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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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sechstes Buch.

Die Königliche Fürstin stund eben im fenster/ da der
königliche Fürst ankahm. Der König selbsten ging ihm/
mit dem Schaltkönige/ und etlichen Fürsten/ bis fast
an das tohr entgegen. Straks schwang sich der Libier
vom wagen/ als er den König erblikte. Mit ungemei-
nen freudenbezeugungen empfingen sie sich unterein-
ander. Die Königliche Fürstin sahe dieses alles mit
großer verwunderung an. Nun zweifelte sie nicht/ daß
dieser Libier weit mehr sei/ als sie gewähnet. Darüm
war es ihr lieb/ daß sie ihm des vorigen tages höflicher
begegnet/ als ihr wille gewesen.

Mitlerweile begaben sich alle diese Herrn in den Ta-
felsaal: da sie das Brautmahl schon wieder bereitet
fanden. Nicht lange darnach kahm das Frauenzimmer
auch an. Dem Könige beliebte wiederüm eine bunte
reihe zu machen. Nichts liebers wündschte der Libier.
Nichts angenehmers konte ihm wiederfahren/ als bei
der Königlichen Fürstin zu sitzen. Diese hatte nun-
mehr wind bekommen/ daß er der Königliche Libische
Fürst sei. Darüm baht sie ihn/ so bald sie gelegenheit
bekahm/ ihr nicht zu verübeln/ daß sie ihm bisher nicht
nach seinem Stande begegnet. Sie wendete ihre unwis-
senheit vor: die solte ihrer unhöfligkeit dekmantel sein.
Er antwortete: daß sie gantz nicht nöhtig hette einige
entschuldigung einzuwenden. Sie hette ihm mehr ehre
erwiesen/ als er würdig sei; auch selbsten dazumahl/ da
er/ als ein Edelgesteinhändler/ die gnade gehabt sie zu
sprechen. Uber diesem worte Edelgesteinhändler fing
die Fürstin an zu lächlen. Aber/ sagte sie/ ich bin noch
in seiner schuld. Wan und womit sol ich seine Perlen-
schnuhr bezahlen? Die bezahlung/ gab der Fürst zur
antwort/ ist schon geschehen. Ich habe einen solchen
schatz darvor erlanget/ der mir lieber ist/ als die gan-
tze Welt. Nitokris erröhtete sich hierüber/ und wuste
so straks nicht/ was sie zur wiederantwort geben solte.

In
ſechſtes Buch.

Die Koͤnigliche Fuͤrſtin ſtund eben im fenſter/ da der
koͤnigliche Fuͤrſt ankahm. Der Koͤnig ſelbſten ging ihm/
mit dem Schaltkoͤnige/ und etlichen Fuͤrſten/ bis faſt
an das tohr entgegen. Straks ſchwang ſich der Libier
vom wagen/ als er den Koͤnig erblikte. Mit ungemei-
nen freudenbezeugungen empfingen ſie ſich unterein-
ander. Die Koͤnigliche Fuͤrſtin ſahe dieſes alles mit
großer verwunderung an. Nun zweifelte ſie nicht/ daß
dieſer Libier weit mehr ſei/ als ſie gewaͤhnet. Daruͤm
war es ihr lieb/ daß ſie ihm des vorigen tages hoͤflicher
begegnet/ als ihr wille geweſen.

Mitlerweile begaben ſich alle dieſe Herrn in den Ta-
felſaal: da ſie das Brautmahl ſchon wieder bereitet
fanden. Nicht lange darnach kahm das Frauenzimmer
auch an. Dem Koͤnige beliebte wiederuͤm eine bunte
reihe zu machen. Nichts liebers wuͤndſchte der Libier.
Nichts angenehmers konte ihm wiederfahren/ als bei
der Koͤniglichen Fuͤrſtin zu ſitzen. Dieſe hatte nun-
mehr wind bekommen/ daß er der Koͤnigliche Libiſche
Fuͤrſt ſei. Daruͤm baht ſie ihn/ ſo bald ſie gelegenheit
bekahm/ ihr nicht zu veruͤbeln/ daß ſie ihm bisher nicht
nach ſeinem Stande begegnet. Sie wendete ihre unwiſ-
ſenheit vor: die ſolte ihrer unhoͤfligkeit dekmantel ſein.
Er antwortete: daß ſie gantz nicht noͤhtig hette einige
entſchuldigung einzuwenden. Sie hette ihm mehr ehre
erwieſen/ als er wuͤrdig ſei; auch ſelbſten dazumahl/ da
er/ als ein Edelgeſteinhaͤndler/ die gnade gehabt ſie zu
ſprechen. Uber dieſem worte Edelgeſteinhaͤndler fing
die Fuͤrſtin an zu laͤchlen. Aber/ ſagte ſie/ ich bin noch
in ſeiner ſchuld. Wan und womit ſol ich ſeine Perlen-
ſchnuhr bezahlen? Die bezahlung/ gab der Fuͤrſt zur
antwort/ iſt ſchon geſchehen. Ich habe einen ſolchen
ſchatz darvor erlanget/ der mir lieber iſt/ als die gan-
tze Welt. Nitokris erroͤhtete ſich hieruͤber/ und wuſte
ſo ſtraks nicht/ was ſie zur wiederantwort geben ſolte.

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[253/0277] ſechſtes Buch. Die Koͤnigliche Fuͤrſtin ſtund eben im fenſter/ da der koͤnigliche Fuͤrſt ankahm. Der Koͤnig ſelbſten ging ihm/ mit dem Schaltkoͤnige/ und etlichen Fuͤrſten/ bis faſt an das tohr entgegen. Straks ſchwang ſich der Libier vom wagen/ als er den Koͤnig erblikte. Mit ungemei- nen freudenbezeugungen empfingen ſie ſich unterein- ander. Die Koͤnigliche Fuͤrſtin ſahe dieſes alles mit großer verwunderung an. Nun zweifelte ſie nicht/ daß dieſer Libier weit mehr ſei/ als ſie gewaͤhnet. Daruͤm war es ihr lieb/ daß ſie ihm des vorigen tages hoͤflicher begegnet/ als ihr wille geweſen. Mitlerweile begaben ſich alle dieſe Herrn in den Ta- felſaal: da ſie das Brautmahl ſchon wieder bereitet fanden. Nicht lange darnach kahm das Frauenzimmer auch an. Dem Koͤnige beliebte wiederuͤm eine bunte reihe zu machen. Nichts liebers wuͤndſchte der Libier. Nichts angenehmers konte ihm wiederfahren/ als bei der Koͤniglichen Fuͤrſtin zu ſitzen. Dieſe hatte nun- mehr wind bekommen/ daß er der Koͤnigliche Libiſche Fuͤrſt ſei. Daruͤm baht ſie ihn/ ſo bald ſie gelegenheit bekahm/ ihr nicht zu veruͤbeln/ daß ſie ihm bisher nicht nach ſeinem Stande begegnet. Sie wendete ihre unwiſ- ſenheit vor: die ſolte ihrer unhoͤfligkeit dekmantel ſein. Er antwortete: daß ſie gantz nicht noͤhtig hette einige entſchuldigung einzuwenden. Sie hette ihm mehr ehre erwieſen/ als er wuͤrdig ſei; auch ſelbſten dazumahl/ da er/ als ein Edelgeſteinhaͤndler/ die gnade gehabt ſie zu ſprechen. Uber dieſem worte Edelgeſteinhaͤndler fing die Fuͤrſtin an zu laͤchlen. Aber/ ſagte ſie/ ich bin noch in ſeiner ſchuld. Wan und womit ſol ich ſeine Perlen- ſchnuhr bezahlen? Die bezahlung/ gab der Fuͤrſt zur antwort/ iſt ſchon geſchehen. Ich habe einen ſolchen ſchatz darvor erlanget/ der mir lieber iſt/ als die gan- tze Welt. Nitokris erroͤhtete ſich hieruͤber/ und wuſte ſo ſtraks nicht/ was ſie zur wiederantwort geben ſolte. In

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/277>, abgerufen am 22.12.2024.