Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.Der Assenat knechtischen fesselringes/ einen Königlichen Siegel-ring/ zur bekräftigung seiner macht. An stat des zei- chens der Leibeignen/ führete er einen Königsstab in der hand/ und einen Königskrantz auf dem heupte. An stat des schlammichten Stokhauses/ hatte er eine Kö- nigliche wohnung. Ja alles/ was er zuvor elendes gehabt/ war nunmehr in lauter herligkeit verändert. So herlich ward ihm seine Gottesfurcht belohnet/ sei- ne Tugend bezahlet/ seine Keuschheit vergolten. Auf den morgen ward des Königes zweiter Stahts- wagen
Der Aſſenat knechtiſchen feſſelringes/ einen Koͤniglichen Siegel-ring/ zur bekraͤftigung ſeiner macht. An ſtat des zei- chens der Leibeignen/ fuͤhrete er einen Koͤnigsſtab in der hand/ und einen Koͤnigskrantz auf dem heupte. An ſtat des ſchlammichten Stokhauſes/ hatte er eine Koͤ- nigliche wohnung. Ja alles/ was er zuvor elendes gehabt/ war nunmehr in lauter herligkeit veraͤndert. So herlich ward ihm ſeine Gottesfurcht belohnet/ ſei- ne Tugend bezahlet/ ſeine Keuſchheit vergolten. Auf den morgen ward des Koͤniges zweiter Stahts- wagen
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Der Aſſenat
knechtiſchen feſſelringes/ einen Koͤniglichen Siegel-
ring/ zur bekraͤftigung ſeiner macht. An ſtat des zei-
chens der Leibeignen/ fuͤhrete er einen Koͤnigsſtab in
der hand/ und einen Koͤnigskrantz auf dem heupte. An
ſtat des ſchlammichten Stokhauſes/ hatte er eine Koͤ-
nigliche wohnung. Ja alles/ was er zuvor elendes
gehabt/ war nunmehr in lauter herligkeit veraͤndert.
So herlich ward ihm ſeine Gottesfurcht belohnet/ ſei-
ne Tugend bezahlet/ ſeine Keuſchheit vergolten.
Auf den morgen ward des Koͤniges zweiter Stahts-
wagen faͤrtig gemacht. Dieſer blinkte von lauter golde.
Vier ſchneeweiſſe pferde zogen ihn. Der pferdeſchmuk
ſchimmerte von koͤſtlichen ſteinen. Auf dieſem praͤchti-
gen wagen fuhr Joſef durch die fuͤrnehmſten gaſſen der
ſtadt. Zween Heerolden/ aus den aͤlteſten des Heers
erleſen/ ritten vor ihm her/ in goldgeſtikten koͤſtlichen
roͤkken: und vor dieſen vier Trompeter. So oft der
Stahtswagen vor einen marktplatz/ oder an eine neue
gaſſe kahm; da blieſen die Trompeter/ und die Heerol-
den rieffen mit lauter ſtimme vor dem Joſef aus: Dis
iſt der junge Koͤnigliche Vater; dis iſt der junge
Vater des Reichs. Hinter dem Stahtswagen her
ritten etliche Hofjunkern des Schaltkoͤniges auf koͤſtli-
chen Arabiſchen und Perſiſchen pferden. Alle waren
auf das koͤſtlichſte gezieret. Zu beiden ſeiten des wagens
lieffen die Edelknaben/ die Kammerdiener/ die Lakkeien/
in uͤberaus zierlicher leibestracht. Die Menſchen lagen
in den fenſtern/ ſtunden auf den taͤchern/ warteten in
den tuͤhren/ lieffen und draͤngeten ſich auf den gaſſen.
Alle verlangeten den neuen Schaltkoͤnig zu ſehen. Wo
Joſef voruͤberfuhr/ da hoͤrete man ein großes freuden-
geſchrei. Das frohlokken/ das jauchzen/ das gluͤkzu/
das lebe lange hatte kein ende. Ob er ſchon lange vor-
bei war/ ſo klung doch der nachruf immer hinter ihm
her. Man rief ohn unterlaß/ ſo lange man den Stahts-
wagen
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