Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.drittes Buch. Sefira hierauf an/ unsere reden gehöhret? Ja freilch/antwortete Nitokris. Aber was gedenkt die Frau Muhme/ daß sie ihres liebsten Diener mit so unziemli- cher liebe begegnet? der doch so ehrlich ist/ daß er sie/ wie ich verstanden/ so bescheidentlich ab zu leinen gedenket. Wie komt sie doch zu solcher tohrheit/ daraus ihr/ und unserm geschlechte anders nichts/ als ein schändliches brandmark/ zugefüget wird. Sie sehe wohl zu/ was sie tuht. Und gewislich! ich wil sie nimmermehr vor mei- ne Muhme halten/ so fern sie mir nicht angelobet von solcher töhrichten liebe ab zu stehen. Sefira beantwortete diese reden anders nicht/ als So bald die Königliche Fürstin weg war/ fing Se- Ich H iiij
drittes Buch. Sefira hierauf an/ unſere reden gehoͤhret? Ja freilch/antwortete Nitokris. Aber was gedenkt die Frau Muhme/ daß ſie ihres liebſten Diener mit ſo unziemli- cher liebe begegnet? der doch ſo ehrlich iſt/ daß er ſie/ wie ich verſtanden/ ſo beſcheidentlich ab zu leinen gedenket. Wie komt ſie doch zu ſolcher tohrheit/ daraus ihr/ und unſerm geſchlechte anders nichts/ als ein ſchaͤndliches brandmårk/ zugefuͤget wird. Sie ſehe wohl zu/ was ſie tuht. Und gewislich! ich wil ſie nimmermehr vor mei- ne Muhme halten/ ſo fern ſie mir nicht angelobet von ſolcher toͤhrichten liebe ab zu ſtehen. Sefira beantwortete dieſe reden anders nicht/ als So bald die Koͤnigliche Fuͤrſtin weg war/ fing Se- Ich H iiij
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drittes Buch.
Sefira hierauf an/ unſere reden gehoͤhret? Ja freilch/
antwortete Nitokris. Aber was gedenkt die Frau
Muhme/ daß ſie ihres liebſten Diener mit ſo unziemli-
cher liebe begegnet? der doch ſo ehrlich iſt/ daß er ſie/ wie
ich verſtanden/ ſo beſcheidentlich ab zu leinen gedenket.
Wie komt ſie doch zu ſolcher tohrheit/ daraus ihr/ und
unſerm geſchlechte anders nichts/ als ein ſchaͤndliches
brandmårk/ zugefuͤget wird. Sie ſehe wohl zu/ was ſie
tuht. Und gewislich! ich wil ſie nimmermehr vor mei-
ne Muhme halten/ ſo fern ſie mir nicht angelobet von
ſolcher toͤhrichten liebe ab zu ſtehen.
Sefira beantwortete dieſe reden anders nicht/ als
mit weinen und ſeuftzen. Ja ſie weinete ſo bitterlich/
daß Nitokris/ aus hertzlichem mitleiden/ ſie troͤſtete.
Ach! ſprach ſie/ liebſte Frau Muhme/ ich komme nicht
zu euch/ euer hertz zu verunruhigen. Habet nur guhten
muht. Handelt vernuͤnftig. Laßet die Tugend euer
ziel ſein. Es wird ſich alles wohl ſchikken. Hierauf fiel
ſie auf ein anderes luſtigers geſpraͤche. Aber Sefira
ſaß allezeit betruͤbt. Keine luſt/ noch freude konte bei
ihr verfangen. Endlich baht ſie die Koͤnigliche Fuͤrſtin/
niemand zu ſagen/ was ſie gehoͤhret. Daran darf ſie
nicht zweifeln/ antwortete Nitokris. Sie iſt meine
Muhme. Ihre ehre iſt meine ehre: und ihre ſchande
meine ſchande. Alles/ was ihr zuſtoͤßet/ geht mich mit
an. Ich wuͤrde teil haben an ihrer unehre/ imfal dieſes
auskaͤhme. Daruͤm werde ich wohl ſo klug ſein zu
ſchweigen. Und hiermit nahm ſie ihren abſchied.
So bald die Koͤnigliche Fuͤrſtin weg war/ fing Se-
fira jaͤmmerlich an zu klagen. Ach! ſagte ſie/ ach! ich
elende! ich troſtloſe! bin ich nun ſo ungluͤklich/ daß
Nitokris meine liebe wiſſen mus? O grimmiges ver-
haͤngnis! O ungluͤkſeelige Liebe/ die ich haͤge! O Jo-
ſef! Joſef! in was vor einen jammer verſetzet mich dei-
ne ſchoͤnheit? Ich bitte dich/ und du biſt nicht zu erbitten.
Ich
H iiij
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