Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].Der Morgen. Von der betrügenden Staatskunst entweiht. Jn ehr-barer Freyheit Wurden von Müttern allein die blühenden Töchter er- zogen, Nicht vom gallischen Mädchen, das mit den gallischen Liedern Alle Fehler sie lehrt, die ihre Herzen vergiften. Weder die Kunst, mit der schildernden Nadel auf mun- tre Tapeten Lachendes Feld, und lebende Bilder, in Seide zu pflan- zen; Noch die bessere Kunst, die Wirthschaft glücklich zu führen; Oder den reinlichen Tisch mit deutschen Gerichten zu füllen; Auch nicht die Kunst des Putzes sogar, jetzt theuer er- kaufet, Fehlte Germaniens Töchtern. Am ungekünstelten Nachttisch Gieng nicht der Morgen vorbey, so mancherley Schmin- ken zu ordnen. Nein, sie schminkte der spiegelnde Quell; und eigene Schönheit Nicht erzwungen mit Lilienweiß, und falschen Carmine, Stralte von offener Stirn, und vollen rosigten Wan- gen, Freche Jünglinge konten noch nicht mit gleissenden Wor- ten, Oder
Der Morgen. Von der betruͤgenden Staatskunſt entweiht. Jn ehr-barer Freyheit Wurden von Muͤttern allein die bluͤhenden Toͤchter er- zogen, Nicht vom galliſchen Maͤdchen, das mit den galliſchen Liedern Alle Fehler ſie lehrt, die ihre Herzen vergiften. Weder die Kunſt, mit der ſchildernden Nadel auf mun- tre Tapeten Lachendes Feld, und lebende Bilder, in Seide zu pflan- zen; Noch die beſſere Kunſt, die Wirthſchaft gluͤcklich zu fuͤhren; Oder den reinlichen Tiſch mit deutſchen Gerichten zu fuͤllen; Auch nicht die Kunſt des Putzes ſogar, jetzt theuer er- kaufet, Fehlte Germaniens Toͤchtern. Am ungekuͤnſtelten Nachttiſch Gieng nicht der Morgen vorbey, ſo mancherley Schmin- ken zu ordnen. Nein, ſie ſchminkte der ſpiegelnde Quell; und eigene Schoͤnheit Nicht erzwungen mit Lilienweiß, und falſchen Carmine, Stralte von offener Stirn, und vollen roſigten Wan- gen, Freche Juͤnglinge konten noch nicht mit gleiſſenden Wor- ten, Oder
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg> <pb facs="#f0046" n="38"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Morgen.</hi> </fw><lb/> <l>Von der betruͤgenden Staatskunſt entweiht. Jn ehr-<lb/><hi rendition="#et">barer Freyheit</hi></l><lb/> <l>Wurden von Muͤttern allein die bluͤhenden Toͤchter er-<lb/><hi rendition="#et">zogen,</hi></l><lb/> <l>Nicht vom galliſchen Maͤdchen, das mit den galliſchen<lb/><hi rendition="#et">Liedern</hi></l><lb/> <l>Alle Fehler ſie lehrt, die ihre Herzen vergiften.</l><lb/> <l>Weder die Kunſt, mit der ſchildernden Nadel auf mun-<lb/><hi rendition="#et">tre Tapeten</hi></l><lb/> <l>Lachendes Feld, und lebende Bilder, in Seide zu pflan-<lb/><hi rendition="#et">zen;</hi></l><lb/> <l>Noch die beſſere Kunſt, die Wirthſchaft gluͤcklich zu<lb/><hi rendition="#et">fuͤhren;</hi></l><lb/> <l>Oder den reinlichen Tiſch mit deutſchen Gerichten zu<lb/><hi rendition="#et">fuͤllen;</hi></l><lb/> <l>Auch nicht die Kunſt des Putzes ſogar, jetzt theuer er-<lb/><hi rendition="#et">kaufet,</hi></l><lb/> <l>Fehlte Germaniens Toͤchtern. Am ungekuͤnſtelten<lb/><hi rendition="#et">Nachttiſch</hi></l><lb/> <l>Gieng nicht der Morgen vorbey, ſo mancherley Schmin-<lb/><hi rendition="#et">ken zu ordnen.</hi></l><lb/> <l>Nein, ſie ſchminkte der ſpiegelnde Quell; und eigene<lb/><hi rendition="#et">Schoͤnheit</hi></l><lb/> <l>Nicht erzwungen mit Lilienweiß, und falſchen Carmine,</l><lb/> <l>Stralte von offener Stirn, und vollen roſigten Wan-<lb/><hi rendition="#et">gen,</hi></l><lb/> <l>Freche Juͤnglinge konten noch nicht mit gleiſſenden Wor-<lb/><hi rendition="#et">ten,</hi></l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Oder</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [38/0046]
Der Morgen.
Von der betruͤgenden Staatskunſt entweiht. Jn ehr-
barer Freyheit
Wurden von Muͤttern allein die bluͤhenden Toͤchter er-
zogen,
Nicht vom galliſchen Maͤdchen, das mit den galliſchen
Liedern
Alle Fehler ſie lehrt, die ihre Herzen vergiften.
Weder die Kunſt, mit der ſchildernden Nadel auf mun-
tre Tapeten
Lachendes Feld, und lebende Bilder, in Seide zu pflan-
zen;
Noch die beſſere Kunſt, die Wirthſchaft gluͤcklich zu
fuͤhren;
Oder den reinlichen Tiſch mit deutſchen Gerichten zu
fuͤllen;
Auch nicht die Kunſt des Putzes ſogar, jetzt theuer er-
kaufet,
Fehlte Germaniens Toͤchtern. Am ungekuͤnſtelten
Nachttiſch
Gieng nicht der Morgen vorbey, ſo mancherley Schmin-
ken zu ordnen.
Nein, ſie ſchminkte der ſpiegelnde Quell; und eigene
Schoͤnheit
Nicht erzwungen mit Lilienweiß, und falſchen Carmine,
Stralte von offener Stirn, und vollen roſigten Wan-
gen,
Freche Juͤnglinge konten noch nicht mit gleiſſenden Wor-
ten,
Oder
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/46 |
Zitationshilfe: | Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/46>, abgerufen am 16.02.2025. |