Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].Erster Gesang. Eben hatte der häußliche Greiß den knotichten Dorn-stock, Seinen Feldstab, in zitternder Hand; kaum sah er den Kater Ueber den Käficht geklammert, so schlug er mit männ- lichen Kräften Seiner Nichte Liebling aufs Haupt. Die grausame Parce Schnitt sein neunfaches Leben entzwey, und Cyper, entselet, Fiel vom Käficht, der Käficht auf ihn, und über den Käficht Stürzte der Alte; vom donnernden Lärm erbebte das Zimmer! Aengstlich erwacht die holde Rosaura vom wüsten Getümmel; Fliegt im leichten Gewand zu ihrem Gemache, worin sie Mit erstarrendem Blick das blutige Trauerspiel wahr- nimmt. Dreymal klang mit ängstlichem Schall die silberne Schelle Durch das hallende Schloß; doch eh Lisette sich nahet Hilft das Fräulein dem Alten bereits in den sammetnen Lehnstuhl, Als er Athem geschöpft, erhub er zur weinenden Nichte, Welche den Leichnam des Cypers erblickt, die donnern- de Stimme: Sie- J 4
Erſter Geſang. Eben hatte der haͤußliche Greiß den knotichten Dorn-ſtock, Seinen Feldſtab, in zitternder Hand; kaum ſah er den Kater Ueber den Kaͤficht geklammert, ſo ſchlug er mit maͤnn- lichen Kraͤften Seiner Nichte Liebling aufs Haupt. Die grauſame Parce Schnitt ſein neunfaches Leben entzwey, und Cyper, entſelet, Fiel vom Kaͤficht, der Kaͤficht auf ihn, und uͤber den Kaͤficht Stuͤrzte der Alte; vom donnernden Laͤrm erbebte das Zimmer! Aengſtlich erwacht die holde Roſaura vom wuͤſten Getuͤmmel; Fliegt im leichten Gewand zu ihrem Gemache, worin ſie Mit erſtarrendem Blick das blutige Trauerſpiel wahr- nimmt. Dreymal klang mit aͤngſtlichem Schall die ſilberne Schelle Durch das hallende Schloß; doch eh Liſette ſich nahet Hilft das Fraͤulein dem Alten bereits in den ſammetnen Lehnſtuhl, Als er Athem geſchoͤpft, erhub er zur weinenden Nichte, Welche den Leichnam des Cypers erblickt, die donnern- de Stimme: Sie- J 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="6"> <pb facs="#f0143" n="135"/> <fw place="top" type="header">Erſter Geſang.</fw><lb/> <l>Eben hatte der haͤußliche Greiß den knotichten Dorn-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſtock,</hi> </l><lb/> <l>Seinen Feldſtab, in zitternder Hand; kaum ſah er den</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Kater</hi> </l><lb/> <l>Ueber den Kaͤficht geklammert, ſo ſchlug er mit maͤnn-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">lichen Kraͤften</hi> </l><lb/> <l>Seiner Nichte Liebling aufs Haupt. Die grauſame</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Parce</hi> </l><lb/> <l>Schnitt ſein neunfaches Leben entzwey, und Cyper,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">entſelet,</hi> </l><lb/> <l>Fiel vom Kaͤficht, der Kaͤficht auf ihn, und uͤber den</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Kaͤficht</hi> </l><lb/> <l>Stuͤrzte der Alte; vom donnernden Laͤrm erbebte das</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Zimmer!</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Aengſtlich erwacht die holde Roſaura vom wuͤſten</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Getuͤmmel;</hi> </l><lb/> <l>Fliegt im leichten Gewand zu ihrem Gemache, worin ſie</l><lb/> <l>Mit erſtarrendem Blick das blutige Trauerſpiel wahr-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">nimmt.</hi> </l><lb/> <l>Dreymal klang mit aͤngſtlichem Schall die ſilberne</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Schelle</hi> </l><lb/> <l>Durch das hallende Schloß; doch eh Liſette ſich nahet</l><lb/> <l>Hilft das Fraͤulein dem Alten bereits in den ſammetnen</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Lehnſtuhl,</hi> </l><lb/> <l>Als er Athem geſchoͤpft, erhub er zur weinenden Nichte,</l><lb/> <l>Welche den Leichnam des Cypers erblickt, die donnern-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">de Stimme:</hi> </l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">J 4</fw> <fw place="bottom" type="catch">Sie-</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [135/0143]
Erſter Geſang.
Eben hatte der haͤußliche Greiß den knotichten Dorn-
ſtock,
Seinen Feldſtab, in zitternder Hand; kaum ſah er den
Kater
Ueber den Kaͤficht geklammert, ſo ſchlug er mit maͤnn-
lichen Kraͤften
Seiner Nichte Liebling aufs Haupt. Die grauſame
Parce
Schnitt ſein neunfaches Leben entzwey, und Cyper,
entſelet,
Fiel vom Kaͤficht, der Kaͤficht auf ihn, und uͤber den
Kaͤficht
Stuͤrzte der Alte; vom donnernden Laͤrm erbebte das
Zimmer!
Aengſtlich erwacht die holde Roſaura vom wuͤſten
Getuͤmmel;
Fliegt im leichten Gewand zu ihrem Gemache, worin ſie
Mit erſtarrendem Blick das blutige Trauerſpiel wahr-
nimmt.
Dreymal klang mit aͤngſtlichem Schall die ſilberne
Schelle
Durch das hallende Schloß; doch eh Liſette ſich nahet
Hilft das Fraͤulein dem Alten bereits in den ſammetnen
Lehnſtuhl,
Als er Athem geſchoͤpft, erhub er zur weinenden Nichte,
Welche den Leichnam des Cypers erblickt, die donnern-
de Stimme:
Sie-
J 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/143 |
Zitationshilfe: | Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763], S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/143>, abgerufen am 17.02.2025. |