Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].Der Morgen. Wiehernd steigen die Pferde der Sonne, mit dam-pfenden Nasen, Aus den Fluthen herauf, die seurige Laufbahn zu ren- nen. Sie, die Sonne sitzet darauf im monarchischen Pompe; Von dem duftenden Haar der alles erheiternden Göttin Tröpfelt ein himmlischer Thau, der, in sich öfnenden Muscheln, Zu den reinesten Perlen erstarrt. Des Mecres Be- wohner Recken ihr Haupt aus der Fluth, die srühe Sonne zu grüssen. Alles ist Himmel und Meer; doch auch die unendliche Wüste Lacht mit spielendem Glanz aus allen funkelnden Wo- gen. Tief am Rande des Horizonts entdecket das Auge, Halb in Wolken, und halb in der Fluth, das mächtige Kriegsschif, Sichtbar kaum; jetzt nähert es sich; schon schwellen die Seegel Jn das sorschende Glas; schon flattern die Flaggen und Wimpel Um den wankenden Mast: bis endlich die schwimmende Vestung Alle Seegel verspreitet, und nah am hohen Kasteele Mit
Der Morgen. Wiehernd ſteigen die Pferde der Sonne, mit dam-pfenden Naſen, Aus den Fluthen herauf, die ſeurige Laufbahn zu ren- nen. Sie, die Sonne ſitzet darauf im monarchiſchen Pompe; Von dem duftenden Haar der alles erheiternden Goͤttin Troͤpfelt ein himmliſcher Thau, der, in ſich oͤfnenden Muſcheln, Zu den reineſten Perlen erſtarrt. Des Mecres Be- wohner Recken ihr Haupt aus der Fluth, die ſruͤhe Sonne zu gruͤſſen. Alles iſt Himmel und Meer; doch auch die unendliche Wuͤſte Lacht mit ſpielendem Glanz aus allen funkelnden Wo- gen. Tief am Rande des Horizonts entdecket das Auge, Halb in Wolken, und halb in der Fluth, das maͤchtige Kriegsſchif, Sichtbar kaum; jetzt naͤhert es ſich; ſchon ſchwellen die Seegel Jn das ſorſchende Glas; ſchon flattern die Flaggen und Wimpel Um den wankenden Maſt: bis endlich die ſchwimmende Veſtung Alle Seegel verſpreitet, und nah am hohen Kaſteele Mit
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Der Morgen.
Wiehernd ſteigen die Pferde der Sonne, mit dam-
pfenden Naſen,
Aus den Fluthen herauf, die ſeurige Laufbahn zu ren-
nen.
Sie, die Sonne ſitzet darauf im monarchiſchen Pompe;
Von dem duftenden Haar der alles erheiternden Goͤttin
Troͤpfelt ein himmliſcher Thau, der, in ſich oͤfnenden
Muſcheln,
Zu den reineſten Perlen erſtarrt. Des Mecres Be-
wohner
Recken ihr Haupt aus der Fluth, die ſruͤhe Sonne zu
gruͤſſen.
Alles iſt Himmel und Meer; doch auch die unendliche
Wuͤſte
Lacht mit ſpielendem Glanz aus allen funkelnden Wo-
gen.
Tief am Rande des Horizonts entdecket das Auge,
Halb in Wolken, und halb in der Fluth, das maͤchtige
Kriegsſchif,
Sichtbar kaum; jetzt naͤhert es ſich; ſchon ſchwellen
die Seegel
Jn das ſorſchende Glas; ſchon flattern die Flaggen und
Wimpel
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Zitationshilfe: | Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/20>, abgerufen am 16.02.2025. |