Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763].Lagosiade. sitzen, unerschrocken, unbeweglich, ob er sich gleich wieein Elephant in die Luft hebt, seinen Speckhalskrümmt, und hintenausstreicht, und wiehert. Du sollst den hi- tzigen Schwan gallopieren, daß seine Augen funkeln, und sein Schweif fliegt wie Feuerslammen; du sollst auf ihm sitzen, wie eine Kerze, wenn er sich levirt; der entzückte Bereiter soll rufen: ah bon! und das Reit- haus soll wiederschallen: ah bon! Aber noch größere Freuden warten auf dich! Freuden, die nicht Träume seyn sollen, sondern die ich wahr machen will, dich zu großen Thaten zu ermuntern. Ehe noch die Sonne ihr Haupt, in die westlichen Fluten, getaucht hat; ehe noch die Tänzerin ihre Schminke abgewischt haben wird; und ehe noch die schamhaften Nymphen des Violengäß- chen, oder der Frösenstraße aus ihren wohlriechenden Cabinettern unter dem Dache, oder nah am Hünerhau- se, heraustreten, und die einsamen Kirchhöfe und dunk- len Gäßgen besuchen, ihren Schleyer zurückschlagen, und
Lagoſiade. ſitzen, unerſchrocken, unbeweglich, ob er ſich gleich wieein Elephant in die Luft hebt, ſeinen Speckhalskruͤmmt, und hintenausſtreicht, und wiehert. Du ſollſt den hi- tzigen Schwan gallopieren, daß ſeine Augen funkeln, und ſein Schweif fliegt wie Feuerſlammen; du ſollſt auf ihm ſitzen, wie eine Kerze, wenn er ſich levirt; der entzuͤckte Bereiter ſoll rufen: ah bon! und das Reit- haus ſoll wiederſchallen: ah bon! Aber noch groͤßere Freuden warten auf dich! Freuden, die nicht Traͤume ſeyn ſollen, ſondern die ich wahr machen will, dich zu großen Thaten zu ermuntern. Ehe noch die Sonne ihr Haupt, in die weſtlichen Fluten, getaucht hat; ehe noch die Taͤnzerin ihre Schminke abgewiſcht haben wird; und ehe noch die ſchamhaften Nymphen des Violengaͤß- chen, oder der Froͤſenſtraße aus ihren wohlriechenden Cabinettern unter dem Dache, oder nah am Huͤnerhau- ſe, heraustreten, und die einſamen Kirchhoͤfe und dunk- len Gaͤßgen beſuchen, ihren Schleyer zuruͤckſchlagen, und
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Lagoſiade.
ſitzen, unerſchrocken, unbeweglich, ob er ſich gleich wie
ein Elephant in die Luft hebt, ſeinen Speckhalskruͤmmt,
und hintenausſtreicht, und wiehert. Du ſollſt den hi-
tzigen Schwan gallopieren, daß ſeine Augen funkeln,
und ſein Schweif fliegt wie Feuerſlammen; du ſollſt
auf ihm ſitzen, wie eine Kerze, wenn er ſich levirt; der
entzuͤckte Bereiter ſoll rufen: ah bon! und das Reit-
haus ſoll wiederſchallen: ah bon! Aber noch groͤßere
Freuden warten auf dich! Freuden, die nicht Traͤume
ſeyn ſollen, ſondern die ich wahr machen will, dich zu
großen Thaten zu ermuntern. Ehe noch die Sonne ihr
Haupt, in die weſtlichen Fluten, getaucht hat; ehe noch
die Taͤnzerin ihre Schminke abgewiſcht haben wird;
und ehe noch die ſchamhaften Nymphen des Violengaͤß-
chen, oder der Froͤſenſtraße aus ihren wohlriechenden
Cabinettern unter dem Dache, oder nah am Huͤnerhau-
ſe, heraustreten, und die einſamen Kirchhoͤfe und dunk-
len Gaͤßgen beſuchen, ihren Schleyer zuruͤckſchlagen,
und
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Zitationshilfe: | Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/402>, abgerufen am 30.07.2024. |