht zu gewarten.

Weil nun Joſef dieſes alles ſchon lange verſorget/
ſo gab er folgende antwort. Die gantze verfaſſung/ ſag-
te er/ iſt vorlaͤngſt geſchehen. Ich ſelbſten habe ſie mit
eigener hand aufgeſetzt. Und darbei ſeind etliche Bei-
lagen; die der Koͤnig/ zu ſeinem nachrichte/ vor ſich allein
und in geheim behalten ſol. Geſtern habe ich alles mei-
nem Sohne Efraim wohlverſiegelt zugeſtelt. Dem iſt
auch befehl geſchehn/ ſolches dem Koͤnige/ ſo bald meine
ſeele von mir geſchieden/ in geheim zu uͤberreichen. Der
Koͤnig verlangte ſie zu ſehen/ ſonderlich die Beilagen; da-
mit er vom Joſef ſelbſten noch einige erklaͤhrungen dar-
uͤber einziehen koͤnte. Straks ward hingeſchikt/ ſie zu hoh-
len. Efraim brachte ſie ſelbſten. Der Koͤnig empfing ſie
aus ſeiner hand. Er entſiegelte ſie/ und laſe ſie durch.
In den Beilagen ſtunden etliche heimligkeiten des
Stahts; ſonderlich wie der Koͤnig ſein freimaͤchtiges
gebiet erhalten ſolte. Auch ward darinnen weitleuftig
erklaͤhret/ durch was mittel und wege Joſef die koͤnig-
liche macht zu ſolcher freiheit gebracht. Alles gefiel dem
Koͤnige uͤberaus wohl. Er dankte dem Joſef vor ſeine
ſo getreue vorſorge: welcher auch noch zum uͤberfluſſe
ſein gantzes Rahtsbedenken muͤndlich wiederhohlte/
und mit deutlichern reden erklaͤhrete. Hierinnen ſchoͤpf-
te der Koͤnig eine ſolche vergnuͤgung/ daß er auch uner-
ſuchet und aus eigenem triebe dem Joſef die hand zu-
reichte/ und mit einem hohen eidſchwuhre verſprach/
daß er ſolches/ nach ſeinem tode/ ſeinen Kindern ver-
gelten/ und ſie befoͤrdern/ und beſchirmen wolte/ wo

und
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[336/0360] Der Aſſenat mein begehren/ daß ihr bei zeiten anordnung tuht/ wie es nach eurem hintritte/ in einem und dem andern/ was den Staht und deſſelben beherſchung betrift/ ſol gehalten werden. Bei euch beruhen alle geheimnuͤſſe des Reichs. Ihr allein habet wiſſenſchaft von den ver- borgneſten ſachen des Stahts. Von euch allein auch haben wir einen guhten raht zu gewarten. Weil nun Joſef dieſes alles ſchon lange verſorget/ ſo gab er folgende antwort. Die gantze verfaſſung/ ſag- te er/ iſt vorlaͤngſt geſchehen. Ich ſelbſten habe ſie mit eigener hand aufgeſetzt. Und darbei ſeind etliche Bei- lagen; die der Koͤnig/ zu ſeinem nachrichte/ vor ſich allein und in geheim behalten ſol. Geſtern habe ich alles mei- nem Sohne Efraim wohlverſiegelt zugeſtelt. Dem iſt auch befehl geſchehn/ ſolches dem Koͤnige/ ſo bald meine ſeele von mir geſchieden/ in geheim zu uͤberreichen. Der Koͤnig verlangte ſie zu ſehen/ ſonderlich die Beilagen; da- mit er vom Joſef ſelbſten noch einige erklaͤhrungen dar- uͤber einziehen koͤnte. Straks ward hingeſchikt/ ſie zu hoh- len. Efraim brachte ſie ſelbſten. Der Koͤnig empfing ſie aus ſeiner hand. Er entſiegelte ſie/ und laſe ſie durch. In den Beilagen ſtunden etliche heimligkeiten des Stahts; ſonderlich wie der Koͤnig ſein freimaͤchtiges gebiet erhalten ſolte. Auch ward darinnen weitleuftig erklaͤhret/ durch was mittel und wege Joſef die koͤnig- liche macht zu ſolcher freiheit gebracht. Alles gefiel dem Koͤnige uͤberaus wohl. Er dankte dem Joſef vor ſeine ſo getreue vorſorge: welcher auch noch zum uͤberfluſſe ſein gantzes Rahtsbedenken muͤndlich wiederhohlte/ und mit deutlichern reden erklaͤhrete. Hierinnen ſchoͤpf- te der Koͤnig eine ſolche vergnuͤgung/ daß er auch uner- ſuchet und aus eigenem triebe dem Joſef die hand zu- reichte/ und mit einem hohen eidſchwuhre verſprach/ daß er ſolches/ nach ſeinem tode/ ſeinen Kindern ver- gelten/ und ſie befoͤrdern/ und beſchirmen wolte/ wo und

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/360>, abgerufen am 22.12.2024.