Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 6. [Braunschweig], [1764].

Bild:
<< vorherige Seite

Zweyter Gesang.
Zu verlieren. Allein das Schicksal ist ihnen entgegen;
Mit gorgonischen Schrecken bewacht Medusa die Flu-
then b) ,

Und vor allem, was lebt, fliehn von sich selber die Was-
ser,

Wie sie ehmals den Mund des Tantalus flohen. So
schweiften

Diese verirrten Schaaren umher, mit verlohrenem Zuge,

Blaß
b) Man hat unsern Poeten verschiedentlich getadelt,
daß er zu viel Mythologie in sein Gedicht gebracht,
und Heydenthum und Christenthum unter einander
gemengt. Man ist darinn unstreitig zu weit gegan-
gen, da Milton diese Fabeln nur immer als Gleich-
nisse und Anspielungen gebraucht hat, ausser in die-
ser Stelle, wo er ein Schicksal und eine Medusa in
seine Hölle wirklich hineinsetzt. Die ganze Stelle
bekömmt dadurch ein heydnisches Aussehn, welches
gewiß seine Absicht nicht war. Man muß dies klei-
ne Versehn dem Geschmacke der damaligen Zeiten
vergeben. Z.

Zweyter Geſang.
Zu verlieren. Allein das Schickſal iſt ihnen entgegen;
Mit gorgoniſchen Schrecken bewacht Meduſa die Flu-
then b) ,

Und vor allem, was lebt, fliehn von ſich ſelber die Waſ-
ſer,

Wie ſie ehmals den Mund des Tantalus flohen. So
ſchweiften

Dieſe verirrten Schaaren umher, mit verlohrenem Zuge,

Blaß
b) Man hat unſern Poeten verſchiedentlich getadelt,
daß er zu viel Mythologie in ſein Gedicht gebracht,
und Heydenthum und Chriſtenthum unter einander
gemengt. Man iſt darinn unſtreitig zu weit gegan-
gen, da Milton dieſe Fabeln nur immer als Gleich-
niſſe und Anſpielungen gebraucht hat, auſſer in die-
ſer Stelle, wo er ein Schickſal und eine Meduſa in
ſeine Hoͤlle wirklich hineinſetzt. Die ganze Stelle
bekoͤmmt dadurch ein heydniſches Ausſehn, welches
gewiß ſeine Abſicht nicht war. Man muß dies klei-
ne Verſehn dem Geſchmacke der damaligen Zeiten
vergeben. Z.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg>
          <pb facs="#f0175" n="175"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweyter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw><lb/>
          <l>Zu verlieren. Allein das Schick&#x017F;al i&#x017F;t ihnen entgegen;</l><lb/>
          <l>Mit gorgoni&#x017F;chen Schrecken bewacht Medu&#x017F;a die Flu-<lb/><hi rendition="#et">then  <note place="foot" n="b)">Man hat un&#x017F;ern Poeten ver&#x017F;chiedentlich getadelt,<lb/>
daß er zu viel Mythologie in &#x017F;ein Gedicht gebracht,<lb/>
und Heydenthum und Chri&#x017F;tenthum unter einander<lb/>
gemengt. Man i&#x017F;t darinn un&#x017F;treitig zu weit gegan-<lb/>
gen, da Milton die&#x017F;e Fabeln nur immer als Gleich-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e und An&#x017F;pielungen gebraucht hat, au&#x017F;&#x017F;er in die-<lb/>
&#x017F;er Stelle, wo er ein Schick&#x017F;al und eine Medu&#x017F;a in<lb/>
&#x017F;eine Ho&#x0364;lle wirklich hinein&#x017F;etzt. Die ganze Stelle<lb/>
beko&#x0364;mmt dadurch ein heydni&#x017F;ches Aus&#x017F;ehn, welches<lb/>
gewiß &#x017F;eine Ab&#x017F;icht nicht war. Man muß dies klei-<lb/>
ne Ver&#x017F;ehn dem Ge&#x017F;chmacke der damaligen Zeiten<lb/>
vergeben. <hi rendition="#fr">Z.</hi></note> ,</hi></l><lb/>
          <l>Und vor allem, was lebt, fliehn von &#x017F;ich &#x017F;elber die Wa&#x017F;-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;er,</hi></l><lb/>
          <l>Wie &#x017F;ie ehmals den Mund des Tantalus flohen. So<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chweiften</hi></l><lb/>
          <l>Die&#x017F;e verirrten Schaaren umher, mit verlohrenem Zuge,</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Blaß</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0175] Zweyter Geſang. Zu verlieren. Allein das Schickſal iſt ihnen entgegen; Mit gorgoniſchen Schrecken bewacht Meduſa die Flu- then b) , Und vor allem, was lebt, fliehn von ſich ſelber die Waſ- ſer, Wie ſie ehmals den Mund des Tantalus flohen. So ſchweiften Dieſe verirrten Schaaren umher, mit verlohrenem Zuge, Blaß b) Man hat unſern Poeten verſchiedentlich getadelt, daß er zu viel Mythologie in ſein Gedicht gebracht, und Heydenthum und Chriſtenthum unter einander gemengt. Man iſt darinn unſtreitig zu weit gegan- gen, da Milton dieſe Fabeln nur immer als Gleich- niſſe und Anſpielungen gebraucht hat, auſſer in die- ſer Stelle, wo er ein Schickſal und eine Meduſa in ſeine Hoͤlle wirklich hineinſetzt. Die ganze Stelle bekoͤmmt dadurch ein heydniſches Ausſehn, welches gewiß ſeine Abſicht nicht war. Man muß dies klei- ne Verſehn dem Geſchmacke der damaligen Zeiten vergeben. Z.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften06_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften06_1764/175
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 6. [Braunschweig], [1764], S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften06_1764/175>, abgerufen am 24.11.2024.