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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].

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Das Schnupftuch.
Der Lehnstuhl nimmt ihn blaß mit beyden Armen hin;
Ein milder Thränenstrom fließt von den Wangen nieder,
Er seufzt, und sein Clavier seufzt dreymal kläglich
wieder.

Nun seufzt er auch nicht mehr. Ohnmächtig und
halbtodt
That er die Augen zu, und sank in tiefre Neth.
Doch ein geputzter Geist, bunt wie der Regenbogen,
Den Gabalis erschus, und Pope groß gezogen.
Ein Sylphe, der getreu am Schnupftuch Schildwacht
stand,
Bewegte rauschend schon sein farbichtes Gewand.
Er durfte diesesmal von seinem Posten weichen,
Mit Balsam in der Noth den Grafen zu bestreichen.
Er sah die Wangen schon von Thränen überschwemmt;
Er, der zu Liebenden und Unglückselgen kömmt,
Bald Theodore schützt, die man dethronisiret,
Und bald die Musche hält, die eine Nymphe zieret;
Er

Das Schnupftuch.
Der Lehnſtuhl nimmt ihn blaß mit beyden Armen hin;
Ein milder Thraͤnenſtrom fließt von den Wangen nieder,
Er ſeufzt, und ſein Clavier ſeufzt dreymal klaͤglich
wieder.

Nun ſeufzt er auch nicht mehr. Ohnmaͤchtig und
halbtodt
That er die Augen zu, und ſank in tiefre Neth.
Doch ein geputzter Geiſt, bunt wie der Regenbogen,
Den Gabalis erſchuſ, und Pope groß gezogen.
Ein Sylphe, der getreu am Schnupftuch Schildwacht
ſtand,
Bewegte rauſchend ſchon ſein farbichtes Gewand.
Er durfte dieſesmal von ſeinem Poſten weichen,
Mit Balſam in der Noth den Grafen zu beſtreichen.
Er ſah die Wangen ſchon von Thraͤnen uͤberſchwemmt;
Er, der zu Liebenden und Ungluͤckſelgen koͤmmt,
Bald Theodore ſchuͤtzt, die man dethroniſiret,
Und bald die Muſche haͤlt, die eine Nymphe zieret;
Er
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[24/0032] Das Schnupftuch. Der Lehnſtuhl nimmt ihn blaß mit beyden Armen hin; Ein milder Thraͤnenſtrom fließt von den Wangen nieder, Er ſeufzt, und ſein Clavier ſeufzt dreymal klaͤglich wieder. Nun ſeufzt er auch nicht mehr. Ohnmaͤchtig und halbtodt That er die Augen zu, und ſank in tiefre Neth. Doch ein geputzter Geiſt, bunt wie der Regenbogen, Den Gabalis erſchuſ, und Pope groß gezogen. Ein Sylphe, der getreu am Schnupftuch Schildwacht ſtand, Bewegte rauſchend ſchon ſein farbichtes Gewand. Er durfte dieſesmal von ſeinem Poſten weichen, Mit Balſam in der Noth den Grafen zu beſtreichen. Er ſah die Wangen ſchon von Thraͤnen uͤberſchwemmt; Er, der zu Liebenden und Ungluͤckſelgen koͤmmt, Bald Theodore ſchuͤtzt, die man dethroniſiret, Und bald die Muſche haͤlt, die eine Nymphe zieret; Er

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763], S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/32>, abgerufen am 23.11.2024.