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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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vierdes Buch.
Die meisten gedachten/ man würde einen Reientantz
tuhn sollen. Aber der König befahl die tühre zu öfnen:
und die sänger/ samt den spielern/ musten fortträhten.
Alle gingen zur tühre hinaus. Der König/ mit der
Königin gepaaret/ folgete: und ihm die gantze gepaarte
versamlung. Endlich gelangte man in den Königlichen
Lustgarten. Da hielt diese lustige geselschaft einen üm-
gang. Dis geschahe mit sehr langsamen tritte. Zu-
weilen stund man auch ein wenig stil/ das gesicht was
mehr zu ergetzen.

An der überseite des Gartens war eine schöne was-
serkunst in etlichen marmelsteinernen Bildern verbor-
gen. Diese Bilder stunden in einer langen reihe längst
dem gange hin. Eben als der König und Josef hier
vorbei waren/ singen die Bilder an ihre kunst zu bewei-
sen. Etliche sehr dünne wasserstrahlen kahmen ihnen
plötzlich aus den augen/ und aus dem munde/ ja selbst
aus den ohren und brüsten geschossen. Dadurch bekah-
men die vorübergehenden ein unversehenes bad. Als sie
nun von oben also befeuchtet waren; da sprangen und
rieselten auch von unten/ aus der erde selbst/ etliche
zahrte wasserstrahten in die höhe. Und dieses geschahe
allein auf der seite/ da das Frauenzimmer ging: wel-
ches/ so bald es die kalten wasserstrahlen/ unter den rök-
ken/ auf der bloßen haut fühlete/ mit dem wasser als
üm die wette zu springen und zu hüpfeln begunte. Dar-
über erhub sich ein großes gelächter. Der König befahl
den Kunstspielern lustig aufzuspielen. Diese Schönen
solten nach dem tohne tantzen. Nach dem hohen und
niedrigem/ nach dem langsamen und geschwindem klan-
ge solten sie ihre füße bewegen.

Nach dieser kurtzweile begaben sie sich alle wieder
in den Saal. Ein ieder setzte sich in seine stelle. Der
Nachtisch ward vorgedienet. Die bächer gingen rund
herüm. Die gesundheit des Königes und des neuen

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vierdes Buch.
Die meiſten gedachten/ man wuͤrde einen Reientantz
tuhn ſollen. Aber der Koͤnig befahl die tuͤhre zu oͤfnen:
und die ſaͤnger/ ſamt den ſpielern/ muſten forttraͤhten.
Alle gingen zur tuͤhre hinaus. Der Koͤnig/ mit der
Koͤnigin gepaaret/ folgete: und ihm die gantze gepaarte
verſamlung. Endlich gelangte man in den Koͤniglichen
Luſtgarten. Da hielt dieſe luſtige geſelſchaft einen uͤm-
gang. Dis geſchahe mit ſehr langſamen tritte. Zu-
weilen ſtund man auch ein wenig ſtil/ das geſicht was
mehr zu ergetzen.

An der uͤberſeite des Gartens war eine ſchoͤne waſ-
ſerkunſt in etlichen marmelſteinernen Bildern verbor-
gen. Dieſe Bilder ſtunden in einer langen reihe laͤngſt
dem gange hin. Eben als der Koͤnig und Joſef hier
vorbei waren/ ſingen die Bilder an ihre kunſt zu bewei-
ſen. Etliche ſehr duͤnne waſſerſtrahlen kahmen ihnen
ploͤtzlich aus den augen/ und aus dem munde/ ja ſelbſt
aus den ohren und bruͤſten geſchoſſen. Dadurch bekah-
men die voruͤbergehenden ein unverſehenes bad. Als ſie
nun von oben alſo befeuchtet waren; da ſprangen und
rieſelten auch von unten/ aus der erde ſelbſt/ etliche
zahrte waſſerſtrahten in die hoͤhe. Und dieſes geſchahe
allein auf der ſeite/ da das Frauenzimmer ging: wel-
ches/ ſo bald es die kalten waſſerſtrahlen/ unter den roͤk-
ken/ auf der bloßen haut fuͤhlete/ mit dem waſſer als
uͤm die wette zu ſpringen und zu huͤpfeln begunte. Dar-
uͤber erhub ſich ein großes gelaͤchter. Der Koͤnig befahl
den Kunſtſpielern luſtig aufzuſpielen. Dieſe Schoͤnen
ſolten nach dem tohne tantzen. Nach dem hohen und
niedrigem/ nach dem langſamen und geſchwindem klan-
ge ſolten ſie ihre fuͤße bewegen.

Nach dieſer kurtzweile begaben ſie ſich alle wieder
in den Saal. Ein ieder ſetzte ſich in ſeine ſtelle. Der
Nachtiſch ward vorgedienet. Die baͤcher gingen rund
heruͤm. Die geſundheit des Koͤniges und des neuen

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[193/0217] vierdes Buch. Die meiſten gedachten/ man wuͤrde einen Reientantz tuhn ſollen. Aber der Koͤnig befahl die tuͤhre zu oͤfnen: und die ſaͤnger/ ſamt den ſpielern/ muſten forttraͤhten. Alle gingen zur tuͤhre hinaus. Der Koͤnig/ mit der Koͤnigin gepaaret/ folgete: und ihm die gantze gepaarte verſamlung. Endlich gelangte man in den Koͤniglichen Luſtgarten. Da hielt dieſe luſtige geſelſchaft einen uͤm- gang. Dis geſchahe mit ſehr langſamen tritte. Zu- weilen ſtund man auch ein wenig ſtil/ das geſicht was mehr zu ergetzen. An der uͤberſeite des Gartens war eine ſchoͤne waſ- ſerkunſt in etlichen marmelſteinernen Bildern verbor- gen. Dieſe Bilder ſtunden in einer langen reihe laͤngſt dem gange hin. Eben als der Koͤnig und Joſef hier vorbei waren/ ſingen die Bilder an ihre kunſt zu bewei- ſen. Etliche ſehr duͤnne waſſerſtrahlen kahmen ihnen ploͤtzlich aus den augen/ und aus dem munde/ ja ſelbſt aus den ohren und bruͤſten geſchoſſen. Dadurch bekah- men die voruͤbergehenden ein unverſehenes bad. Als ſie nun von oben alſo befeuchtet waren; da ſprangen und rieſelten auch von unten/ aus der erde ſelbſt/ etliche zahrte waſſerſtrahten in die hoͤhe. Und dieſes geſchahe allein auf der ſeite/ da das Frauenzimmer ging: wel- ches/ ſo bald es die kalten waſſerſtrahlen/ unter den roͤk- ken/ auf der bloßen haut fuͤhlete/ mit dem waſſer als uͤm die wette zu ſpringen und zu huͤpfeln begunte. Dar- uͤber erhub ſich ein großes gelaͤchter. Der Koͤnig befahl den Kunſtſpielern luſtig aufzuſpielen. Dieſe Schoͤnen ſolten nach dem tohne tantzen. Nach dem hohen und niedrigem/ nach dem langſamen und geſchwindem klan- ge ſolten ſie ihre fuͤße bewegen. Nach dieſer kurtzweile begaben ſie ſich alle wieder in den Saal. Ein ieder ſetzte ſich in ſeine ſtelle. Der Nachtiſch ward vorgedienet. Die baͤcher gingen rund heruͤm. Die geſundheit des Koͤniges und des neuen Schalt- N

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/217>, abgerufen am 30.12.2024.