Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.siebendes Buch. War Asanel über den Ring verwundert gewesen/ so Mitlerweile nahete die zeit herbei/ daß Jakob ster- ka.
ſiebendes Buch. War Aſanel uͤber den Ring verwundert geweſen/ ſo Mitlerweile nahete die zeit herbei/ daß Jakob ſter- ka.
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ſiebendes Buch.
War Aſanel uͤber den Ring verwundert geweſen/ ſo
war ſie es uͤber dieſen Brief noch vielmehr. Kaum
konte ſie ihr einbilden/ daß ihn Techos geſchrieben.
Aber ſie kennete ſeine hand. Daruͤm muſte ſie es gleu-
ben. Sehet! ſagte ſie/ wie maͤchtig die Liebe iſt. Sie
kan den hochmuht zu bodem ſchmeiſſen. Sie kan den
trotz baͤndigen. Techos war vor dieſem ſo hochmuͤhtig/
daß er ſich uͤber alles erhub: und itzund erniedrigt er ſich
dermaßen/ daß er gleichſam auf den kniehen vor ihr
lieget. Er war ſo trotzig/ daß er niemand etwas zuvor-
gab: und nunmehr hat er ſich durch einen blik ihrer
ſchoͤnen augen ſo gar feſſeln laßen/ daß er ſich willig un-
ter ihr joch buͤkket. Sie iſt in wahrheit gluͤklich: weil
ſie ſo viel vermocht/ als das gantze Egiptiſche Frauen-
zimmer nicht vermoͤgen konte. Er bildete ihm ein/
man muͤſte ihn wohl ohne das lieben. Er gab gewislich
nicht viel guhte worte. Er trotzete/ ich weis nicht wor-
auf. Er pochete/ ich weis nicht womit. Und gleich-
wohl wolte er geliebet ſein. Das habe ich Ihr ja zu-
vor geſagt/ fing Manaſſe hierauf an. Ich wuſte es
wohl/ daß es alſo gehen wuͤrde. Dieſe kunſt kan gegen-
waͤrtige ſchoͤne Ebreerin. Dieſe kraft haben die ſtrah-
len ihrer augen. Damit kan ſie alles/ was gewaltig iſt/
uͤberwaͤltigen. Alſo ſchertzete Manaſſe: und nach
etlichen mehr dergleichen reden/ ſchieden ſie vonein-
ander.
Mitlerweile nahete die zeit herbei/ daß Jakob ſter-
ben ſolte. Daruͤm lies er ſeinen ſohn Joſef zu ſich ru-
fen/ ihm zu ſagen/ wie es mit ihm/ nach ſeinem tode/
ſolte gehalten werden. Habe ich gnade fuͤr dir gefunden/
ſagte er/ ſo lege deine hand unter meine huͤfte. Gelobe
mir an/ daß du die liebe und treue an mir tuhn wolleſt/
mich nicht in Egipten zu begraben. Dan ich wil in
Kanaan/ bei meinen Vaͤtern/ liegen. Da lieget A-
braham und Sara. Da ruhet Iſaak und Rebek-
ka.
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Zitationshilfe: | Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/339>, abgerufen am 28.07.2024. |