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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
ben Sohnes empfand/ können mit keinen gedanken er-
reichet/ viel weniger mit einiger feder beschrieben wer-
den. Er zerris seine kleider. Er legte einen trauersak üm
seine lenden; und beweinete seinen Sohn lange zeit. Es
kahmen zwar alle seine Söhne/ und Töchter/ ihn zu trö-
sten. Aber er wolte sich nicht trösten laßen. Ach! sprach
er: ich werde mit leide zu meinem Sohne/ in die grube/
hinunterfahren. Ja er stellete sich so gar erbärmlich
an/ daß es ein stählernes/ ein demantenes hertz zum
mitleiden bewegen muste. Wie es nun nach meinem
wegzuge weiter abgelauffen/ weis ich nicht. Aber das
weis ich wohl/ daß man vom unglüklichen Josef keine
einige zeitung/ so lange er ist verkauffet gewesen/ be-
kommen.

Die Königliche Fürstin war/ durch diese erzehlung/
überaus vergnügt. Ja sie hette wohl eine gantze nacht
zugehöret. Sie fragte den Jüngling vielmahls: ob er
vom Josef gantz nichts mehr wüste? Sie wolte gern
alles erfahren. Alles wolte sie wissen. Als er aber sag-
te/ daß ihm nichts mehr bewust sei; da lies sie ihn wie-
der von sich: und verboht ihm/ bei verlust seines lebens/
daß er sich gegen niemand solte verlauten laßen/ warüm
sie ihn entbohten/ oder was er ihr vom Josef erzehlet.
Er solte reinen mund halten. Er solte auch des Jo-
sefs
nicht einmahl erwähnen. Und hiermit begab sich
der Ebreer wieder hinunter in die küche.

So bald er weg war/ brach die Fürstin gegen ihre
Kammerjungfrau alsobald mit diesen worten heraus:
Josef wird gewislich/ sagte sie/ derselbe Fremdling
sein/ davon die Götter gesprochen. Er wird derselbe
sein/ der so volgewaltig über Egipten sol herschen. Ich
höre es aus allen ümständen. Er ist es/ dem Assenat
werden sol. Er ist es/ in dessen armen sie ruhen sol. Er
wird es sein/ und kein ander. Das weis ich. Das
wündsche ich. Das hoffe ich: ja das gleube ich gantz ge-

wis.

Der Aſſenat
ben Sohnes empfand/ koͤnnen mit keinen gedanken er-
reichet/ viel weniger mit einiger feder beſchrieben wer-
den. Er zerris ſeine kleider. Er legte einen trauerſak uͤm
ſeine lenden; und beweinete ſeinen Sohn lange zeit. Es
kahmen zwar alle ſeine Soͤhne/ und Toͤchter/ ihn zu troͤ-
ſten. Aber er wolte ſich nicht troͤſten laßen. Ach! ſprach
er: ich werde mit leide zu meinem Sohne/ in die grube/
hinunterfahren. Ja er ſtellete ſich ſo gar erbaͤrmlich
an/ daß es ein ſtaͤhlernes/ ein demantenes hertz zum
mitleiden bewegen muſte. Wie es nun nach meinem
wegzuge weiter abgelauffen/ weis ich nicht. Aber das
weis ich wohl/ daß man vom ungluͤklichen Joſef keine
einige zeitung/ ſo lange er iſt verkauffet geweſen/ be-
kommen.

Die Koͤnigliche Fuͤrſtin war/ durch dieſe erzehlung/
uͤberaus vergnuͤgt. Ja ſie hette wohl eine gantze nacht
zugehoͤret. Sie fragte den Juͤngling vielmahls: ob er
vom Joſef gantz nichts mehr wuͤſte? Sie wolte gern
alles erfahren. Alles wolte ſie wiſſen. Als er aber ſag-
te/ daß ihm nichts mehr bewuſt ſei; da lies ſie ihn wie-
der von ſich: und verboht ihm/ bei verluſt ſeines lebens/
daß er ſich gegen niemand ſolte verlauten laßen/ waruͤm
ſie ihn entbohten/ oder was er ihr vom Joſef erzehlet.
Er ſolte reinen mund halten. Er ſolte auch des Jo-
ſefs
nicht einmahl erwaͤhnen. Und hiermit begab ſich
der Ebreer wieder hinunter in die kuͤche.

So bald er weg war/ brach die Fuͤrſtin gegen ihre
Kammerjungfrau alſobald mit dieſen worten heraus:
Joſef wird gewislich/ ſagte ſie/ derſelbe Fremdling
ſein/ davon die Goͤtter geſprochen. Er wird derſelbe
ſein/ der ſo volgewaltig uͤber Egipten ſol herſchen. Ich
hoͤre es aus allen uͤmſtaͤnden. Er iſt es/ dem Aſſenat
werden ſol. Er iſt es/ in deſſen armen ſie ruhen ſol. Er
wird es ſein/ und kein ander. Das weis ich. Das
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wis.
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[80/0104] Der Aſſenat ben Sohnes empfand/ koͤnnen mit keinen gedanken er- reichet/ viel weniger mit einiger feder beſchrieben wer- den. Er zerris ſeine kleider. Er legte einen trauerſak uͤm ſeine lenden; und beweinete ſeinen Sohn lange zeit. Es kahmen zwar alle ſeine Soͤhne/ und Toͤchter/ ihn zu troͤ- ſten. Aber er wolte ſich nicht troͤſten laßen. Ach! ſprach er: ich werde mit leide zu meinem Sohne/ in die grube/ hinunterfahren. Ja er ſtellete ſich ſo gar erbaͤrmlich an/ daß es ein ſtaͤhlernes/ ein demantenes hertz zum mitleiden bewegen muſte. Wie es nun nach meinem wegzuge weiter abgelauffen/ weis ich nicht. Aber das weis ich wohl/ daß man vom ungluͤklichen Joſef keine einige zeitung/ ſo lange er iſt verkauffet geweſen/ be- kommen. Die Koͤnigliche Fuͤrſtin war/ durch dieſe erzehlung/ uͤberaus vergnuͤgt. Ja ſie hette wohl eine gantze nacht zugehoͤret. Sie fragte den Juͤngling vielmahls: ob er vom Joſef gantz nichts mehr wuͤſte? Sie wolte gern alles erfahren. Alles wolte ſie wiſſen. Als er aber ſag- te/ daß ihm nichts mehr bewuſt ſei; da lies ſie ihn wie- der von ſich: und verboht ihm/ bei verluſt ſeines lebens/ daß er ſich gegen niemand ſolte verlauten laßen/ waruͤm ſie ihn entbohten/ oder was er ihr vom Joſef erzehlet. Er ſolte reinen mund halten. Er ſolte auch des Jo- ſefs nicht einmahl erwaͤhnen. Und hiermit begab ſich der Ebreer wieder hinunter in die kuͤche. So bald er weg war/ brach die Fuͤrſtin gegen ihre Kammerjungfrau alſobald mit dieſen worten heraus: Joſef wird gewislich/ ſagte ſie/ derſelbe Fremdling ſein/ davon die Goͤtter geſprochen. Er wird derſelbe ſein/ der ſo volgewaltig uͤber Egipten ſol herſchen. Ich hoͤre es aus allen uͤmſtaͤnden. Er iſt es/ dem Aſſenat werden ſol. Er iſt es/ in deſſen armen ſie ruhen ſol. Er wird es ſein/ und kein ander. Das weis ich. Das wuͤndſche ich. Das hoffe ich: ja das gleube ich gantz ge- wis.

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/104>, abgerufen am 30.11.2024.