Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].Die Nacht. Da du entflohst, da hast du von uns die Freudegenommen, Welche die Felder beseelt; nun starren sie dunkel und traurig. Doch was klag ich, den Thörichten gleich, die Freu- den nicht schmecken, Wenn sie nicht immer für sie in blendende Farben getaucht sind? Hat nicht die Nacht vor dem Blick des Weisen und Dichters noch Scenen, Welche das fühlende Herz mit gleichem Vergnügen betrachtet, Als die lachenden Scenen des Tags? Mit eröfne- tem Auge Sieh ietzt auf zum Throne der Nacht. Jn thauen- den Wolken Steht er still; sie streckt ihr schweres anarchisches Zepter Ueber den Erdkreis. Verhüllt in leichte Kleider von Schatten, Sendet sie uns, wohlthätig, den Schlaf zur Erde hernieder. Sein beflügelter Fuß durcheilt die Wolken; ein Mohnstrauß Jn K 5
Die Nacht. Da du entflohſt, da haſt du von uns die Freudegenommen, Welche die Felder beſeelt; nun ſtarren ſie dunkel und traurig. Doch was klag ich, den Thoͤrichten gleich, die Freu- den nicht ſchmecken, Wenn ſie nicht immer fuͤr ſie in blendende Farben getaucht ſind? Hat nicht die Nacht vor dem Blick des Weiſen und Dichters noch Scenen, Welche das fuͤhlende Herz mit gleichem Vergnuͤgen betrachtet, Als die lachenden Scenen des Tags? Mit eroͤfne- tem Auge Sieh ietzt auf zum Throne der Nacht. Jn thauen- den Wolken Steht er ſtill; ſie ſtreckt ihr ſchweres anarchiſches Zepter Ueber den Erdkreis. Verhuͤllt in leichte Kleider von Schatten, Sendet ſie uns, wohlthaͤtig, den Schlaf zur Erde hernieder. Sein befluͤgelter Fuß durcheilt die Wolken; ein Mohnſtrauß Jn K 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg> <pb facs="#f0161" n="153"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die Nacht.</hi> </fw><lb/> <l>Da du entflohſt, da haſt du von uns die Freude<lb/><hi rendition="#et">genommen,</hi></l><lb/> <l>Welche die Felder beſeelt; nun ſtarren ſie dunkel<lb/><hi rendition="#et">und traurig.</hi></l> </lg><lb/> <lg> <l>Doch was klag ich, den Thoͤrichten gleich, die Freu-<lb/><hi rendition="#et">den nicht ſchmecken,</hi></l><lb/> <l>Wenn ſie nicht immer fuͤr ſie in blendende Farben<lb/><hi rendition="#et">getaucht ſind?</hi></l><lb/> <l>Hat nicht die Nacht vor dem Blick des Weiſen und<lb/><hi rendition="#et">Dichters noch Scenen,</hi></l><lb/> <l>Welche das fuͤhlende Herz mit gleichem Vergnuͤgen<lb/><hi rendition="#et">betrachtet,</hi></l><lb/> <l>Als die lachenden Scenen des Tags? Mit eroͤfne-<lb/><hi rendition="#et">tem Auge</hi></l><lb/> <l>Sieh ietzt auf zum Throne der Nacht. Jn thauen-<lb/><hi rendition="#et">den Wolken</hi></l><lb/> <l>Steht er ſtill; ſie ſtreckt ihr ſchweres anarchiſches<lb/><hi rendition="#et">Zepter</hi></l><lb/> <l>Ueber den Erdkreis. Verhuͤllt in leichte Kleider von<lb/><hi rendition="#et">Schatten,</hi></l><lb/> <l>Sendet ſie uns, wohlthaͤtig, den Schlaf zur Erde<lb/><hi rendition="#et">hernieder.</hi></l><lb/> <l>Sein befluͤgelter Fuß durcheilt die Wolken; ein<lb/><hi rendition="#et">Mohnſtrauß</hi></l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">K 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">Jn</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [153/0161]
Die Nacht.
Da du entflohſt, da haſt du von uns die Freude
genommen,
Welche die Felder beſeelt; nun ſtarren ſie dunkel
und traurig.
Doch was klag ich, den Thoͤrichten gleich, die Freu-
den nicht ſchmecken,
Wenn ſie nicht immer fuͤr ſie in blendende Farben
getaucht ſind?
Hat nicht die Nacht vor dem Blick des Weiſen und
Dichters noch Scenen,
Welche das fuͤhlende Herz mit gleichem Vergnuͤgen
betrachtet,
Als die lachenden Scenen des Tags? Mit eroͤfne-
tem Auge
Sieh ietzt auf zum Throne der Nacht. Jn thauen-
den Wolken
Steht er ſtill; ſie ſtreckt ihr ſchweres anarchiſches
Zepter
Ueber den Erdkreis. Verhuͤllt in leichte Kleider von
Schatten,
Sendet ſie uns, wohlthaͤtig, den Schlaf zur Erde
hernieder.
Sein befluͤgelter Fuß durcheilt die Wolken; ein
Mohnſtrauß
Jn
K 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/161 |
Zitationshilfe: | Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/161>, abgerufen am 16.07.2024. |