Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].

Bild:
<< vorherige Seite

Das Schnupftuch.
Wie in der stillen Nacht, wenn auf die starre Welt
Der wandelbare Schein des blassen Nordlichts fällt,
Oft, eh man sichs versieht, das blasse Nordlicht fliehet,
Und schnell ein brennend Roth den Himmel überziehet;
Der Aberglaube bebt, und fürchtet Krieg und Tod:
So schnell ward das Gesicht der schönen Fräulein roth.
Doch sie bemühte sich, die Unruh zu verhehlen,
Und sprach noch ziemlich frey: wie die Mama befehlen.
Der gnädigen Mama küßt sie die sanfte Hand,
Die süßer lächelte, und durch die Thür verschwand.

Lisette trat herein; demüthig in Geberden,
Doch insgeheim gewiß, bald ausgesöhnt zu werden.
Ach Fräulein, (sprach ihr Blick) bist du noch bös auf
mich?
Belinde lacht, und winkt, und sie ermuntert sich.
So lachen auf einmal in jugendlicher Wonne
Die

Das Schnupftuch.
Wie in der ſtillen Nacht, wenn auf die ſtarre Welt
Der wandelbare Schein des blaſſen Nordlichts faͤllt,
Oft, eh man ſichs verſieht, das blaſſe Nordlicht fliehet,
Und ſchnell ein brennend Roth den Himmel uͤberziehet;
Der Aberglaube bebt, und fuͤrchtet Krieg und Tod:
So ſchnell ward das Geſicht der ſchoͤnen Fraͤulein roth.
Doch ſie bemuͤhte ſich, die Unruh zu verhehlen,
Und ſprach noch ziemlich frey: wie die Mama befehlen.
Der gnaͤdigen Mama kuͤßt ſie die ſanfte Hand,
Die ſuͤßer laͤchelte, und durch die Thuͤr verſchwand.

Liſette trat herein; demuͤthig in Geberden,
Doch insgeheim gewiß, bald ausgeſoͤhnt zu werden.
Ach Fraͤulein, (ſprach ihr Blick) biſt du noch boͤs auf
mich?
Belinde lacht, und winkt, und ſie ermuntert ſich.
So lachen auf einmal in jugendlicher Wonne
Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="18">
              <pb facs="#f0060" n="52"/>
              <fw place="top" type="header">Das Schnupftuch.</fw><lb/>
              <l>Wie in der &#x017F;tillen Nacht, wenn auf die &#x017F;tarre Welt</l><lb/>
              <l>Der wandelbare Schein des bla&#x017F;&#x017F;en Nordlichts fa&#x0364;llt,</l><lb/>
              <l>Oft, eh man &#x017F;ichs ver&#x017F;ieht, das bla&#x017F;&#x017F;e Nordlicht fliehet,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;chnell ein brennend Roth den Himmel u&#x0364;berziehet;</l><lb/>
              <l>Der Aberglaube bebt, und fu&#x0364;rchtet Krieg und Tod:</l><lb/>
              <l>So &#x017F;chnell ward das Ge&#x017F;icht der &#x017F;cho&#x0364;nen Fra&#x0364;ulein roth.</l><lb/>
              <l>Doch &#x017F;ie bemu&#x0364;hte &#x017F;ich, die Unruh zu verhehlen,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;prach noch ziemlich frey: wie die Mama befehlen.</l><lb/>
              <l>Der gna&#x0364;digen Mama ku&#x0364;ßt &#x017F;ie die &#x017F;anfte Hand,</l><lb/>
              <l>Die &#x017F;u&#x0364;ßer la&#x0364;chelte, und durch die Thu&#x0364;r ver&#x017F;chwand.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="19">
              <l>Li&#x017F;ette trat herein; demu&#x0364;thig in Geberden,</l><lb/>
              <l>Doch insgeheim gewiß, bald ausge&#x017F;o&#x0364;hnt zu werden.</l><lb/>
              <l>Ach Fra&#x0364;ulein, (&#x017F;prach ihr Blick) bi&#x017F;t du noch bo&#x0364;s auf</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">mich?</hi> </l><lb/>
              <l>Belinde lacht, und winkt, und &#x017F;ie ermuntert &#x017F;ich.</l><lb/>
              <l>So lachen auf einmal in jugendlicher Wonne</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0060] Das Schnupftuch. Wie in der ſtillen Nacht, wenn auf die ſtarre Welt Der wandelbare Schein des blaſſen Nordlichts faͤllt, Oft, eh man ſichs verſieht, das blaſſe Nordlicht fliehet, Und ſchnell ein brennend Roth den Himmel uͤberziehet; Der Aberglaube bebt, und fuͤrchtet Krieg und Tod: So ſchnell ward das Geſicht der ſchoͤnen Fraͤulein roth. Doch ſie bemuͤhte ſich, die Unruh zu verhehlen, Und ſprach noch ziemlich frey: wie die Mama befehlen. Der gnaͤdigen Mama kuͤßt ſie die ſanfte Hand, Die ſuͤßer laͤchelte, und durch die Thuͤr verſchwand. Liſette trat herein; demuͤthig in Geberden, Doch insgeheim gewiß, bald ausgeſoͤhnt zu werden. Ach Fraͤulein, (ſprach ihr Blick) biſt du noch boͤs auf mich? Belinde lacht, und winkt, und ſie ermuntert ſich. So lachen auf einmal in jugendlicher Wonne Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/60
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763], S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/60>, abgerufen am 23.11.2024.