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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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drittes Buch.
wehlen. Wolte er leben/ so muste er lieben. Wolte er
dem Zorne entfliehen/ so muste er der Liebe sich unter-
werfen. Wolte er aber der Liebe entrinnen/ so muste er/
auf gnade und ungnade/ dem Zorne/ ja dem tode selbst
sich ergeben. Er wehlete dan lieber das letzte. Er wol-
te lieber hundertmahl den tod leiden/ als einmahl in
unkeusche liebe bewilligen. Ja er wolte lieber seine
Keuschheit/ als sein Leben/ erhalten. Und darüm ver-
suchte er noch einmahl mit glimpfe sich aus diesem lie-
besgarne zu wüklen. Ich weis nicht/ sagte er/ ob es
meiner gnädigen Frauen ernst ist/ mich mit so harten
worten zu erschrökken; oder ob sie nur ihre kurtzweile
mit ihrem Diener zu haben gesonnen. Zudem kan ich
nicht verstehen/ was sie meinet/ und was vor einen ge-
hohrsam sie von mir erfordert.

Seht! seht! rief Sefira überlaut/ wie er sich so
albern stellet. Habe ichs dir nicht deutlich genug ge-
sagt? Mein wille ist/ daß du mich liebest. Mein befehl
ist/ daß du diesen willen erfüllest. Mein gebot ist/ daß
du meine so hertzliche liebe/ die deine Tugend in mir ent-
zündet/ mit gleicher gegenliebe vergeltest.

Weil es dan nun meine Tugend ist/ sing ihr Josef
das wort auf/ warüm Sie mich liebet. Ei wohlan! so
bitte ich untertähnig/ daß sie mich nicht veranlaße/ sol-
che zu verlieren. Dieser verlust würde ja anders nichts
tuhn/ als mich ihrer liebe unwürdig machen. Sie
würde/ ja müste alsdan aufhören mich zu lieben. An
stat der liebe würde mich ihr has verfolgen. Sie wür-
de meine feindin werden. Ja sie würde denselben/ der
das ziel ihrer liebe/ die Tugend/ verschertzet/ weder se-
hen/ noch hören wollen. Was were ihr dan mit solchem
meinem zweifachen verluste gedienet?

Sefira/ die sich also selbst ins netze gebracht/ konte
nicht weiter fort. Sie schwiegstokstille. Sie fand hier-
auf keine antwort. Aller vorteil war ihr abgeschnit-

ten.

drittes Buch.
wehlen. Wolte er leben/ ſo muſte er lieben. Wolte er
dem Zorne entfliehen/ ſo muſte er der Liebe ſich unter-
werfen. Wolte er aber der Liebe entrinnen/ ſo muſte er/
auf gnade und ungnade/ dem Zorne/ ja dem tode ſelbſt
ſich ergeben. Er wehlete dan lieber das letzte. Er wol-
te lieber hundertmahl den tod leiden/ als einmahl in
unkeuſche liebe bewilligen. Ja er wolte lieber ſeine
Keuſchheit/ als ſein Leben/ erhalten. Und daruͤm ver-
ſuchte er noch einmahl mit glimpfe ſich aus dieſem lie-
besgarne zu wuͤklen. Ich weis nicht/ ſagte er/ ob es
meiner gnaͤdigen Frauen ernſt iſt/ mich mit ſo harten
worten zu erſchroͤkken; oder ob ſie nur ihre kurtzweile
mit ihrem Diener zu haben geſonnen. Zudem kan ich
nicht verſtehen/ was ſie meinet/ und was vor einen ge-
hohrſam ſie von mir erfordert.

Seht! ſeht! rief Sefira uͤberlaut/ wie er ſich ſo
albern ſtellet. Habe ichs dir nicht deutlich genug ge-
ſagt? Mein wille iſt/ daß du mich liebeſt. Mein befehl
iſt/ daß du dieſen willen erfuͤlleſt. Mein gebot iſt/ daß
du meine ſo hertzliche liebe/ die deine Tugend in mir ent-
zuͤndet/ mit gleicher gegenliebe vergelteſt.

Weil es dan nun meine Tugend iſt/ ſing ihr Joſef
das wort auf/ waruͤm Sie mich liebet. Ei wohlan! ſo
bitte ich untertaͤhnig/ daß ſie mich nicht veranlaße/ ſol-
che zu verlieren. Dieſer verluſt wuͤrde ja anders nichts
tuhn/ als mich ihrer liebe unwuͤrdig machen. Sie
wuͤrde/ ja muͤſte alsdan aufhoͤren mich zu lieben. An
ſtat der liebe wuͤrde mich ihr has verfolgen. Sie wuͤr-
de meine feindin werden. Ja ſie wuͤrde denſelben/ der
das ziel ihrer liebe/ die Tugend/ verſchertzet/ weder ſe-
hen/ noch hoͤren wollen. Was were ihr dan mit ſolchem
meinem zweifachen verluſte gedienet?

Sefira/ die ſich alſo ſelbſt ins netze gebracht/ konte
nicht weiter fort. Sie ſchwiegſtokſtille. Sie fand hier-
auf keine antwort. Aller vorteil war ihr abgeſchnit-

ten.
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[125/0149] drittes Buch. wehlen. Wolte er leben/ ſo muſte er lieben. Wolte er dem Zorne entfliehen/ ſo muſte er der Liebe ſich unter- werfen. Wolte er aber der Liebe entrinnen/ ſo muſte er/ auf gnade und ungnade/ dem Zorne/ ja dem tode ſelbſt ſich ergeben. Er wehlete dan lieber das letzte. Er wol- te lieber hundertmahl den tod leiden/ als einmahl in unkeuſche liebe bewilligen. Ja er wolte lieber ſeine Keuſchheit/ als ſein Leben/ erhalten. Und daruͤm ver- ſuchte er noch einmahl mit glimpfe ſich aus dieſem lie- besgarne zu wuͤklen. Ich weis nicht/ ſagte er/ ob es meiner gnaͤdigen Frauen ernſt iſt/ mich mit ſo harten worten zu erſchroͤkken; oder ob ſie nur ihre kurtzweile mit ihrem Diener zu haben geſonnen. Zudem kan ich nicht verſtehen/ was ſie meinet/ und was vor einen ge- hohrſam ſie von mir erfordert. Seht! ſeht! rief Sefira uͤberlaut/ wie er ſich ſo albern ſtellet. Habe ichs dir nicht deutlich genug ge- ſagt? Mein wille iſt/ daß du mich liebeſt. Mein befehl iſt/ daß du dieſen willen erfuͤlleſt. Mein gebot iſt/ daß du meine ſo hertzliche liebe/ die deine Tugend in mir ent- zuͤndet/ mit gleicher gegenliebe vergelteſt. Weil es dan nun meine Tugend iſt/ ſing ihr Joſef das wort auf/ waruͤm Sie mich liebet. Ei wohlan! ſo bitte ich untertaͤhnig/ daß ſie mich nicht veranlaße/ ſol- che zu verlieren. Dieſer verluſt wuͤrde ja anders nichts tuhn/ als mich ihrer liebe unwuͤrdig machen. Sie wuͤrde/ ja muͤſte alsdan aufhoͤren mich zu lieben. An ſtat der liebe wuͤrde mich ihr has verfolgen. Sie wuͤr- de meine feindin werden. Ja ſie wuͤrde denſelben/ der das ziel ihrer liebe/ die Tugend/ verſchertzet/ weder ſe- hen/ noch hoͤren wollen. Was were ihr dan mit ſolchem meinem zweifachen verluſte gedienet? Sefira/ die ſich alſo ſelbſt ins netze gebracht/ konte nicht weiter fort. Sie ſchwiegſtokſtille. Sie fand hier- auf keine antwort. Aller vorteil war ihr abgeſchnit- ten.

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/149>, abgerufen am 09.11.2024.