Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.Der Assenat keinem falschen hertzen/ euch etwan hinterlistig zu be-währen/ entsprossen. Ich habe sie darüm so offenhertzig ausgelaßen/ damit ich euch zu einiger gegenliebe bewe- gen möchte. Und hier mit ströhmeten die trähnen wie- derüm über ihr gantzes angesicht hin. Josef fing abermahl an zu klagen. Ach! sagte er/ Bei diesen letzten worten/ lies sich die Fürstin be- Se-
Der Aſſenat keinem falſchen hertzen/ euch etwan hinterliſtig zu be-waͤhren/ entſproſſen. Ich habe ſie daruͤm ſo offenhertzig ausgelaßen/ damit ich euch zu einiger gegenliebe bewe- gen moͤchte. Und hier mit ſtroͤhmeten die traͤhnen wie- deruͤm uͤber ihr gantzes angeſicht hin. Joſef fing abermahl an zu klagen. Ach! ſagte er/ Bei dieſen letzten worten/ lies ſich die Fuͤrſtin be- Se-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0142" n="118"/><fw place="top" type="header">Der Aſſenat</fw><lb/> keinem falſchen hertzen/ euch etwan hinterliſtig zu be-<lb/> waͤhren/ entſproſſen. Ich habe ſie daruͤm ſo offenhertzig<lb/> ausgelaßen/ damit ich euch zu einiger gegenliebe bewe-<lb/> gen moͤchte. Und hier mit ſtroͤhmeten die traͤhnen wie-<lb/> deruͤm uͤber ihr gantzes angeſicht hin.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Joſef</hi> fing abermahl an zu klagen. Ach! ſagte er/<lb/> wie mag doch meine gnaͤdige Fuͤrſtin ſo hoͤhniſch mit<lb/> mir ſpotten? Meinet ſie dan/ daß meine einfalt ſo tum<lb/> ſei/ ihr ein zu bilden/ daß ſie mich liebet? Meinet ſie/ ich<lb/> werde gleuben/ daß es ihr ernſt ſei/ mich zur gegenliebe<lb/> zu bewegen? Ach nein! ach nein! Ich ſehe ſie ſo from/<lb/> ſo treu/ und ehrlich an/ daß ich ſuͤnde taͤhre/ wan ich ih-<lb/> re ſchertzworte ſo verkehrt ausdeutete. Und wan ſie<lb/> auch ſchon daſſelbe/ was ich vor ſchertz aufnehme/ mit<lb/> gantzem ernſte meinete; ſo werde ich doch nimmermehr<lb/> die gedanken bekommen zu gleuben/ daß es wahr ſei.<lb/> Gott wird mich darvor bewahren. Ja viel weniger<lb/> werde ich dahin verfallen/ die treue/ die ich meinem<lb/> Herꝛn zu leiſten ſchuldig/ auf einigerlei weiſe zu kraͤnken.</p><lb/> <p>Bei dieſen letzten worten/ lies ſich die Fuͤrſtin be-<lb/> duͤnken/ daß ſich iemand vor der tuͤhre bewegte. Dar-<lb/> uͤm hies ſie den <hi rendition="#fr">Joſef</hi> eilend/ durch ihr ſchlafzimmer/<lb/> ſeinen abtrit nehmen. Auch hatten ſie ihre gedanken<lb/> nicht betrogen. Die Koͤnigliche Fuͤrſtin war eben dar-<lb/> vor angelanget ſie zu beſuchen/ als ſie dem <hi rendition="#fr">Joſef</hi> ihre<lb/> liebe zu verſtehen gegeben. Die tuͤhre hatte ſie offen/ und<lb/> nicht mehr als das prunktuch darvor haͤngen gefunden.<lb/> Daher waren ihr alle worte/ ſo wohl der Fuͤrſtin/ als<lb/> des <hi rendition="#fr">Joſefs/</hi> zu ohren gekommen. <hi rendition="#fr">Sefira</hi> ſaß noch’eine<lb/> weile ſtil. Aber als ſie ſahe/ daß ſich auch das prunk-<lb/> tuch bewegete/ ging ſie darnachzu. Eben kahm <hi rendition="#fr">Nito-<lb/> kris</hi> hinein getraͤhten. Auf dieſen ſo unvermuhteten<lb/> anblik erſchrak die Fuͤrſtin. Und <hi rendition="#fr">Nitokris</hi> fragte ſie<lb/> alſobald: waruͤm ſie ſo erſchrokken ausſehe? auch wo<lb/> der ſchoͤne Leibeigene geblieben? So hat ſie dan/ fing<lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Se-</hi></fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [118/0142]
Der Aſſenat
keinem falſchen hertzen/ euch etwan hinterliſtig zu be-
waͤhren/ entſproſſen. Ich habe ſie daruͤm ſo offenhertzig
ausgelaßen/ damit ich euch zu einiger gegenliebe bewe-
gen moͤchte. Und hier mit ſtroͤhmeten die traͤhnen wie-
deruͤm uͤber ihr gantzes angeſicht hin.
Joſef fing abermahl an zu klagen. Ach! ſagte er/
wie mag doch meine gnaͤdige Fuͤrſtin ſo hoͤhniſch mit
mir ſpotten? Meinet ſie dan/ daß meine einfalt ſo tum
ſei/ ihr ein zu bilden/ daß ſie mich liebet? Meinet ſie/ ich
werde gleuben/ daß es ihr ernſt ſei/ mich zur gegenliebe
zu bewegen? Ach nein! ach nein! Ich ſehe ſie ſo from/
ſo treu/ und ehrlich an/ daß ich ſuͤnde taͤhre/ wan ich ih-
re ſchertzworte ſo verkehrt ausdeutete. Und wan ſie
auch ſchon daſſelbe/ was ich vor ſchertz aufnehme/ mit
gantzem ernſte meinete; ſo werde ich doch nimmermehr
die gedanken bekommen zu gleuben/ daß es wahr ſei.
Gott wird mich darvor bewahren. Ja viel weniger
werde ich dahin verfallen/ die treue/ die ich meinem
Herꝛn zu leiſten ſchuldig/ auf einigerlei weiſe zu kraͤnken.
Bei dieſen letzten worten/ lies ſich die Fuͤrſtin be-
duͤnken/ daß ſich iemand vor der tuͤhre bewegte. Dar-
uͤm hies ſie den Joſef eilend/ durch ihr ſchlafzimmer/
ſeinen abtrit nehmen. Auch hatten ſie ihre gedanken
nicht betrogen. Die Koͤnigliche Fuͤrſtin war eben dar-
vor angelanget ſie zu beſuchen/ als ſie dem Joſef ihre
liebe zu verſtehen gegeben. Die tuͤhre hatte ſie offen/ und
nicht mehr als das prunktuch darvor haͤngen gefunden.
Daher waren ihr alle worte/ ſo wohl der Fuͤrſtin/ als
des Joſefs/ zu ohren gekommen. Sefira ſaß noch’eine
weile ſtil. Aber als ſie ſahe/ daß ſich auch das prunk-
tuch bewegete/ ging ſie darnachzu. Eben kahm Nito-
kris hinein getraͤhten. Auf dieſen ſo unvermuhteten
anblik erſchrak die Fuͤrſtin. Und Nitokris fragte ſie
alſobald: waruͤm ſie ſo erſchrokken ausſehe? auch wo
der ſchoͤne Leibeigene geblieben? So hat ſie dan/ fing
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