Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 6. [Braunschweig], [1764].Das verlohrne Paradies. An den blinden Thamyr, und blinden Mäonides d) denke, (Sie, die Beyden, im Schicksal mir gleich, o möcht ich im Nachruhm Jhnen so gleich seyn!) und jene der alten Weissager, Phineus, Und Tiresias. Dann ernähren mich grosse Gedanken, Welche von selbst harmonisch fliessen; dem Vogel der Nacht gleich, Der in einsamer Finsterniß sitzt, und unter der Decke Hoher d) Mäonides ist Homer, von seinem Vater Mäon also
benamt, und ist es kein Wunder, daß unser Dichter dem an Nachruhm gleich zu seyn wünschte, dessen Schriften er so fleißig gelesen, bewundert, und nach- geahmt. Thamyris ist nicht so bekannt. Homer gedenkt seiner Jliad. II. 595. und Eustathius setzt ihn mit dem Orpheus und Musäus unter die be- rühmten Poeten und Tonkünstler. Tiresias von Theben, und Phineus, König von Arkadien, waren beyde blinde Dichter und Propheten des Alterthums; dann das Wort Prophet bedeutet oft beydes zugleich, wie im lateinischen Vates. N. Das verlohrne Paradies. An den blinden Thamyr, und blinden Maͤonides d) denke, (Sie, die Beyden, im Schickſal mir gleich, o moͤcht ich im Nachruhm Jhnen ſo gleich ſeyn!) und jene der alten Weiſſager, Phineus, Und Tireſias. Dann ernaͤhren mich groſſe Gedanken, Welche von ſelbſt harmoniſch flieſſen; dem Vogel der Nacht gleich, Der in einſamer Finſterniß ſitzt, und unter der Decke Hoher d) Maͤonides iſt Homer, von ſeinem Vater Maͤon alſo
benamt, und iſt es kein Wunder, daß unſer Dichter dem an Nachruhm gleich zu ſeyn wuͤnſchte, deſſen Schriften er ſo fleißig geleſen, bewundert, und nach- geahmt. Thamyris iſt nicht ſo bekannt. Homer gedenkt ſeiner Jliad. II. 595. und Euſtathius ſetzt ihn mit dem Orpheus und Muſaͤus unter die be- ruͤhmten Poeten und Tonkuͤnſtler. Tireſias von Theben, und Phineus, Koͤnig von Arkadien, waren beyde blinde Dichter und Propheten des Alterthums; dann das Wort Prophet bedeutet oft beydes zugleich, wie im lateiniſchen Vates. N. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg> <pb facs="#f0232" n="232"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw><lb/> <l>An den blinden Thamyr, und blinden Maͤonides <note place="foot" n="d)">Maͤonides iſt Homer, von ſeinem Vater Maͤon alſo<lb/> benamt, und iſt es kein Wunder, daß unſer Dichter<lb/> dem an Nachruhm gleich zu ſeyn wuͤnſchte, deſſen<lb/> Schriften er ſo fleißig geleſen, bewundert, und nach-<lb/> geahmt. <hi rendition="#fr">Thamyris</hi> iſt nicht ſo bekannt. Homer<lb/> gedenkt ſeiner Jliad. <hi rendition="#aq">II.</hi> 595. und Euſtathius ſetzt<lb/> ihn mit dem Orpheus und Muſaͤus unter die be-<lb/> ruͤhmten Poeten und Tonkuͤnſtler. <hi rendition="#fr">Tireſias</hi> von<lb/> Theben, und <hi rendition="#fr">Phineus,</hi> Koͤnig von Arkadien, waren<lb/> beyde blinde Dichter und Propheten des Alterthums;<lb/> dann das Wort Prophet bedeutet oft beydes zugleich,<lb/> wie im lateiniſchen <hi rendition="#aq">Vates.</hi> <hi rendition="#fr">N.</hi></note><lb/><hi rendition="#et">denke,</hi><lb/> (Sie, die Beyden, im Schickſal mir gleich, o moͤcht<lb/><hi rendition="#et">ich im Nachruhm</hi></l><lb/> <l>Jhnen ſo gleich ſeyn!) und jene der alten Weiſſager,<lb/><hi rendition="#et">Phineus,</hi></l><lb/> <l>Und Tireſias. Dann ernaͤhren mich groſſe Gedanken,</l><lb/> <l>Welche von ſelbſt harmoniſch flieſſen; dem Vogel der<lb/><hi rendition="#et">Nacht gleich,</hi></l><lb/> <l>Der in einſamer Finſterniß ſitzt, und unter der Decke</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Hoher</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [232/0232]
Das verlohrne Paradies.
An den blinden Thamyr, und blinden Maͤonides d)
denke,
(Sie, die Beyden, im Schickſal mir gleich, o moͤcht
ich im Nachruhm
Jhnen ſo gleich ſeyn!) und jene der alten Weiſſager,
Phineus,
Und Tireſias. Dann ernaͤhren mich groſſe Gedanken,
Welche von ſelbſt harmoniſch flieſſen; dem Vogel der
Nacht gleich,
Der in einſamer Finſterniß ſitzt, und unter der Decke
Hoher
d) Maͤonides iſt Homer, von ſeinem Vater Maͤon alſo
benamt, und iſt es kein Wunder, daß unſer Dichter
dem an Nachruhm gleich zu ſeyn wuͤnſchte, deſſen
Schriften er ſo fleißig geleſen, bewundert, und nach-
geahmt. Thamyris iſt nicht ſo bekannt. Homer
gedenkt ſeiner Jliad. II. 595. und Euſtathius ſetzt
ihn mit dem Orpheus und Muſaͤus unter die be-
ruͤhmten Poeten und Tonkuͤnſtler. Tireſias von
Theben, und Phineus, Koͤnig von Arkadien, waren
beyde blinde Dichter und Propheten des Alterthums;
dann das Wort Prophet bedeutet oft beydes zugleich,
wie im lateiniſchen Vates. N.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |